Apple-Aktie startet durch: Ist das ein Comeback?
An der Wall-Street scheinen Anleger über Weihnachten neuen Mut geschöpft zu haben. Mit einem Plus von vier und fünf Prozent brannten Dow Jones und Nasdaq100 am Mittwoch ein regelrechtes Kursfeuerwerk ab. Zu den großen Gewinnern zählte unter anderem die Aktie von Apple, welche am Ende des Tages mit über sieben Prozent im Plus stand. Ist das der Beginn eines größeren Comebacks?
An der Wall-Street scheinen Anleger über Weihnachten neuen Mut geschöpft zu haben. Mit einem Plus von vier und fünf Prozent brannten Dow Jones und Nasdaq100 am Mittwoch ein regelrechtes Kursfeuerwerk ab. Zu den großen Gewinnern zählte unter anderem die Aktie von Apple, welche am Ende des Tages mit über sieben Prozent im Plus stand. Ist das der Beginn eines größeren Comebacks?
In jüngster Zeit war es um die Aktie von Apple alles andere als gut bestellt. Stand das Papier Anfang Oktober noch bei fast 230 Euro, fiel der Kurs in Folge eines weltweit schwachen bis chaotischen Börsenherbstes bis zum Heiligen Abend um mehr als 35 Prozent auf 146,80 US-Dollar. Ein in dieser Form und in so kurzer Zeit mehr als untypischer Kurssturz für die Titel des Konzerns mit dem Apfel. Innerhalb von nicht einmal ganz drei Monaten verlor Apple so über 250 Milliarden Dollar an Börsenwert, kommt – nachdem man kurz zuvor als erstes Unternehmen überhaupt die Billionen-Grenze geknackt hatte – nun nur noch auf eine Marktkapitalisierung von 748 Milliarden Dollar. Den Titel „wertvollstes börsennotiertes Unternehmen der Welt“ musste man so ziemlich sang- und klanglos an Microsoft abgeben.
Keine schöne Bescherung
Nicht gerade eine schöne Bescherung, möchte man meinen. Doch für all diejenigen Anleger, die die Aktie der Kalifornier vor Weihnachten nicht im Depot hatten, könnte vielleicht eine daraus werden. Am ersten Handelstag nach dem Frohen Fest stieg das Papier immerhin schon mal um satte sieben Prozent und gehörte zu den großen Gewinnern in einem allgemein starken US-Leitindex. Im Zuge ihrer rasanten Talfahrt scheint die Aktie günstig geworden. Gemessen an den Zahlen des abgeschlossenen Geschäftsjahres liegt das KGV nur noch bei 12,2 und damit für einen Tech-Wert äußerst niedrig. Hinzu kommt eine im Sektor ebenfalls untypisch solide Dividendenrendite von 1,85 Prozent. Und die fundamentalen Zahlen der Amerikaner versprechen in Zeiten relativer Unsicherheit relative Sicherheit.
Wie schließlich soll ein Konzern in eine tiefere und lang anhaltende Krise stürzen, wenn er – wie im vergangenen Geschäftsjahr – einen Umsatz von 266 Milliarden Dollar und einen Gewinn nach Steuern von 59,5 Milliarden Dollar erzielt? Apple steht von finanzieller Seite praktisch alles zur Verfügung um sich, wenn nötig, einem Radikalumbau zu unterziehen, sich völlig neu auszurichten, Wettbewerber aufzukaufen oder mit Kampfpreisen aus dem Markt zu drängen. Neue Märkte im Eiltempo zu erschließen, ohne wirklich darauf achten zu müssen, ob man es sich wird leisten können. Strafzölle lange Zeit auszusitzen ohne in ernsthafte Schwierigkeiten zu geraten. Und so weiter und sofort.
Anleger sorgen sich mit Blick auf China und die Zukunft
Einzig an der Börse – das haben der Oktober, der November und auch der Dezember gezeigt – ist auch Apple einigermaßen schutzlos, wenn Anleger beginnen an einer erfolgreichen Zukunft zu zweifeln. Und Zweifel säten die Kalifornier zuletzt recht beständig. Die Ankündigung ab sofort keine Absatzzahlen mehr zu veröffentlichen nährte so beispielsweise und wohl zurecht die Bedenken, die Verkäufe mancher Produkte – allen voran die des iPhones – könnten endgültig zu stagnieren beginnen. Hinzu kam der Streit mit Chiphersteller Qualcomm, der dazu führte, dass Apple die iPhone-Modell 7 und 8 aus seinen Läden in Deutschland verbannte. Qualcomm und Apple streiten schon seit Jahren und weltweit vor Gerichten um Patente und Marktmacht. In vielen Fällen ist das letzte Wort noch lange nicht gesprochen, auch das Urteil des Münchner Landgerichts – das zu den Verkaufsstopps in den deutschen App-Stores führte – will der Konzern anfechten. Die Auswirkungen des Verkaufsverbots dürften derweil kaum ins Gewicht fallen. Deutschland zeichne gerade einmal für drei Prozent des globalen Absatzes verantwortlich, schrieb JPMorgan-Analyst Samik Chatterjee. Als weitaus alarmierender dürfte da die weiter erstarkende Konkurrenz in China gelten. Xiaomi und Huawei bauen inzwischen hübsch designte, leistungsfähige Geräte, die zum Teil erheblich günstiger sind als Apples Hochpreis-Modelle, dabei aber ähnlich viel können. In einem relativ gesättigten Markt, wie dem für Smartphones, eine aus kalifornischer Sicht gefährliche Entwicklung.
Bislang zwar geht die Taktik auf mit höheren Preisen Umsätze, Gewinne und Margen nach oben zu treiben, doch mit zunehmendem Alter könnte Apple an Coolness verlieren und sein First Mover-Image einbüßen. Dann könnte es sich rächen, dass das Wachstum immer weniger von neuen Innovationen, sondern vielmehr vom Ausreizen der Preisspannen herrührt. Ausgerechnet auf dem so wichtigen chinesischen Markt beginnen die Absätze mit Blick auf das iPhone – und das ist nach wie vor Apples wichtigstes Produkt – wohl schon zu schwächeln. Das zumindest glaubt Morgan Stanley-Analystin Kathryn Huberty und korrigierte für 2019 ihre Absatzschätzungen nach unten. Ihr Kursziel senkte sie damit einhergehend von 253 auf 236 Dollar. Bei dem derzeitigen Kurs entspräche dies allerdings immer noch einem Aufwärtspotenzial von rund 50 Prozent. Zudem dürften die Umsätze und Gewinne im Wearables-Bereich, zu dem unter anderem die Apple Watch zählt, weiter steigen, was von Anlegern unterschätzt werde, so die Analystin weiter.
Weniger Glanz, dafür mehr Stabilität
Das sieht Apple-CEO Tim Cool ähnlich: Mit den neuen Versionen von iPhone, Apple Watch, iPad, Mac und neuen Betriebssystemen verfüge man derzeit über das „stärkste Produkt-Line-Up aller Zeiten“. Besonders zuversichtlich ging man deshalb aber trotzdem nicht in das wichtige Weihnachtsquartal. Makroökonomische Schwächen in einzelnen Schwellenländern und negative Währungseffekte könnten die Ergebnisse negativ beeinflussen, kam es aus Cupertino. Ein weiterer Punkt, weshalb viele Anleger in den Wochen vor Weihnachten vorsichtshalber damit begannen ihrer Gewinne in Sicherheit zu bringen. Dabei sind ein angepeilter Umsatz von bis zu 93 Milliarden Dollar sowie eine Marge zwischen 38 und 38,5 Prozent nun wahrlich keine schlechten Prognosen. Vor allem wenn man bedenkt, dass Apple gerade mit Blick auf das Weihnachtsquartal schon häufig die eigenen Erwartungen übertreffen konnte.
Und selbst wenn nicht. Nach wie vor können viele Konkurrenten von solchen Zahlen, wie sie Apple Quartal um Quartal vorlegt, nur träumen. Zudem beginn der Bezahldienst Apple Pay allmählich seine globale Expansion, im Cloud-Sektor hängt man zwar deutlich hinter Microsoft und Amazon zurück, dennoch eröffnet dieser auch Apple weiterhin große Chancen, ab 2019 will Tim Cook auch in Indien teure iPhone-Modelle produzieren und den dortigen Markt damit wohl besser erschließen. Und im Service-Bereich, dem auch Apple Pay angehört, lag das Umsatzplus zuletzt bei 17 Prozent, was im vierten Geschäftsquartal in diesem Feld Einnahmen von zehn Milliarden Dollar entsprach.
Folgt ein frohes neues Jahr?
Apple mag vielleicht nicht mehr die ganz großen Wachstumsversprechen liefern, dass die Kalifornier auf dem angelangten extrem hohen Niveau aber überhaupt noch spürbar wachsen, dürfte schon eine ganze Menge wert sein. Zudem verwöhnt kaum ein Konzern seine Aktionäre so stetig mit gewaltigen Aktienrückkaufprogrammen wie Apple. Derzeit läuft eines mit einem Gesamtvolumen von 100 Milliarden Dollar. Der US-Steuerreform sei Dank. Die Analysten sind zwar etwas vorsichtiger geworden, dennoch raten von insgesamt 64 befragten Experten 38 zum Kauf und 26 dazu die Aktie zu halten. Die Kursziele liegen größtenteils bei über 200 Dollar, womit das Ausmaß des Apple-Kurssturzes noch deutlicher wird. Mit dem derzeitigen Kurs von rund 157 Dollar scheint also vieles möglich. Spätestens die nächsten Quartalszahlen dürften dann Aufschluss darüber geben, ob es nach einem wenig frohen Fest ein umso froheres neues Jahr gibt.
Von Oliver Götz