Bankaktien haussieren
Eine Leitzinserhöhung der Fed, eine aufwendige Bankenrettung in Italien, weniger Regulierung des Bankensektors unter US-Präsident Trump, noch mehr Anleihenkäufe durch die EZB. So sieht der Wunschzettel von Deutscher Bank und Commerzbank aus. Weil alles erfüllt werden könnte, ziehen Banktitel den DAX auf ein Jahreshoch.
Eine Leitzinserhöhung der Fed, eine aufwendige Bankenrettung in Italien, weniger Regulierung des Bankensektors unter US-Präsident Trump, noch mehr Anleihenkäufe durch die EZB. So sieht der Wunschzettel von Deutscher Bank und Commerzbank aus. Weil alles erfüllt werden könnte, ziehen Banktitel den DAX auf ein Jahreshoch.
Anleger setzen nach dem gescheiterten Verfassungsreferendum in Italien auf eine erfolgreiche Sanierung der kriselnden Institute des Landes, wie das hanelsblatt vermeldet. Sie spekulieren demnach darauf, dass der nun gestiegene Druck die Wahrscheinlichkeit für Hilfen seitens der Politik erhöhe. Zudem hoffen die Börsianer mit der sich anbahnenden Zinserhöhung in den USA auf eine Besserung der Branchensituation. Deutsche Bank und Commerzbank führten den Dax mit Aufschlägen von mehr als drei Prozent an, nachdem sie schon gestern um bis zu acht Prozent durch die Decke gegangen sind.
Die Commerzbank steht ebenso wie die Deutsche Bank im Fokus des Anlkegerinteresses. Ein Anstieg von gut 6,5 Prozent, allein am Nikolaustag, das ist schon eine schöne Bescherung. Lynx analysiert: Rein aus charttechnischer Sicht sehen wir hier ein perfekt bullisches Bild. Die Commerzbank-Aktie korrigierte den vorherigen, dynamischen Anstieg bis genau an eine markante Kreuzunterstützung, konkret an die Zwischenhochs von Ende September und Ende Oktober sowie an die kurzfristige Aufwärtstrendlinie, im Bereich 6,30 und 6,35 Euro. Von dort aus zog der Kurs wieder an, blieb aber zunächst an den wichtigen gleitenden Durchschnitten der letzten 20 und 200 Tage hängen. Diese Hürde wurde am 6. Dezember mit immensem Schwung genommen, verbunden mit einem Kaufsignal des im Chart unten mit eingeblendeten Stochastik-Indikators.
Ist der Weg nach oben frei?
Aus charttechnischer Sicht: ja. Bereits am 8. Dezember wird diese Rallye einer entscheidenden Nagelprobe unterzogen, denn dann wird die Europäische Zentralbank ihre letzte Sitzung des Jahres abhalten. Und nach der symbolischen Niederlage der EU in Form des gescheiterten Referendums in Italien wird erwartet, dass Maßnahmen ergriffen werden, die die Märkte beruhigen sollen. Konkret gesprochen gehen die Märkte davon aus, dass die Notenbank ihr Anleihekaufprogramm - das eigentlich schon im März hätte enden sollen - noch einmal verlängern wird. „Dass das QE-Programm um mindestens sechs Monate bei einem Volumen von 80 Milliarden Euro monatlich verlängert wird, gilt an den Kapitalmärkten als ausgemachte Sache”, schreiben die Analysten der Essener National-Bank.
Was wird passieren? Es ist zwar denkbar, dass die Aktien der Deutschen Bank und auch der Commerzbank im Fall weiterer EZB-Maßnahmen zulegen. „Wenn die Notenbanken weiter Geld drucken, ist das per se für Aktien schon mal gut”, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters einen Händler. Vor diesem Hintergrund sollte man hier auf der Long-Seite nur mit einer engen Absicherung agieren. Für die Commerzbank-Papiere sieht Lynx die Absicherung im Bereich 6,45/6,50 Euro und damit knapp unter dem Tagestief vom 6. Dezember. Klar im grünen Bereich wäre der Kurs, wenn es zügig gelingt, das letzte Zwischenhoch (7,35 Euro) zu bezwingen. In diesem Fall ließe sich der Stopp umgehend auf 6,70 Euro nachziehen.
Ähnlich sieht der Chart für die größte Bank im DAX aus. Wobei die Deutsche Bank noch mehr von den Entwicklungen in den USA profitieren dürfte. Nicht umsonst wohl ist hier und da zu hören, dass die Deutsche Bank im US-Wahlkampf zu den Unterstützern der Republikaner gehört haben könnte. Eine nachlassende Regulierungstendenz des Bankensektors käme speziell den Deutschbänkern in Manhattans zugute.
Schrumpfungsprozess erwartet
Die Unternehmensberatung Bain erwartet derweil wegen der Renditeschwäche der deutschen Banken einen radikalen Ausleseprozess, wie das Handelsblatt berichtet. Im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre kommen die hiesigen Institute auf eine Eigenkapitalrendite nach Steuern von gerade einmal zwei Prozent, wie aus einer am 6. Dezember veröffentlichten Studie hervorgeht, die Reuters vorliegt. Zum Vergleich: Die Banken in Frankreich und den USA liegen jeweils bei acht Prozent, die Häuser in der Schweiz bei sieben und in Großbritannien bei sechs Prozent. Sie alle wurden zwischendurch von der weltweiten Finanzkrise durchgeschüttelt, haben sich aber offensichtlich schneller erholt.
„Der deutsche Bankensektor steckt in einer tiefen strukturellen Krise”, bilanzierte Bain-Deutschlandchef Walter Sinn im Handelsbaltt. Die Kosten seien zu hoch, die Preismacht zu gering und die Abhängigkeit vom Zinsüberschuss zu groß. In Deutschland selbst stünden spezialisierte Auto- und Direktbanken noch überdurchschnittlich gut da. Dagegen bildeten die Sparkassen zusammen mit den Großbanken und den Bausparkassen das Schlusslicht. Insgesamt verdienten nur fünf Prozent der mehr als 1.700 untersuchten Banken ihre Eigenkapitalkosten, so Reuters. Der Konsolidierungsbedarf ist also mehr als gegeben. Vielleicht sind es genau diese Erkenntnisse, die die Bankentitel in diesen Tagen treiben. Anleger sollten also sehr wachsam sein, ob die aktuellen Kursgewinne nachhaltig sind. Schließlich prognostiziert die Ratingagentur Fitch fürs kommenden Jahr:„Niedrige Zinsen, starker Wettbewerb, hohe Volatilität und die gedämpfte Nachfrage nach Krediten und Firmentransaktionen wird die Erträge der Universalbanken weiter belasten.“ Feierliche Aussichten klingen anders.