Commerzbank: Wird Goldman Sachs zum Weißen Ritter?
Seit Wochen beflügeln spannende Übernahmephantasien den Kurs der Commerzbank-Aktie. Credit Agricole, BNP Paribas und Unicredit wurden zuletzt als Käufer heiß diskutiert. Nun gießt die Commerzbank selbst Öl ins Feuer. Insider-Berichten zufolge sucht die Bank Hilfe bei Goldman Sachs und Rothschild und hat die Investment-Institute als Berater engagiert.
Seit Wochen beflügeln spannende Übernahmephantasien den Kurs der Commerzbank-Aktie. Credit Agricole, BNP Paribas und Unicredit wurden zuletzt als Käufer heiß diskutiert. Nun gießt die Commerzbank selbst Öl ins Feuer. Insider-Berichten zufolge sucht die Bank Hilfe bei Goldman Sachs und Rothschild und hat die Investment-Institute als Berater engagiert.
Die Übernahmespekulationen um die Commerzbank halten sich wacker. In den Augen der zweitgrößten deutschen Privat-Bank wohl zu wacker, nun nämlich sucht man scheinbar Schutz und Hilfe bei den Investmentbanken Goldman Sachs und Rothschild, die damit zum weißen Ritter werden könnten. Bisher wollten die Finanzinstitute die Insider-Gerüchte über ein Beratungs-Engagement nicht kommentieren, womit die genauen Umstände im Unklaren bleiben. Eines dagegen ist klar: Es wird immer spannender in Sachen Commerzbank-Zukunft. Damit ist auch die Übernahmephantasie an der Börse wieder präsent. Über den Vormittag sprangen Commerzbank-Aktien um fast vier Prozent auf einen Kurs von 11,86 Euro in die Höhe. Nicht wenige Experten halten eine Übernahme des Geldhauses ab 2019 für möglich. In einem Interview mit dem Handelsblatt hatte Credit-Agricole-Chef Philippe Brassac bereits öffentlich Interesse bekundet. „Wenn ein so großes Institut wie die Commerzbank tatsächlich zum Verkauf stünde, müssten wir das als eines der bedeutendsten Institute in der Euro-Zone sicher analysieren“, sagte er.
Nun kommt dem Bund eine entscheidende Rolle zu. Der nämlich hält aus Finanzkrisenzeiten noch 15,6 Prozent der Commerzbank-Anteile. Bisher dementierte man einen Verkauf und ehe eine neue Regierung gebildet ist, wird sich daran wohl auch nichts ändern. Darauffolgend aber könnte ein Verkauf der Anteile durchaus im Bereich des Möglichen liegen. „Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass der Bund seine Beteiligung nicht für ewig halten wird und für den Steuerzahler ein gutes geschäftliches Ergebnis erzielen will“, lautet die jüngste Stellungnahme aus dem deutschen Finanzministerium. Und genau dieses angesprochene „gute geschäftliche Ergebnis“ rückt zunehmend in greifbare Nähe. Innerhalb eines Jahres ist die Aktie der Bank um 88 Prozent gestiegen. Anleger peilen bereits das am 8. April 2015 erreichte Drei-Jahres-Hoch von 13,28 Euro an.
Als aktueller Favorit für die Übernahme der Bundesanteile gilt die französische Großbank BNP Paribas. Laut „Wirtschaftswoche“ favorisiere die Bundesregierung einen Zusammenschluss des Frankfurter Geldhauses mit den Franzosen, da ein starkes deutsch-französisches Institut als politisches Zeichen für eine Vertiefung der europäischen Bankenunion gesehen werden könne. Auch zu diesem Gerücht gibt es bislang noch von keiner Seite eine offizielle Stellungnahme. Beobachter erwarten aber, dass Gespräche zu dieser Angelegenheit bereits im November mit dem Vorstand der Commerzbank geführt werden dürften.
Goldmans Sachs und Rothschild dürften sich in ihren Strategieberatungen also beeilen müssen. Und Anleger womöglich auch, wollen sie durch saftige Kursgewinne von einer Übernahme profitieren. 15,6 Prozent. So hoch ist der Anteil, den der Bund an Deutschlands zweitgrößter Bank aktuell hält. Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise stieg der staatlichen Bankenrettungsfonds SoFFin für 5,1 Milliarden Euro bei der Commerzbank ein. Doch offenbar besteht von Seiten des Bundes wenig Interesse daran, das Engagement langfristig fortzuführen. „Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass der Bund seine Beteiligung nicht für ewig halten wird und für den Steuerzahler ein gutes geschäftliches Ergebnis erzielen will“, lautet die jüngste Stellungnahme aus dem deutschen Finanzministerium. Und genau dieses angesprochene „gute geschäftliche Ergebnis“ rückt zunehmend in greifbare Nähe.
Als Übernahmekandidaten werden derzeit die italienische Großbank Unicredit, die kaum kleinere Schweizer UBS und die auch nicht eben leichtgewichtige BNP Paribas gehandelt. Eine offizielle Stellungnahme steht sowohl von Seiten der Interessenten als auch der Commerzbank zum aktuellen Zeitpunkt noch aus. Da es sich bislang um informelle Kontakte – zudem noch in einem frühen Stadium – gehandelt haben dürfte, kann füglich davon ausgegangen werden, dass ein Deal erst mittelfristig möglich sein dürfte. Eine Fusion der beiden Geldinstitute würde wohl über einen Aktientausch abgewickelt werden. Da Unicredit an der Börse aktuell rund 40 Millionen Euro wert ist – und damit in etwa dreimal so viel wie die Commerzbank – würden die Mailänder im Zuge eines Aktientauschs die Oberhand behalten.
Wo die Commerzbank auf Kundenfang geht
Ein Blick auf Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken lohnt durchaus. Viele Kunden könnten hier abspringen, da die genossenschaftlichen Institute ihre Gebühren angesichts der langen Nullzinsphase stark erhöhen müssen. Und genau hier wittert die Commerzbank, die neben der forcierten Digitalisierung besonders auf das Privatkundengeschäft fokussiert ist, ihre große Chance: Unzufriedene Kunden der Konkurrent abjagen und zu eigenen machen. Klappt bisher ganz gut. Seit Oktober 2016 konnten die Frankfurter mehr als eine halbe Millionen Privatkunden neu dazu gewinnen. Insgesamt sind es aktuell 12,6 Millionen Privatkunden, die der Commerzbank ihr Geld anvertrauen.
Vertrauen gewinnen langsam offenbar auch wieder die Anleger, die sich neben der positiven Entwicklung im Privatkundengeschäft und den heißen Übernahmespekulationen besonders über die jüngste Entscheidung der US-Notenbank Fed freuen, die eine Erhöhung des Leitzinses – auch in Europa – in Aussicht stellt. Trotz der vielen guten Nachrichten hat sich die Commerzbank aber noch lange nicht von dem Schock der Finanz- und Wirtschaftskrise erholt. Ein Ende der zähen Durstrecke ist trotz der zahlreichen Sanierungsprogramme noch nicht in Sicht, und so erwartet Vorstandschef Martin Zielke für dieses Jahr nur dank Sondereffekten ein „leicht positives“ Ergebnis. Und 2018 soll dann ein „Übergangsjahr“ werden. Ob diese Bezeichnung angesichts der Übernahmephantasien wohl doppeldeutig interpretiert werden darf? OG / WIM