Der Daten-Gau bei der Comdirect
Die Direktbank Comdirect hat Finanzaufsicht und Datenschutzbeauftragte über die am Montag aufgetretene schwere Panne informiert. Auch die betroffenen Kunden erhielten eine Nachricht.
Die Direktbank Comdirect hat Finanzaufsicht und Datenschutzbeauftragte über die am Montag aufgetretene schwere Panne informiert. Auch die betroffenen Kunden erhielten eine Nachricht.
Nach Angaben der Comdirect Bank sind am Montag mehrere Tausend Kunden von einer schweren Datenpanne betroffen gewesen. In der Zeit von etwa neun bis zehn Uhr hatten Nutzer des Online-Bankings sich einloggen können und dann fremde Daten gesehen. Danach startete die Bank ihre Systeme neu, um den Fehler zu beheben.
In der Nacht auf Dienstag informierte das Institut die Kunden elektronisch, auf deren Konten Fremde Zugriff gehabt hatten. Darin gab die Bank bekannt, mehrere Behörden über den Fall informiert zu haben. „Selbstverständlich haben wir umgehend die zuständigen Aufsichtsbehörden, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht sowie das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein, über den Vorgang in Kenntnis gesetzt“, schreibt Henning Ratjen, Leiter der Service-Abteilung der Bank.
Den betroffenen Kunden versichert die Bank, dass „kein Geld auf ein Konto eines Dritten überwiesen oder Wertpapiere gehandelt“ werden konnten. Ebenso wenig seien „Zugangsdaten eingesehen oder geändert werden“. Die Bank bitte „ausdrücklich um Entschuldigung“. Der Vorfall werde „mit Hochdruck“ weiter analysiert. Keinen Hinweis gibt Comdirect darauf, wie viele fremde Nutzer die Daten sehen konnten und ob etwa Umsatzhistorien oder Dokumente aus der „Post-Box“ von Dritten angesehen oder heruntergeladen wurden.
Experten sprechen von Maximalschaden
Unter Bankexperten gilt der Vorfall, über den zunächst das Handelsblatt berichtet hatte, als eine der schlimmsten Pannen im Online-Banking. Bei der Deutschen Bank waren vor einigen Wochen Buchungen doppelt angezeigt worden und Kontostände dadurch für einen Tag virtuell teilweise ins Minus gedrückt worden.
Betroffene hatten dem Handelsblatt berichtet, dass sie sich am Montagmorgen in ihr Online-Banking einwählten und die Konten von fremden Personen angezeigt bekamen. Darin konnten sie sich frei bewegen und etwa Kontoauszüge ansehen und auch herunterladen. Transaktionen sind zusätzlich mit Transaktionsnummern (TAN) geschützt und konnten nicht ausgelöst werden. Die Comdirect gestattet zwar Buchungen bis 1.000 Euro auch ohne zusätzliche Eingabe einer TAN – allerdings nur auf Referenzkonten desselben Kunden.
„Die Panne ist hochnotpeinlich“, betonte Frank-Christian Pauli, Experte für Finanzthemen bei der Verbraucherzentrale Bundesverband gegenüber dem Handelsblatt. Der Vorfall zeige, dass es keine hundert Prozent sicheren Systeme gebe. Rechtlich betrachtet seien die betroffenen Kunden aber auf der sicheren Seite, so Pauli.
Selbst wenn Überweisungen von Fremden vorgenommen worden sein sollten, müsse die Bank dafür gerade stehen. Pauli hatte der Comdirect-Bank geraten, alle Kunden über den Vorfall zu informieren, damit diese ihre Konten überprüfen können. Dass Einblick in die privaten Daten gewährt wurde, ist für die Betroffenen unheimlich und es birgt auch ganz reale Gefahren. Doch daraus Forderungen gegen die Bank abzuleiten, ist schwierig bis unmöglich.
Grundsätzlich bestünden zwar Schadenersatzansprüche aufgrund des Vorfalls, so der Jurist. „Nur gibt es ohne Schaden auch keinen Schadensersatz. Und in Deutschland muss ein solcher Schaden in Geld entstanden sein. Schmerzensgeld ist die Ausnahme“, so der Anlegeranwalt Dieter Kälberer gegenüber der Wirtschaftswoche. Der bloße Zugriff auf die Daten ließe sich aber schwerlich als finanzieller Schaden beziffern. Allein dafür, dass der Nachbar nun unter Umständen wisse, dass man ein Aktiendepot habe, gebe es grundsätzlich keine finanzielle Wiedergutmachung. Handelsblatt / Martin Dowideit