Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Aktien >

Die Adidas-Aktie ist wieder im Rennen

Puma-Chef Björn Gulden übernimmt zum neuen Jahr die Kapitänsbinde bei Adidas. Das bringt trotz enttäuschender Zahlen positive Bewegung in den Aktienkurs des strauchelnden Sportartikelkonzerns. Nach einem fast eineinhalbjährigen Horror-Kursverlauf fassen Anleger neuen Mut. Zurecht?

(Foto: picture alliance/EPA-EFE | LUKAS BARTH-TUTTAS)

Puma-Chef Björn Gulden übernimmt zum neuen Jahr die Kapitänsbinde bei Adidas. Das bringt trotz enttäuschender Zahlen positive Bewegung in den Aktienkurs des strauchelnden Sportartikelkonzerns. Nach einem fast eineinhalbjährigen Horror-Kursverlauf fassen Anleger neuen Mut. Zurecht?

Zum vierten Mal in diesem Jahr senkte Adidas diese Woche die Gewinnprognose. Inzwischen erwartet der nach Nike zweitgrößte Sportartikelhersteller der Welt nur noch ein Jahresergebnis von 250 Millionen Euro. Der Umsatz soll zudem nur noch im einstelligen Prozentbereich zulegen. Die operative Marge erwarten die Herzogenauracher bei nur noch 2,5 Prozent. In das Weihnachtsgeschäft setzt der Drei-Streifen-Konzern zudem wenig Hoffnung.

Es könnte damit nicht die letzte Prognosesenkung gewesen sein. Dennoch stieg zum Wochenbeginn der Aktienkurs leicht, nachdem er zum Ende der vergangenen Woche sogar um über 20 Prozent emporgeschossen war. Trotz mieser Ergebnisse und Prognosen scheint bei Adidas-Anlegern plötzlich die Lust auf die Zukunft zurück. Der Grund dafür trägt einen prominenten Namen: Björn Gulden.

Der bisherige Puma-CEO wechselt zum 1. Januar 2023 die Seiten und übernimmt das Ruder beim größeren Konkurrenten Adidas, der im mittelfränkischen Herzogenaurach direkt gegenüber sitzt. Gulden beerbt damit den glücklosen Kaspar Rorstedt, der den Konzern, wie bereits im August von Adidas angekündigt, verlässt. Übergangsweise wird Finanzvorstand Harm Ohlmeyer den Konzern führen.

Dass der Wechsel für Aufsehen sorgen würde, war klar. Adidas und Puma gelten seit jeher als große, aber dann doch ungleich große Rivalen. In den vergangenen Jahren allerdings holte Puma rasant auf, was maßgeblich an Björn Guldens erfolgreicher Strategie lag, der Marke wieder einen Kern zu geben und sie frisch zu vermarkten. Nun wechselt Gulden ausgerechnet zu Adidas, was Anleger aufgrund dessen Erfolgssträhne bei Puma jubeln lässt. Normalerweise gibt es Klauseln in Verträgen von Managern, die den direkten Wechsel zu einem direkten Konkurrenten verbieten. Bei Gulden war dies offenbar nicht der Fall, womit Adidas zweifellos ein Coup gelungen ist. Tatsächlich arbeitete Gulden zwischen 1992 und 1999 schon einmal für Adidas und verantwortete dort das Bekleidungs- und Accessoires-Geschäft. Bevor er dann bei Puma landete, war Gulden Chef der Schuhhandelskette Deichmann und des Schmuckherstellers Pandora.

Gulden, früher selbst Fußball- und Handball-Profi, war bei Puma als Chef beliebt. Mitarbeiter loben seinen nahbaren Führungsstil und die fundamentalen Zahlen stimmten ohnehin. Während Adidas, aber auch Nike, zuletzt ihre Prognosen kürzten, bestätigte Puma seine Schätzungen für das Gesamtjahr. Gulden habe Puma nach Jahren deutlich unterdurchschnittlicher Entwicklung und Marktanteilsverlusten zurück in die Spur gebracht, schreibt JP Morgan-Analystin Chiara Battistini. Der Norweger haben bereits bei Puma im Bereich Produkte und Kommunikation neue Akzente gesetzt, genau dort also, wo auch Adidas nun neue Ideen brauche, so die Expertin weiter. Nicht nur von Battistini wird Gulden mit einem ordentlichen Kranz an Vorschusslorbeeren ausgestattet. Bryan Garnier-Experte Cedric Rossi beschreibt Gulden als einen „Veteran mit 30 Jahren Erfahrung im Management von Sport- und Schuhmarken“ und ordnet den Wechsel als Gewinn für Adidas ein. Gulden haben einen großartigen Job bei Puma gemacht, urteilt derweil Baader Bank-Analyst Volker Bosse.  

Wird er ihn auch bei Adidas großartig machen? Gulden steht dort jedenfalls vor riesigen Herausforderungen. Mit Puma führte er stets den angriffslustigen, experimentierfreudigen, hippen und alternativen Jäger. Er machte die Marke Puma cool und hatte dabei womöglich den Vorteil, dass die Käufer von Sportartikeln eine andere Marke als Nike oder Adidas, als Abwechslung ohnehin mal attraktiv fanden. Nun befindet sich Gulden ab Januar in der Rolle des strauchelnden Gejagten. Er muss eine große bereits bestehende Kundenbasis zufrieden stellen und darf diese nicht verlieren, gleichzeitig braucht Adidas dringend neuen Schwung und mehr modischen Mut. Hier gilt es jedoch die richtige Balance zu finden. Überhaupt braucht Adidas wohl ein gänzlich neues Image. Die Marke mit den drei Streifen kommt im Vergleich zu Puma oder auch dem Schuhhersteller On wenig frisch daher. Gleichzeitig ist sie bekannt, steht für Qualität, hatte eine gewisse Historie und Nostalgie.

Neben diesen hausinternen Schwierigkeiten, kommt das aktuelle Marktumfeld dazu. Boykott-Aufrufe gegen westliche Modemarken und die Null-Covid-Politik, die die Menschen vom Einkaufen abhält, setzen im wichtigen Markt China der gesamten Branche zu. Adidas ganz besonders, da der Konzern dort sehr beliebt und aktiv war. Im zweiten Quartal des laufenden Jahres waren die Umsätze dort um 35 Prozent eingebrochen. Durch Putins Krieg gegen die Ukraine hat sich Adidas zudem komplett aus Russland zurückgezogen. Nun hat man auch noch die Zusammenarbeit mit Rapper Kanye West aufgegeben, weil dieser mit antisemitischen Aussagen jüngst für Aufsehen gesorgt hatte. Dieser steuerte über seine Marke Yeezy allerdings im Jahr 2020  1,7 Milliarden US-Dollar zum Konzernumsatz bei.

Es hat seine Gründe, warum der Kurs der Aktie innerhalb von eineinhalb Jahren von 320 Euro auf zuletzt 95 Euro gefallen ist. Nach der Kurserholung der vergangenen Tage steht der Kurs bei 124 Euro. Das entspricht immer noch einem Abschlag von 62 Prozent.

Mit dem Gulden-Coup könnte der Negativtrend am Aktienmarkt vorerst gestoppt sein. Anleger haben neuen Mut gefasst, die Kursphantasie ist ein Stück weit zurück. Doch die Probleme, an denen Guldens Vorgänger Rorstedt scheiterte, sind nicht aus der Welt. Die Adidas-Aktie also ist nach Monaten des stetigen Abstiegs wohl wieder im Rennen. Es dürfte jedoch ein langes und kräftezehrendes werden, unangenehme Überraschungen nicht ausgeschlossen.

OG

Lesen Sie auch: Gaspreisbremse landet in den Taschen der Aktionäre