Flut und Feuer machen die Münchner Rück-Aktie attraktiv!
Die Rückversicherer haben der Coronakrise wegen ein herausforderndes Jahr hinter sich und stecken aufgrund vieler Naturkatastrophen in einem ähnlich schwierigen mittendrin. Das geht auch an Deutschlands Branchenkrösus nicht spurlos vorbei. Vor allem an der Börse nicht. Dabei könnte die Aktie gerade deshalb jetzt attraktiv sein.
Die Rückversicherer haben der Coronakrise wegen ein herausforderndes Jahr hinter sich und stecken aufgrund vieler Naturkatastrophen in einem ähnlich schwierigen mittendrin. Das geht auch an Deutschlands Branchenkrösus nicht spurlos vorbei. Vor allem an der Börse nicht. Dabei könnte die Aktie gerade deshalb jetzt attraktiv sein.
Erst die Coronakrise, nun auch noch eine Jahrhundertflut im eigenen Land, sowie eine gewaltige Feuerbrunst in Südeuropa. Nebenbei steht die Hurrikan-Saison in den USA erst noch vor der Tür. Möglicherweise droht im Winter die nächste Corona-Welle. Hinter den großen Versicherern liegen herausfordernde Monate. Das, was noch kommt, dürfte dem in nichts nachstehen. Entsprechend groß ist die Verunsicherung unter Aktionären. Die beiden Branchengrößen Münchner Rück und Allianz hinken dem Dax deutlich hinterher. Sowohl im vergangenen, wie auch in diesem Jahr, konnten sie die entscheidenden Rallys nicht mitgehen, immer wieder gab es Rückschläge. Vor allem die Aktie des Münchner Rückversicherers kommt einfach nicht in Fahrt. Auf Dreimonatssicht steht ein Kursminus von drei Prozent zu Buche. Auf Jahressicht sind es gerade einmal drei Prozent plus. Das Kursniveau von vor der Coronakrise bei 282 Euro ist noch immer nicht erreicht. Aktuell kostet eine Aktie 245 Euro. Ende Juli war der Kurs aufgrund der Sorgen vor milliardenschweren Hochwasserschäden sogar auf unter 230 Euro abgerutscht.
Diese Vorsicht unter Anleger ist auf den ersten Blick nachvollziehbar. Die Niedrigzinsen belasten die Kurse der Versicherer ohnehin schon, die Coronapandemie ist im negativen Sinne eine Wundertüte und die Naturkatastrophen von Flut bis Feuer in Europa, aber auch weltweit, geben einen Vorgeschmack auf das, was da in Zukunft kommen könnte, wenn das Klima des Planeten beginnt verrückt zu spielen. Zunächst scheinen das mindestens suboptimale Voraussetzungen für ein Investment in Aktien von Rückversicherern.
Münchner Rück rechnet mit Rekordprämien
Allerdings lassen sich die Naturkatastrophen in diesem Jahr und die steigende Wahrscheinlichkeit von solchen Extremwetterereignissen auch von anderer Seite betrachten. Versicherer wie die Münchner Rück sind schließlich dafür da, solche Ereignisse zu versichern. Je wahrscheinlicher diese werden, desto eher wird der Münchner Konzern gebraucht. Und vor allem: Desto höhere Prämien lassen sich durchsetzen. Zunächst einmal sind Jahrhundertkatastrophen oder ganz grundsätzlich hohen Schadensummen, die vom „Normalzustand“ innerhalb eines Jahres abweichen, eine Belastung für die Bilanz. Es mag schon auch einmal die Dividende wackeln, oder zumindest deren weitere Erhöhung. Langfristig aber haben selbst die verheerendsten Wirbelsturm-Katastrophen, wie Hurrikan Katrina in den USA 2005, einen Konzern wie die Münchner Rück nicht aus dem Gleichgewicht gebracht. Im Gegenteil: Oft lassen in Folge solcher Großschadenereignisse die Prämien erhöhen. Ein solcher Trend ist bereits erkennbar. Der Konzern rechnet in diesem Jahr mit Rekord-Bruttobeiträgen in Höhe von 58 Milliarden Euro. Für die nächste große Erneuerungsrunde zum Jahreswechsel rechnet man bei der Münchner Rück mit weiteren Preiserhöhungen. Darüber hinaus können Erstversicherer immer nur einen Teil der Schäden an die Rückversicherer weitergeben.
Langfristig leiden unter solchen Naturkatastrophen vor allem die betroffenen Menschen, Städte und Gemeinden. Bei Konzernen wie der Münchner Rück führen sie allein zu anderen Risikobewertungen. Und deshalb werden sie auf Dauer auch kein Geld damit verlieren, weil sie steigende Belastungen schlicht in ihre Prämien einpreisen. Wer diese Prämien, die dann über höheren Prämien der Erstversicherer an die Endkunden weitergegeben wird, nicht zahlen kann, wird nicht versichert.
Nun mag in Folge der Flutkatastrophe in Deutschland eine Debatte um Pflichtversicherungen gegen Elementarschäden entbrannt sein. Doch auch eine solche wird Versicherer kaum belasten. Die Prämien werden sich daran anpassen. Wer sie nicht zahlen kann, muss woanders wohnen oder bekommt vielleicht Hilfe vom Staat. Versicherer jedenfalls sind private, gewinnorientierte Unternehmen mit großen Abteilungen, die über verschiedenste Modelle berechnen, was sich lohnt und was nicht.
Berenberg-Analystin: Konzern in der Lage selbst „schlimmste Szenarios abzufedern“
Deshalb können Aktien, wie die der Münchner Rück, in Jahren wie diesem ein Kauf sein. Womöglich muss man als Anleger eine längere Durststrecke aussitzen, aber auf Dauer lohnt sich „Buy the Dip“ hier meistens. Historisch gesehen war es bei den Münchnern jedenfalls immer so.
Hinzu kommt: Bislang steht es in diesem Jahr trotz aller negativen Einflüsse gar nicht schlecht um den Gewinn der Münchner Rück. In den ersten sechs Monaten 2021 verdiente der Rückversicherer 1,7 Milliarden Euro. Das ist mehr als doppelt so viel, als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Für das Gesamtjahr rechnet Finanzvorstand Christoph Jurecka mit einem Nettogewinn in Höhe von 2,8 Milliarden Euro. Die Flutkatastrophe könnte dem Konzern rund 500 Millionen Euro kosten, Corona-Todesfälle, vor allem in den USA, weitere 400 Millionen Euro. Im Gewinnziel ist all das aber bereits eingepreist. Damit könnte die Münchner Rück bereits durch das Jahr 2021 besser kommen, als erwartet. Die Dividende dürfte angesichts solche Ergebniserwartungen auch nicht in Gefahr sein. Von Anlaysten gelobt wurde zuletzt auch die Solvenzquote von 225 Prozent. Diese drücke eine bilanzielle Stärke aus, schrieb JPMorgan-Experte Ashik Musaddi. Auch deshalb sieht Analysten-Kollegin Kathryn Fear von der Privatbank Berenberg den Konzern mit Blick auf mögliche Wirbelsturmschäden, die noch kommen, am besten unter den Rückversicherern aufgestellt. Fear geht davon aus, dass die Deutschen in der Lage sein werden, selbst „die schlimmsten Szenarios abzufedern“.
Dass die jüngsten Kursverluste deshalb ein Einstiegschance sein können, beginnen offenbar immer mehr Anleger zu merken. In den vergangenen Tag kletterte die Aktie aus ihrem Zwischentief zurück auf 247 Euro und setzte sich am Mittwoch sogar an die Dax-Spitze. Bis zum Vorkrisenhoch klafft aber weiterhin eine Lücke von 15 Prozent.
Oliver Götz
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