Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Aktien >

JP Morgan: Von Krise keine Spur

Die nach Börsenwert wertvollste Bank der Welt pulverisiert im ersten Quartal die Schätzungen der Analysten und meldet Rekorderträge. Ein Signal der Stärke, das einmal mehr beweist: Die Riesin aus den USA bringt so schnell nichts ins Wanken.

(Foto: Felix Lipov / Shutterstock)

Die nach Börsenwert wertvollste Bank der Welt pulverisiert im ersten Quartal die Schätzungen der Analysten und meldet Rekorderträge. Ein Signal der Stärke, das einmal mehr beweist: Die Riesin aus den USA bringt so schnell nichts ins Wanken.

Vor einem Monat noch hatte die Pleite der Silicon Valley Bank (SVB) Schockwellen innerhalb des Finanzsektors ausgesendet. An den Märkten ging die Angst vor einer erneuten Bankenkrise um und die Kurse der börsennotierten Geldhäuser purzelten. Innerhalb von zwei Tagen verloren Finanzaktien weltweit rund 465 Milliarden US-Dollar an Börsenwert. Auch die Aktie von JP Morgan konnte sich dieser beispiellosen Talfahrt nicht entziehen. Insgesamt sank der Kurs der nach Bilanzsumme größten US-Bank im März innerhalb von drei Wochen von 144 auf 125 US-Dollar, ein Minus von fast 14 Prozent.

Nun, rund drei Wochen später, hat die Aktie diese Verluste jedoch fast vollständig wieder aufgeholt. Ganz ähnlich sieht es bei weiteren großen US-Banken aus. Die Krise im Sektor scheint sich auf die kleineren US-Regionalbanken zu beschränken, das Fiasko um die Credit Suisse scheint die Branche ebenfalls nur kurzfristig belastet zu haben. Durch die Notfusion mit der UBS sind die Sorgen um globale Ansteckungsgefahren jedenfalls erst einmal vom Tisch. Und die Zinserhöhungen, die viele kleine bis mittelgroße US-Banken belasten, weil sie wie im Fall der SVB zu Bewertungsverlusten bei Staatsanleihen führen und vor allem bei Gewerbeimmobilien vermehrt Kreditausfällen nach sich ziehen könnten, sind für JPMorgan und Co Gewinnlieferant.

Zinserhöhungen treiben Gewinn der großen Institute

Die Citigroup steigerte den Gewinn im ersten Quartal des laufenden Jahres um sieben Prozent auf 4,6 Milliarden US-Dollar, Wells Fargo erhöhte das Ergebnis um 32 Prozent auf fünf Milliarden US-Dollar, die Bank of America machte mit 7,66 Milliarden US-Dollar 16 Prozent mehr Gewinn als im Jahr zuvor. Alle profitierten in erheblichem Maße von stark gestiegenen Zinseinnahmen, die die Institute bislang nur in kleinen Teilen an ihre Kunden weitergeben.

Mit großem Abstand an der Spitze dieser angesichts des krisenhaften Umfelds überraschend positiven Quartalsergebnisse, steht JP Morgan. Die Bank pulverisierte die Analystenschätzungen nahezu und steigerte den Gewinn um 52 Prozent auf 12,6 Milliarden US-Dollar. Die Umsätze erreichten mit 38,3 Milliarden US-Dollar ein neues Rekordniveau. Anleger ließen die JP Morgan Aktie in direkter Folge um mehr als sieben Prozent steigen. Analysten hatten bei den Erlösen im Schnitt nur mit 36,2 Milliarden US-Dollar gerechnet. Beim Ergebnis je Aktie lagen die Experten mit 3,41 US-Dollar ebenfalls weit unter den letztlich präsentierten 4,31 US-Dollar. Angesichts der Unsicherheit vor der Zahlenvorlage habe JP Morgan die Erwartungen unter anderem dank eines beeindruckenden Wachstums beim Zinsüberschuss übertroffen, zudem habe die Prognose für das Nettoergebnis positiv überrascht, stellte RBC-Analyst Gerard Cassidy entsprechend fest.

Die Bilanzsumme von JP Morgan liegt bei 3,67 Billionen US-Dollar

Von Januar bis Februar stieg der Zinsüberschuss insgesamt um fast 50 Prozent. Für das Gesamtjahr rechnet die Bank nun mit einem Zinsüberschuss von sagenhaften 81 Milliarden US-Dollar. Im ersten Quartal stiegen zudem erneut die Einlagen der Bank, nämlich um zwei Prozent auf 2,38 Billionen US-Dollar. Eine Folge der SVB-Pleite, wodurch viele Anleger ihr Geld nun lieber bei den großen Banken parken. Das führt zu einem sich selbst verstärkenden Effekt. Die großen Institute gelten als vergleichsweise gut gegen Risiken abgesichert, zudem als „to big to fail“ und werden damit noch größer, weil sie noch mehr Vermögen anziehen. JP Morgan kommt mittlerweile auf eine Bilanzsumme von 3,67 Billionen US-Dollar. Zum Vergleich: die Bilanzsumme der SVB lag Ende 2022 bei 212 Milliarden US-Dollar.

JP Morgan strotzt vor Kraft und ist die wohl systemrelevanteste Bank der Welt. Sie ist nicht nur to big to fail, sie ist auch to big to bail, sprich sie könnte kaum von Staat und Notenbank gerettet werden, geriete sie in Schieflage. Das heißt im Umkehrschluss auch: sollte dieser Riese je ins Wanken geraten, bricht der globale Finanzmarkt in sich zusammen. Es mag paradox klingen, doch das macht die Aktie in gewisser Weise zu einem sicheren Hafen. Crasht die JP Morgan-Aktie crasht mit hoher Wahrscheinlichkeit der Gesamtmarkt. Wer nicht per se die Finger von Aktien lassen will, sondern nur nach Absicherung sucht, dürfte bei den Papieren der Großbank ganz gut aufgehoben sein. Es erscheint jedenfalls schwer vorstellbar, dass die Aktie dieser Bank einen eklatanten Kurssturz hinlegt, während der Rest des Marktes steigt.

Aktuell liefert die US-Riesin für solche Gedankenspiele ohnehin keine Anhaltspunkte. Zwar stockte JP Morgan die Risikovorsorge um 56 Prozent auf 2,3 Milliarden US-Dollar auf, das ist angesichts der stattlichen Gewinne, aber kaum der Rede wert. Darüber hinaus schwächelt das Investmentbanking. Branchenübergreifend sinken vor allem die M&A-Erträge, bei JP Morgan um 24 Prozent auf 1,6 Milliarden Dollar. Auch das ist allerdings verschmerzbar, blickt man auf den um 80 Prozent auf 5,2 Milliarden US-Dollar gesteigerten Gewinn im Privatkundengeschäft.

Breite und Größe zahlt sich aktuell aus

JP Morgan profitiert aktuell wie kein Konkurrent von seinem breiten Geschäftsmodell. Während Goldman Sachs und Morgan Stanley beispielsweise unter den Einbußen im Investmentbanking leiden, gleicht JP Morgan dies durch die stark gestiegenen Zinsüberschüsse und das Privatkundengeschäft mehr als aus. Auch mit Blick auf die weitere Zinspolitik der Fed sind die vielen Standbeine von JP Morgan ein großer Vorteil. Erhöht die Fed die Zinsen weiter, steigen die Zinsüberschüsse. Stoppt die Notenbank hingegen die Erhöhungen oder senkt die Zinsen sogar wieder, dürfte das M&A-Geschäft wieder anziehen und die Rückstellungen für Kreditausfälle werden geringer.

Chef Jamie Dimon gibt sich zurückhaltend: „Die US-Wirtschaft steht weiterhin auf allgemein gesunden Füßen, die Verbraucher geben immer noch Geld aus und haben starke Bilanzen, und die Unternehmen sind in guter Verfassung. Die Gewitterwolken, die wir im vergangenen Jahr beobachtet haben, bleiben jedoch am Horizont, und die Turbulenzen in der Bankenbranche tragen zu diesen Risiken bei.“
Für den Moment ist es jedoch seine Bank, die am besten gewappnet scheint, sollte es zu einem Unwetter kommen. 

OG

Future & Finance Day auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel

Zum Thema "Zinswende und Inflation. Welche Branchen gewinnen, welche verlieren? Wieviel Zinswende und Inflation können wir uns leisten?" wird am 3. Mai auch auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee diskutiert. Zu den namhaften Experten zählen: Burkhard Balz, Mitglied des Vorstands Deutsche Bundesbank, Oliver Behrens, CEO Morgan Stanley Europe SE, Carsten Klude, Chefvolkswirt M.M.Warburg & CO, Dr. Matthias Voelkel, CEO Gruppe Börse Stuttgart. Sie können das Gespräch im Livestream mitverfolgen: ludwig-erhard-gipfel.de

Konferenz-Ticket kaufen und teilnehmen: Hier