Kengeter im Fadenkreuz: Insidergeschäfte?
Wenige Woche, bevor er die Fusionsgespräche mit der London Stock Exchange bekanntgab, hat der CEO der Deutschen Börse, Carsten Kengeter, für 4,5 Millionen Euro Aktien des eigenen Hauses erworben. Nun prüft die Staatsnwaltschaft, ob es sich um ein Insidergeschäft handelt. Die Zentrale der Deutschen Börse wurde durchsucht. Egal, ob an diesem Vorwurf etwas dran ist oder nicht: für Kengeter wie für den Konzern ist der Schaden enorm.
Wenige Woche, bevor er die Fusionsgespräche mit der London Stock Exchange bekanntgab, hat der CEO der Deutschen Börse, Carsten Kengeter, für 4,5 Millionen Euro Aktien des eigenen Hauses erworben. Nun prüft die Staatsnwaltschaft, ob es sich um ein Insidergeschäft handelt. Zu diesem Zweck wurde die Zentrale der Deutschen Börse in Eschborn bei Frankfurt durchsucht. Egal, ob an diesem Vorwurf etwas dran ist oder nicht: für Kengeter persönlich ebenso wie für den Konzern ist der Schaden enorm.
Kengeter hatte am 14. Dezember 2015, rund neun Wochen vor einer durchaus kursrelevanten Nachricht, 60.000 Aktien der Deutschen Börse erworben, seines eigenen Hauses also. Das geht aus den regulär und pflichtgemäß veröffentlichten Unterlagen der Deutschen Börse hervor. Der Wert des Aktienpakets zum Zeitpunkt des Kaufes: 4,5 Millionen Euro. Nun ergeben sich zwei Fragen: War das erstens rechtens? Und war das zweitens anständig, also moralisch einwandfrei? Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) ermittelt schon länger in diesem Fall.
Der Hintergrund: die durchaus börsenrelevante Nachricht war, dass die Deutsche Börse AG eine Fusion mit der London Stock Exchange anstrebe, und zwar mit dem Firmensitz London. Die Aktienkurse beider Börsen sprangen deutlich in die Höhe. Von Anfang an zogen die Kritiker dieses Planes die Augenbrauen in die Höhe, denn es war schon damals bekannt, dass Kengeter mit Familie längst in London lebt, nur wochentags nach Frankfurt jettet und im übrigen den Standort Frankfurt, vorsichtig gesprochen, nicht für ideal hielt – und hält.
Doch was Kengeter privat macht, was er also privat denkt, ist die eine Sache. Die andere ist, wie er sein Unternehmen führt. Und hier hat er sich, glaubt man seinen Worten und denen seiner Kollegen, nichts zuschulden kommen lassen. Den Angaben folgend, die die Deutschen Börse machte, kaufte Kengeter die Anteile im Rahmen eines Vergütungsprogramms, das regelmäßige Investments des Führungsgremiums in das Unternehmen vorsah und das bereits im September 2015 aufgelegt worden war, und zwar völlig unabhängig von dem durch ihn selbst bekanntgegebenen Fusions- und Umzugsplan mit und nach London. Die beiden Konzerne aus Eschborn und London wollen mit einem 25 Milliarden Euro schweren Deal einen europäischen Börsenriesen bilden.
Was ist dran an den Vorwürfen?
Der Konzern bleibt bei seiner Linie: „Die Vorwürfe sind haltlos“, sagte Aufsichtsratschef Joachim Faber im Handelsblatt. „Carsten Kengeter hat seinen Aktienkauf im Rahmen eines Vergütungsprogramms vorgenommen, das der Aufsichtsrat beschlossen hat und bis Ende Dezember 2015 befristet war.“ Erst in der zweiten Januarhälfte 2016 hätten sich die beiden Verwaltungsrats- und Börsenchefs gemeinsam darauf verständigt, die Fusionsverhandlungen zwischen LSE und Deutscher Börse auf den Weg zu bringen. „Dass Kengeter vorsätzlich ein Insidergeschäft gemacht hat, kann ich mir nicht vorstellen“, bestätigte ein Arbeitnehmervertreter dem Handelsblatt.
Die Staatsanwaltschaft Frankfurt dagegen scheint sich das sehr wohl vorstellen zu können. Die Durchsuchungen waren umfangreich; vier Staatsanwälte aus Frankfurt, zehn Beamte des Landeskriminalamts Wiesbaden und mehrere Beamte der Bafin waren daran beteiligt, mehrere Objekte wurden durchsucht. Das ist massiv. Und was immer die Beamten an diesem für Carsten Kengeter schmerzlichen 1. Februar 2017 gefunden haben mögen: der Schaden für ihn ist unabsehbar. Denn seine Integrität und seine Überzeugungskraft waren eines der wichtigsten Assets, das die fusionswilligen Börsen haben – oder hatten.
Kaum wurden die Druchsuchungen bekannt, reagierte die Aktie der Deutschen Börse deutlich. Zwar erholten sie sich zwischenzeitlich, schlossen aber gegen den positiven Tagestrend leicht im Minus. Dies ist ein kleiner Vorgeschmack darauf, dass auch die Anleger angesichts der Vorwürfe kritische Fragen stellen werden. Durchaus kritisch ist die Stimmung gegenüber der Fusion und einer Verlagerung des Firmensitzes auch in der hessischen Landespolitik sowie bei manchen der Unternehmen, deren Anteile durch die Deutsche Börse gehandelt werden. Befeuert wird diese Kritik dabei seit Mitte des letzten Jahres durch eine Entwicklung für die Kengeter nichts kann: den Brexit. sig