SINGULUS: nachhaltiger Anstieg?
Der Kurs des Spezialmaschinenbauers machte in der vergangenen Woche einen kräftigen Satz nach oben. Solarfantasie, ausgelöst durch die vorzeitige vollständige Übernahme der Solartechnikfirma STANGL, zog Investoren an. Allerdings stellt sich auch diesmal die Frage, ob dies für nachhaltige Steigerungen reicht.
Immerhin untermauern die jüngsten Nachrichten, dass SINGULUS den Ausbau des zweiten Standbeins Solartechnik konsequent fortsetzt. Es gehört noch nicht lange zum Konzern, sondern erst seit 2007, als man sich in den Markt eingekaufte, indem man 51% der Anteile an der STANGL Semiconductor Equipment AG für rund 44 Mio. Euro erwarb. Es war die erste Akquisition außerhalb des traditionellen Geschäfts, der Herstellung von Produktionsanlagen für optische Datenträger (CD, DVD, Blu-ray). Jüngst wurde nun der Kauf der restlichen 49% an STANGL gemeldet. Laut Vorstand bezahlt man dafür deutlich weniger als bei der ersten Tranche. Genaue Angaben machte er jedoch nicht.
Voraussetzung für Expansion
Durch die früher als geplante Übernahme kann SINGULUS die Tochter nun eher komplett integrieren und schafft damit eigenen Angaben zufolge die Voraussetzungen, um noch schneller im Segment Solar zu expandieren. Das Sortiment von STANGL umfasst nasschemische Anlagen und Prozesse, die bei der Herstellung von Silizium- und Dünnschichtsolarzellen eingesetzt werden. SINGULUS steuert sein Know-how in der Beschichtungs- und Automatisierungstechnik sowie im Systemgeschäft bei. 2008 entwickelte die Gesellschaft eine Maschine zum Beschichten von Siliziumsolarzellen namens SINGULAR, deren Einführung für das zweite Halbjahr 2009 vorgesehen war. In der Vorwoche wurde nun die Auslieferung der ersten Maschine gemeldet. Mit der Anlage wird die Produktion der Antireflexschicht auf Solarwafern automatisiert. Durch eine besonders hohe Qualität der im Nanometerbereich liegenden Antireflexschicht soll die Energieausbeute der fertigen Zellen erhöht werden. Die Beschichtung mit SINGULAR ist den Angaben zufolge ein wichtiger Baustein im Produktionsprozess von Solarzellen und knüpft in der Wertschöpfungskette direkt an die nasschemische Reinigungs- und Ätzschritte der Anlagen von STANGL an.
Ausbau der Position
Für die Integration sowie die Anbindung hat SINGULUS ein eigenes vollautomatisches modular aufgebautes Wafer-Handlingsystem entwickelt. Es automatisiert die Übergabe der Silizium-Wafer vom Reinigungsvorgang zur Antireflexbeschichtung in der SINGULAR Anlage. In den nächsten Jahren will der Konzern weitere Prozessschritte bei der Herstellung von Solarzellen durch eigene neu entwickelte Maschinen abdecken und so die Wertschöpfung erweitern. Nach Aussagen von Firmenchef Roland Lacher konzentriert man sich dabei deutlicher auf das Systemgeschäft mit Produktionsanlagen für Solarzellen, da die Kunden immer mehr verbesserte Zellkonzepte mit höheren Wirkungsgraden und Fertigungstechnologien bei gleichzeitig sinkenden Herstellkosten nachfragen. Erklärtes Ziel ist es, die Position bei Produktionsanlagen und -systemen für Solarzellen künftig konsequent auszubauen, um an dem erwarteten Wachstum des Photovoltaikmarktes zu partizipieren.
Zwei Säulen
Die jüngsten Aktivitäten passen zur im September 2008 verabschiedeten Strategie, sich künftig auf die beiden Geschäftsfelder Optical Disc und Solar zu konzentrieren. Durch den Eintritt in die Solarbranche verringert der Konzern die Abhängigkeit vom traditionellen Geschäftsfeld Optical Disc. Hier gab es in den vergangenen Jahren deutliche Nachfrageeinbrüche. Zum einen litt SINGULUS unter der weltweiten Wirtschaftsflaute. Zum anderen machte der mehrjährige Formatstreit bei den Datenträgern der dritten Generation zu schaffen. Die Kunden hielten sich angesichts der Unsicherheit, welches Format (Blu ray oder HD-DVD) sich durchsetzen würde, schlicht und einfach mit Aufträgen zurück. Zusammen mit der bereits nachlassenden Nachfrage nach Produktionsanlagen für die bislang gängigen Formate (CD, DVD) führte dies zu kräftigen Einbrüchen. Nachdem 2004 mit 439,5 Mio. Euro der Umsatzrekord erzielt wurde, waren es ein Jahr später weniger als 250 Mio. Euro. 2008 nahm SINGULUS 212,1 Mio. Euro ein und verbuchte einen dicken Verlust von 49,3 Mio. Euro, was in erster Linie an Sonderabschreibungen und Restrukturierungskosten lag.
Große Sonderbelastungen
Diese Faktoren belasteten auch im bisherigen Jahresverlauf 2009. Hinzu gesellten sich wegen der krisenbedingten Auftragsflaute unbezahlte Rechnungen einiger Kunden in Millionenhöhe, was zu Abschreibungen führte. Daneben gab es Wertberichtigungen wegen geringerer Verkaufserlöse zweier Töchter. Selbst Stellenstreichungen und Einsparungen konnten diese Effekte nicht ausgleichen. Unter dem Strich fiel ein Verlust von 55,3 Mio. Euro an, nach minus 40,9 Mio. Euro ein Jahr zuvor. Der Umsatz schrumpfte von 149,9 auf 95,9 Mio. Euro.
Das Schlimmste überstanden?
Für das Gesamtjahr bestätigte SINGULUS bei Vorlage der Neunmonatsbilanz Anfang November das Umsatzziel von 115 bis 125 Mio. Euro und stellte dabei ein deutlich negatives Ergebnis in Aussicht. Mit dem jüngst bekannt gegebenen geplanten Verkauf der Tochter HamaTech APE (Halbleiteranlagen), der womöglich ebenfalls zu weiteren Abschreibungen führt, dürfte SINGULUS 2009 jedoch ordentlich aufgeräumt haben. 2010 sollten daher deutlich weniger Wertberichtigungen und Abschreibungen auf die Ergebnisse drücken. Der Vorstand zeigte sich im November sehr zuversichtlich und war der festen Überzeugung, dass der Konzern als Marktführer bei Optical Disc und mit den neuen Produkten im Solarsegment das operative Geschäft wieder stabilisieren und nachhaltig positive Erträge erwirtschaften werde. Neben dem neuen Solarbereich erwartet man dabei auch weitere Fortschritte im Segment Optical Disc. Laut Vorstand hat sich das Bluray- Format weltweit durchgesetzt und entwickelt sich zunehmend zum Massenmarkt. SINGULUS sieht sich hier bestens positioniert und will von dem Wachstum in den nächsten Jahren deutlich profitieren.
Fazit:
Die nackten Zahlen von SINGULUS waren zuletzt alles andere als rosig und im Geschäftsjahr 2009 ist mit großen Verlusten zu rechnen. Allerdings könnte die Gesellschaft hier nun allerlei Wertberichtigungen und Sonderabschreibungen abgearbeitet haben, sodass von dieser Seite künftig deutlich weniger Belastungen anfallen dürften. Sollte sich auch der Markt für Blu-ray wie erwartet positiv entwickeln, ist die Rückkehr zu operativ schwarzen Zahlen nicht ausgeschlossen. Dazu beitragen könnte auch das weiter ausgebaute Solargeschäft, das zuletzt vor allem kurstreibender Faktor gewesen sein dürfte. Die komplette Übernahme von STANGL und die Kombination mit SINGULUS scheint sinnvoll. Beide Firmen ergänzen sich durch das jeweilige Know-how, sodass daraus nicht nur ein Anbieter von einzelnen Anlagen, sondern von kompletten Systemen im Bereich Solartechnik entstehen könnte, der für die Kunden neue Fertigungstechnologien sowie Kostenvorteile bietet. Eine solche Strategie war laut Vorstand bereits vor Jahren im Markt der Optical Disc-Anlagen erfolgreich. Ob diese Hoffnung ausreicht, die jüngst offenbar auch bei den Investoren geweckte Zuversicht nachhaltig zu untermauern, ist jedoch nicht sicher. Der jüngste Aufwärtsimpuls könnte somit schnell wieder verpuffen. Für spekulative Investoren könnte die Aktie dennoch interessant sein. Käufe sind dabei erwägenswert, wenn es gelingt, den Widerstand bei 2,89 Euro zu überwinden, der nach dem jüngsten Aufwärtsimpuls wieder in Reichweite ist.