Tesla-Hype: Was folgt auf die Kursexplosion?
Die Warnungen vor einer Überbewertung werden immer lauter, die Wettbewerbsvorteile gleichzeitig immer größer. Lässt sich die Aktie des inzwischen wertvollsten Autobauers der Welt noch guten Gewissens kaufen?
Die Warnungen vor einer Überbewertung werden immer lauter, die Wettbewerbsvorteile gleichzeitig immer größer. Lässt sich die Aktie des inzwischen wertvollsten Autobauers der Welt noch guten Gewissens kaufen?
Eine Analyse von Vontobel
Das zweite Quartal dieses Jahres war stark gekennzeichnet von der weltweiten Corona-Pandemie und deren Auswirkungen auf die Wirtschaft. Den führenden Automobilkonzernen brach in der Spitze mehr als ein Drittel des Absatzes weg. Nun hat Tesla, der Elektro-Automobilbauer aus dem Silicon Valley, mit guten Auslieferungszahlen überrascht. Zwischen April und Juni verzeichneten die Kalifornier 90.650 Auslieferungen. Damit bleibt man rund fünf Prozent hinter den Auslieferungszahlen des Vorjahresquartals zurück und konnte erfolgreiche Schadensbegrenzung betreiben. „Nachdem unser Hauptwerk in Fremont den Großteil des Quartals geschlossen war, haben wir die Produktion wieder erfolgreich auf das Vor-Niveau gebracht“, lobt Musk die gelungene Wiederaufnahme der Produktion. Den größeren Beitrag zum Auslieferungserfolg dürfte allerdings Teslas Gigafactory in Shanghai geliefert haben. Weil China die Corona-Pandemie früher durchlitt als der Rest der Welt, fiel die zweiwöchige Schließung des Werks ins erste Quartal und zog die aktuellen Auslieferungszahlen nicht mehr nach unten.
Tesla verfügt über die leistungsstärksten und effizientesten Batterien
Die guten Absatzzahlen übertrafen sogar die Prognosen der Analysten. Die Börsen quittierten dies mit kräftigen Kursgewinnen. Bereits Mitte des vergangenen Monats hatte Tesla den japanischen Automobilkonzern Toyota als den wertvollsten Autokonzern abgelöst. Die ungewöhnlich hohe Bewertung Teslas an den Börsen ist durch klassische Kennzahlen nicht zu erklären. Denn mit einem Jahresumsatz von rund 25 Mrd. USD spielt Tesla noch nicht in der Liga der größten Automobilkonzerne mit. Toyota konnte im vergangenen Jahr einen Umsatz von über 60 Mrd. USD verzeichnen.
Vielmehr stellt Tesla für Anleger eine Wette auf die Zukunft der Automobilbranche dar. Diese wird geprägt sein von effizienter Nutzung von Ressourcen, E-Mobilität und intelligenter Einbindung von Software – alles Themen, bei denen Tesla einen zum Teil beträchtlichen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz besitzt. Besonders groß ist der Vorteil bei der Nutzung von Batterien für den Antrieb des Motors. Kürzlich erklärte Tesla, dass das Model S das erste E-Auto sein wird, das über 600 km mit einer Ladung zurücklegen können wird. Für den September hat CEO Elon Musk „überwältigende“ Batterie-Pläne angekündigt, die versprechen die Nutzung der Batterien noch effizienter zu machen und Teslas Vorsprung auf dem Gebiet der Elektro-Mobilität gegenüber der Konkurrenz weiter ausbauen werde.
Die Batterien machen einen erheblichen Teil der Gesamtkosten der Produktion eines Elektroautos aus. Weil die am Markt verfügbare Menge oft geringer als die Nachfrage von Tesla ist, ist ihr Preis besonders hoch. Eine effizientere Nutzung an dieser Stelle wirkt sich deshalb stark kostensenkend aus, da Tesla nicht mehr darauf angewiesen wäre, dieselbe große Menge nachfragen zu müssen. Die eingesparten Kosten könnten direkt an den Kunden weitergegeben werden. Zudem setzt Tesla zunehmend auf eine automatisierte Produktion. Roboter sollen hierbei künftig eine größere Rolle einnehmen. Sollte es Tesla gelingen, die Produktion kosteneffizienter zu machen und gleichzeitig die hohen technischen Standards zu erfüllen, könnte man neben der technologischen Vorreiterrolle auch die Kostenführerschaft in der Automobilbranche erlangen.
Erfahrungsvorsprung bei Integration von Software
Der Wettbewerbsvorteil bleibt nicht nur auf die Nutzung der Batterien beschränkt. Grundsätzlich müssen es Automobilhersteller schaffen, dem Auto einen zentralen Computer einzubauen, der Elemente wie die Motor- und Batterieleistung intelligent steuert und mit seiner Umgebung kommuniziert. Dazu muss das Auto ständig mit dem Internet verbunden sein. Die Internettechnologie bricht also auch das klassische Geschäftsmodell der Automobilbranche auf. Tesla hat auf diesem Gebiet einen gewaltigen Erfahrungsvorsprung: Im Gegensatz zu arrivierten Automobilherstellern hat Tesla alle seiner ausgelieferten Modelle mit intelligenter Software ausgestattet und kann seinen Kunden ein ausgeklügeltes Software- und Datennutzungssystem zur Verfügung stellen, das unter anderem Updates zur Verbesserung der Batterienleistung aufspielen kann – ein Service, den andere Hersteller aufgrund fehlender Erfahrung noch nicht anbieten können. Laut Branchenexperten hat die Corona-Pandemie die Megatrends in Automobilindustrie, Klimabereich und Digitalisierung beschleunigt. Technologieunternehmen, die einen großen Vorsprung bei Kernkompetenzen der Megatrends besitzen, werden den Vorsprung gegenüber Mitbewerbern nicht nur halten sondern weiter ausbauen können. Es ist gut möglich, dass die technologische Marktführerschaft, die Tesla schon jetzt innehat, zu einem noch größeren Vorteil werden könnte.
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