Wie sich Tesla mit Umweltkrediten den Gewinn schön rechnet
Erst versetzt der Tesla-Chef zum Entsetzen der Fans dem Bitcoin einen Schlag, nachdem er ziemlich spät entdeckt hatte, wieviel Energie es braucht, das virtuelle Geld zu schürfen. Dann straft ihn Star-Investor Michael Burry ab, der einst die Finanzkrise kommen sah. Er wettet an der Börse mit 500 Millionen US-Dollar gegen Tesla. Das Hauptargument: Der Autobauer schreibt nur dank einem regen Handel mit Emissionskrediten schwarze Zahlen.
Erst versetzt der Tesla-Chef zum Entsetzen der Fans dem Bitcoin einen Schlag, nachdem er ziemlich spät entdeckt hatte, wieviel Energie es braucht, das virtuelle Geld zu schürfen. Dann straft ihn Star-Investor Michael Burry ab, der einst die Finanzkrise kommen sah. Er wettet an der Börse mit 500 Millionen US-Dollar gegen Tesla. Das Hauptargument: Der Autobauer schreibt nur dank einem regen Handel mit Emissionskrediten schwarze Zahlen.
Dass die Tesla-Aktie leerverkauft wird, ist für sich genommen keine besonders spektakuläre Nachricht. Bei Shortsellern, also Spekulanten, die auf einen fallenden Kurs wetten, sind die Papiere seit geraumer Zeit beliebt. Argumente dafür gibt es schließlich genug. Innerhalb von drei Jahren ist der Kurs der Aktie um über 900 Prozent emporgeschnellt. Maßgeblichen Anteil daran hat die Rally nach dem Coronacrash im März des vergangenen Jahres. In weniger als zwölf Monaten verachtfachte sich der Kurs. Gemessen am Jahresgewinn 2020 liegt das KGV der Aktie bei 1.102.
Es braucht keinen Börsenprofi, um zu erkennen, dass es sich hier um eine eindeutige Überbewertung handelt. Allein, an den Märkten geht es manches Mal mehr um Psychologie, als um harte Fakten. Und Zukunftsvisionen kann kaum einer so verheißungsvoll verkaufen wie Tesla-Gründer Elon Musk. Solange die Mehrheit der Anleger nicht den Glauben in dessen Versprechen und die Strahlkraft der Marke verliert, kann so eine Überbewertung deshalb halten, bis sie irgendwann vielleicht mit so starken Zahlen unterfüttert wird, dass sie gerechtfertigt ist.
Mit Anlegen hat das allerdings nicht viel zu tun. Wer aktuell Tesla-Aktien kauft, der wettet genauso, wie derjenige, der sie leerverkauft. Bislang waren die Optimisten im Vorteil, da sie mit Elon Musk einen überzeugenden Star-Unternehmer auf ihre Seite wussten, der mit einem einzigen Tweet bekanntlich Milliarden bewegt.
Nun aber bekommen die Pessimisten ähnlich prominente Unterstützung. Starinvestor Michael Burry, der einst die Finanzkrise 2008 vorhersagte und ein Vermögen verdiente, indem er gegen den US-Häusermarkt gewettet hatte, shortet nun die Tesla-Aktie. Burry schaffte es mit „The Big Short“ sogar in die Kinos, er ist einer der großen Börsengurus und besitzt seinerseits eine Strahlkraft, die nun Musk und dessen Fangemeinde ein paar Glanzpunkte kosten könnte.
534 Millionen US-Dollar gegen Tesla
Gemäß Daten der US-Börsenaufsicht SEC hat Burry mit seiner Firma Scion Asset Management 800.100 Tesla-Aktien leerverkauft. Das entspricht einem Wert von 534 Millionen US-Dollar. Die Begründung dafür, lieferte er auf Twitter gleich mit. Zwar löschte Burry den Tweet kurze Zeit später, für reichlich Zündstoff hatte dieser da aber bereits gesorgt.
Burry hatte darin erklärt, dass er die von Tesla genutzten Emissionskredite kritisch sehe und damit den Blick auf etwas geschärft, dass man bei Tesla sicher nicht gerne liest. Nämlich, dass der Autobauer das vergangene Geschäftsjahr allein durch den Verkauf dieser Emissionskredite mit schwarzen Zahlen hat beenden können.
Die Emissionskredite gibt der Staat aus, zum Beispiel an Autokonzerne, damit diese ihren CO2-Ausstoß damit kompensieren können. Die Menge an vorhandenen Krediten ist beschränkt. Wird sie überschritten, müssen diejenigen Unternehmen, die weiterhin welche benötigen, diese bei der Konkurrenz zukaufen. Für Tesla ist das seit Jahren ein lukratives Geschäft. Als E-Auto-Konzern brauchen die Kalifornier die Kredite schließlich nicht und können sie weitergeben. Allein im ersten Quartal des laufenden Jahres machte Tesla mit Emissionskrediten einen Umsatz von 518 Millionen US-Dollar. Im vierten Quartal 2020 waren es 401 Millionen US-Dollar.
Wer sich bis ins Detail mit Tesla beschäftigt hat, bevor er die Aktie der Autobauers kaufte, weiß so etwas. Es dürfte allerdings davon auszugehen sein, dass im Zuge des zurückliegenden Hypes um die Aktie gerade viele Kleinanleger genau das nicht getan haben, sondern sich in erster Linie von den regelmäßigen Gewinnen des Autobauers begeistern ließen.
Die Tesla-Aktien reagierte in den Tagen danach entsprechend und ließ nach schwachen Wochen weiter Federn. Auf Dreimonatssicht hat sie nun schon fast 30 Prozent an Wert verloren. Verschmerzbar für diejenigen, die von Anfang an dabei sind. Auf Zehnjahressicht steht ein Plus von schier unglaublichen 12.700 Prozent zu Buche. Für all diejenigen aber, die erst vor kurzem mit auf den Erfolgszug aufgesprungen sind, sind es bittere Verluste. Möglich, dass sie sich fortsetzen. Die Konkurrenz holt auf. Volkswagen, Daimler und BMW scheinen gerade noch rechtzeitig die E-Mobilität für sich entdeckt zu haben. Und in China muss Tesla für April einen rückläufigen Absatz vermelden.
Hinzu kommen Musks Bitcoin-Spekulationen, die ihn derzeit zum Feindbild aller Bitcoin-Jünger machen. Der Tesla-Chef entdeckte erst jetzt, dass die Blockchain-Technologie hohe Umweltkosten verursacht, weil der damit verbundene Stromverbrauch die Währungen in Klimasünder verwandelt. Also empfiehlt Musk nicht wie vor ein paar Wochen den Kauf, sondern jetzt den Verkauf des Bitcoins. Auch die Sache mit dem Bitcoin als Zahlungsmittel für seine Autos will er sich nochmal überlegen. Als prominenter Bitcoin-Investor hat er damit der Idee des digitalen von Notenbanken unabhängigen Geldes einen Schlag versetzt. Unter anderem deswegen rauscht der Kurs der Digitalwährungen derzeit nach unten wie ein Kanu im Wasserfall.
All das bringt die Musk-Kritiker in Rage. Der Verkauf von Autos trage immer noch nicht großartig zum Gewinn bei, schrieb NordLB-Analyst Frank Schwope in einer Studie. Der Batterie- und Autohersteller habe mit seinem operativen Gewinn im ersten Quartal die Erwartungen verfehlt, schrieb JPMorgan-Analyst Ryan Brinkmann dazu. Sein Kursziel beließ er bei 155 US-Dollar. Das entspricht rund einem Viertel des aktuellen Kurses. Schwope setzt seines mit 270 US-Dollar etwas höher, schrieb aber, dass er die exorbitante Kursentwicklung der Tesla-Aktie für extrem überzogen halte.
Michael Burry dürfte die jüngste Durststrecke der Aktie freuen. Geht die Talfahrt weiter, könnte ihm nach 2008 der nächste aufsehenerregende Coup gelingen.
Oliver Götz
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