Wird die VW-Aktie dem Sturm der Klagen standhalten?
Mehrere Pensions- und Staatsfonds haben wegen des als Dieselgate bekannten Skandals beim Landgericht Braunschweig eine weitere Anlegerklage gegen Volkswagen eingereicht. Ins Fadenkreuz der Ermittler sind indesen der ehemalige VW-Konzernchef Martin Winterkorn und der VW-Markenchef Herbert Diess geraten. Der gesamte Vorstand des Konzerns, der 2015 amtierte, könnte im übrigen vor dem Landgericht Braunschweig angeklagt werden. Der Verdacht: Aktionäre sollen über die Unregelmäßigkeiten tatsächlich zu spät informiert worden sein, die Beschuldigten könnten sich damit strafbar gemacht haben.
Mehrere Pensions- und Staatsfonds haben wegen des als Dieselgate bekannten Skandals beim Landgericht Braunschweig eine weitere Anlegerklage gegen Volkswagen eingereicht. Dem gesamten Vorstand des Konzerns, der 2015 amtierte, könnte eine Anklage drohen. Die Aktionäre sollen über die Unregelmäßigkeiten tatsächlich zu spät informiert worden sein, die Beschuldigten könnten sich damit strafbar gemacht haben. Unter den Klägern ist einer der weltweit größten Fonds.
Der Grund für die Klage: Die Aktie war nach Bekanntwerden des Dieselgate-Skandals um mehr als 40 Prozent eingebrochen; bis heute hat sich das Papier von diesem Einschnitt nicht vollständig erholt. Zwar notiert die Aktie aktuell stabil über 120 Euro, ist aber nach einem satten Fünf-Prozent-Plus zum Wochenstart nun Verlierer Nr. 1; ein Minus von rund ein Prozent steht auf der Kurstafel. Die Anleger sind keineswegs versöhnt, denn all dies ist im Vergleich zum Niveau direkt vor Bekanntwerden des Dieselgate ein Minus von rund 15 Prozent.
Befeuert werden die Aktionärsklagen durch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig. Gestern hatte die Behörde mitgeteilt, gegen den früheren VW-Chef Martin Winterkorn und den amtierenden Markenvorstand Herbert Diess wegen des Verdachts auf vorsätzliche Marktmanipulation zu ermitteln. Womöglich haben Winterkorn und Diess tatsächlich zu spät informiert und sich damit strafbar gemacht. Es gilt die Unschuldsvermutung. Doch allein die Tatsache, dass die Staatsanwälte einen Anfangsverdacht sehen, ist Wasser auf die Mühlen der Kläger.
Gewichtiger Kläger
Dieser Pensionsfonds ist knapp 190 Milliarden US-Dollar schwer: Das California State Teachers' Retirement System gilt damit als größter Rentenfonds für Lehrer in den Vereinigten Staaten. Mit ihm bekommt jetzt der VW-Konzern mächtig Ärger: Der Pensionsfonds ist einer von zahlreichen Klägern, die sich zusammengeschlossen haben, um Schadensersatzansprüche gegen VW geltend zu machenDie Forderung: 700 Millionen Euro.
Die neue Klage ist für VW auch deshalb so bedrohlich, weil sie von einem großen Prozessfinanzierer begleitet wird. Bentham Europe hat die Klage vorbereitet, die auf Prozesse spezialisierte US-Anwaltskanzlei Quinn Emanuel reichte sie nun bei Gericht ein. Neben der 700-Millionen-Euro-Klage ist eine weitere Klage bereits in Vorbereitung. Sie soll ein Volumen von rund einer Milliarde Euro haben. „Die angeblich fehlende Kenntnis des VW-Vorstands von der systematischen Abgasmanipulation ist aus unserer Sicht eine fadenscheinige Schutzbehauptung“, sagt Klägeranwältin Nadine Herrmann.
Die Investoren werfen dem Konzern vor, in den Jahren 2008 bis 2015 die Steuerungssoftware in Dieselmotoren manipuliert zu haben. Darüber sei der Kapitalmarkt zu spät informiert worden. Ins Fadenkreuz der Ermittler sind dabei nun auch der ehemalige VW-Konzernchef Martin Winterkorn und der VW-Markenchef Herbert Diess geraten. Sie könnten die Aktionäre über die Unregelmäßigkeiten, die ihnen bekannt waren, tatsächlich zu spät informiert und sich damit strafbar gemacht haben.
VW gab erst am 22. September 2015 eine erste Pflichtmitteilung, eine sogenannte Ad-hoc-Mitteilung, heraus. Die Klagewelle ließ damals nicht lange auf sich warten. Beim Landgericht Braunschweig gehen etliche private und institutionelle Investoren seitdem gegen VW vor. Bereits im März hatte eine Gruppe von 278 institutionellen Profi-Anlegern eine Klage auf 3,255 Milliarden Euro Schadenersatz eingereicht. Der Streitwert rund um Dieselgate summiert sich inzwischen auf viele Milliarden Euro.
Unter den Klägern sind auch etliche Publikumsfonds wie eine Tochter des Versicherungskonzerns Allianz oder die Sparkassen-Tochter Deka. Auch der größte US-Pensionsfonds Calpers will Geld von VW. Das Landgericht Braunschweig hat bereits angekündigt, die Klagen in einem Musterverfahren zusammenzufassen. Damit wird ein Kläger stellvertretend für alle anderen gegen VW auftreten. Sowohl die Klägeranwälte als auch der VW-Konzern selbst hatten ein solches Verfahren beantragt. Handelsblatt / Volker Votsmeier / sig