Wie ein Stein, offline
Der virtuelle Einkauf ist bei Aktien ja eine Selbstverständlichkeit – kaum jemand lässt sich die bedruckten Papiere noch ins Haus kommen, ja vielfach werden gar keine Papiere mehr gedruckt, auf denen dann eine Fabrik mit rauchenden Schloten, ein Automobil oder, wie bei Disney, lustige kleine Figuren zu sehen wären.
Der virtuelle Einkauf ist bei Aktien ja eine Selbstverständlichkeit – kaum jemand lässt sich die bedruckten Papiere noch ins Haus kommen, ja vielfach werden gar keine Papiere mehr gedruckt, auf denen dann eine Fabrik mit rauchenden Schloten, ein Automobil oder, wie bei Disney, lustige kleine Figuren zu sehen wären.
Dabei hätte mancher das vielleicht gerne, und bei Zalando hätte man sich was Schönes vorstellen können. Stöckelschuhe etwa in blau-metallic auf grünem Grund. Und bei Rocket erst! Eine echte Rakete vielleicht, aus allen Rohren heiß fauchend auf dem Weg in den Himmel, der vielleicht blau-metallic, nur wegen der Verwandtschaft. Aber: Die Aktien sind quasi offline, man kann sie auch nicht herunterladen oder mit DHL kommen lassen. Auch wenn der Ausgabepreis ganz offensichtlich jeweils so überzogen war, dass genau genommen noch ein Rahmen für die Neuaktionäre hätte drin sein können. So zum An-die-Wand-hängen. Wenn die Aktie fällt, ist nur das Glas kaputt. So aber gingen die virtuellen Papiere unter wie ein ganz reeller Stein im Kirchweiher.
Bei Zalando hatten ganz Fixe noch kurz eine Chance auf Kursgewinne, so zwischen 9.30 und 11.00 am Ausgabetag. Bei Rocket Internet, der Unternehmensholding der Samwer-Brüder, gab es noch nicht einmal ein Plus, nicht mal zwischendurch als Gruß aus der Firmenküche. Die Brüder mögen’s zufrieden sein – ihre Rocket kam zum Höchst-Zuteilungspreis, und für den Aktionär bleibt die alte Weisheit: Ob long, ob short, das Geld ist fort. Zalando, nicht mehr direkt mit den Samwers verbunden, wenn auch verbandelt, ging es zum Feiertag nochmal richtig zur Sache, mit einem zweistelligen Minus.
Für die Optik hatte es irgend jemand geschafft, den Ausgabetag lang das Ding noch über 21,50 Euro zu halten, wo es gestartet war. Man mag sich nun trösten, wenn man Trost benötigt, dass Facebook auch erst mal und schaurig schallendem Gelächter abtauchte, um dann zurückzukommen wie der Feuervogel. Das hatte allerdings Gründe: Facebook löste das Problem, auf mobilen Endgeräten nicht genügend werben zu können. Neue Tatsachen also.
Bei Zalando bestünde eine solche Börsenkur in der Mitteilung, das kaum lösbare Problem der Rücksendungen in den Griff bekommen zu haben. Nichts leichter als das, sollte man denken, aber: Sobald man die kostenlose Umtauschmöglichkeit streicht, dürfte es die Kunden zum Anprobieren wieder in die Läden ziehen statt ins heimische Ankleidegemach. Eine böse Falle, aber Zalando hat immerhin schon mal das Geschäftsmodell der Börse verstanden und ein kostenloses Umtauschrecht der Aktie nicht eingeräumt. Bei Rocket Internet hätte man vielleicht einen kleinen zeitlichen Sicherheitsabstand halten sollen zu Zalando.
So dürften manche das Abschmieren des einen gleich als böses Zeichen für den anderen verstanden haben. Die ausgebenden Banken haben sich in jedem Fall – wieder einmal – nicht mit Ruhm bekleckert. Was manche Euphoristen schon als Zündung einer neuen Aktienkulturstufe in Deutschland gefeiert haben, kann in näherer Zukunft eher als abschreckendes Beispiel dienen. Das ist eigentlich schade. Denn junge Firmen, die man an der Börse brauchen könnte, und welche die Börse brauchen könnten, gibt es in reicher Zahl. Wer etwas auf sich hält, wird an eine amerikanische Börse gehen. Wer sich nicht sicher ist, lässt es ganz.
Der Börsengang der beiden Internetfirmen wäre eine schöne Gelegenheit gewesen, mit Bescheidenheit, Preiszurückhaltung und etwas Augenmaß ein gutes Beispiel zu geben. Stattdessen wurde getönt, posaunt, aufgetrumpft, in einer grottigen Pressekonferenz (Rocket) peinlich-englisch mit verbalem Bullshit um sich geworfen und am Ende das Ding ausgereizt. Lassen Sie uns in fünf Jahren mal wieder über Börsenkultur reden.