So gehen die Gauchos (pleite)
Argentinien hat eine lange Tradition von staatlichen Bankrotten; aber, mit Verlaub, das können sie etwa dem Heiligen Römischen Reich nicht das Wasser reichen. Als Argentinien noch nicht einmal entdeckt war von den Konquistadoren, mussten Banker aus Augsburg schon Päpsten und Kaisern den Offenbarungseid abverlangen.
Argentinien hat eine lange Tradition von staatlichen Bankrotten; aber, mit Verlaub, das können sie etwa dem Heiligen Römischen Reich nicht das Wasser reichen. Als Argentinien noch nicht einmal entdeckt war von den Konquistadoren, mussten Banker aus Augsburg schon Päpsten und Kaisern den Offenbarungseid abverlangen.
Der hieß damals zwar noch nicht so, eine Offenbarung war es trotzdem, und vor allem ratsam: Unfreundliche Gläubiger landen schnell mal in irgendwelchen Kerkern. Von späteren Währungsreformen mit Schuldenschnitt und allem was dazugehört ganz zu schweigen. In Argentinien also erklärt man sich „technisch“ für zahlungsunfähig, obwohl noch Geld in der Staatskasse ist. Aber man gönnt es den amerikanischen Hedgefonds nicht, die nach der vorerst letzten Pleite 2001 die praktisch wertlos gewordenen argentinischen Staatsfonds aufkauften – jene waren praktischerweise in Dollar begeben worden, um Skeptiker anzulocken.
Wären die mal nur skeptisch geblieben. Jetzt bekommen sie nicht einmal ihre Zinszahlungen, weil jene acht Prozent der Papiere, die in den Händen der GGs sind, der gierigen Geier, zum Einfrieren durch einen gestrengen New Yorker Richter geführt haben. Empörung allerorten – vor allem Argentinien und mit ihm fast alle südamerikanischen Staaten fühlen sich ausgesaugt (was Geier nun genau genommen nicht tun; die fleddern nur Leichen). Rein formalistisch gilt nun aber mal, dass Kredite bedient werden müssen – auch von Staaten, und erst recht von diesen. Wäre das nicht so, gäbe es keinen Kredit und damit auch keine Investitionen. Staatspräsidentin de Kirchner verschwendet momentan aber offenbar keinen Gedanken an Recht und Pflicht. Wenn das Land nicht will, dass es zahlen muss, dann soll es sich eben nichts leihen, und schon gar nicht in New York.
Die beteiligten Hedgefonds wiederum haben spekuliert, und das kann auch mal schiefgehen: Wer Staatsanleihen zu einem Bruchteil des Nennwertes kauft, spekuliert auf eine gigantische jährliche Rendite. Eine garantierte Rückzahlung ist da naturgemäß nicht übertrieben wahrscheinlich. Ein Dilemma gibt es dann auch noch: Vor 13 Jahren führte die „echte“ Staatspleite zu Unruhen, Hyperinflation und anderen häßlichen Szenen. Das will Frau Kirchner vermeiden, diesmal. Der Platz reicht hier nicht aus, sämtliche Pleiten Argentiniens aus der Geschichte aufzuführen. Ein unschuldiges Opfer ist das Land keineswegs, denn es hat Ressourcen von hier bis sonstwo.
Es war, das weiß der Historiker, das Gegenteil des Schwäbische-Hausfrau-Syndroms: Man hat sich nie die Mühe gemacht, mal zwischendurch nachzurechnen, wie die Dinge so stehen. Den Hedgefonds mag zum Troste dienen, dass schon ein legendärer Altmeister mit offenbar wertlosen Anleihen und viel, viel Geduld ein Vermögen machte: Als Lenin nach 1917 die Staatschulden der Zarenzeit nicht zurückzahlen wollte, blieb der Sowjetunion lange Jahre der Kapitalmarkt verschlossen André Kostolany kaufte die nachgeschmissenen Papiere - und verdiente Unsummen, als die Sowjets Jahrzehnte später gezwungenermaßen doch ihre Pflicht honorierten. Also, New York – not all is lost.