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Warum Anleger jetzt nach China blicken sollten

Wie schon nach der Finanzkrise 2008 rettet China auch in der Corona-Pandemie die Weltwirtschaft. Investoren bieten sich vielfältige Chancen – auch dank dem größten Freihandelsabkommen der Welt.

China wächst und scheint die Corona-Pandemie bereits hinter sich zu haben. Für Anleger lohnt ein Blick nach Fernost mehr als je zuvor. (Foto: Shutterstock)

Wie schon nach der Finanzkrise 2008 rettet China auch in der Corona-Pandemie die Weltwirtschaft. Investoren bieten sich vielfältige Chancen – auch dank dem größten Freihandelsabkommen der Welt.

Sie verkam ob der in Europa so heftig wütenden zweiten Corona-Welle und der weiterhin Schlagzeilen produzierenden US-Präsidentschaftswahl zu einem Nebenschauplatz. Die Gründung der größten Freihandelszone der Welt – eine Nachricht unter vielen. Dabei handelt es sich bei dem Mega-Vertrag zwischen 15 Ländern aus Ostasien und Ozeanien nicht nur um ein historisches Ereignis. Die Regional Comprehensive Economic Partnership, kurz RCEP, ist ein Ausrufezeichen der fernöstlichen Welt und ein Fingerzeig in Richtung der des Westens – angeführt von China.

Die Volksrepublik sendet damit in eine Zeit amerikanischer und europäischer Schwäche ein weiteres Signal der Stärke. In China scheint die Pandemie überstanden und die Wirtschaft wieder auf Kurs. Die Normalität kehrt zügig zurück. Im Oktober stieg die Industrieproduktion im Vergleich zum Vorjahr um 6,9 Prozent, die Ausgaben für Verbrauchsgüter im Einzelhandel zogen um 4,3 Prozent an. Gleichzeitig ist die Stimmung unter den chinesischen Unternehmen so gut wie letztmals 2011. Der vom Wirtschaftsmagazin „Caixin“ berechnete Einkaufsmanagerindex PMI stieg für das produzierende Gewerbe im Oktober auf 53,6 Punkte. Im letzten Quartal des Jahres könnte Chinas Wachstum noch einmal an Fahrt aufnehmen. Experten rechnen mit einem Plus von bis zu sechs Prozent. Auf Jahressicht könnte am Ende eines von zwei Prozent stehen, womit China als einzige große Volkswirtschaft der Erde im Corona-Jahr 2020 ein Wachstum verzeichnen würde. Die Investitionen steigen ebenfalls. Die in Immobilien kletterten seit Jahresbeginn um 6,3 Prozent, die Anlageinvestitionen legten um 1,8 Prozent zu, die ausländischen Direktinvestitionen stiegen um 6,4 Prozent.

Chinas Festlands-Index stellt Konkurrenz in den Schatten

Diese Entwicklung spiegelt sich seit geraumer Zeit auch an den Börsen des Landes. Weltweit ist kein Index so stark gestiegen wie der CSI 300, der die größten an den beiden chinesischen Festlandbörsen in Shanghai und Shenzhen notierten Unternehmen zusammenfasst. Alle 4000 dort gelisteten Unternehmen zusammen, kamen im November auf ein neues Rekordmarktvolumen in Höhe von umgerechnet 10,4 Billionen US-Dollar. Die chinesische Börse für A-Shares inländischer Unternehmen außerhalb Hongkongs ist inzwischen die zweitgrößte der Welt.

Insofern man mit sich und der Tatsache, dass China eine Diktatur ist, moralisch im Reinen ist, wird das Land für Anleger immer wichtiger. Gerade jetzt, als die wirtschaftliche Lage nirgendwo so stabil erscheint, wie im Reich der Mitte. „Im Gegensatz zu vielen entwickelten Ländern hat ein Großteil der asiatischen Schwellenländer die Pandemie bisher erfolgreich gemeistert, dadurch könnte sich die gegenwärtige Aktienmarkt-Rally auf das vierte Quartal dieses Jahres und das Jahr 2021 ausweiten“, ist Manraj Sekhon, Chefstratege für Schwellenländeraktien bei Franklin Templeton, optimistisch. „Starke Exportzahlen, ein dynamisches Produktionswachstum, höhere Ausgaben für Luxusprodukte und eine Zunahme der Inlandsflüge bestätigen eine V-förmige wirtschaftliche Erholung.“ Ein wichtiger Treiber derselben ist Chinas Binnenkonsum, den die politische Führung des Landes langfristig auszubauen versucht. Maßnahmen wie die zu Verstärkung des lokalen Luxuskonsums machten sich bereits bemerkbar, meint Sekhon. Die chinesischen Verbraucher hätten ihren Bedarf an Luxusgütern vor der Pandemie weitgehend im Ausland gedeckt, durch neue Zollregelungen stiegen die Umsätze nun im Inland, so der Experte.

China greift immer mehr internationale Investorengelder ab

Es verwundert daher wenig, dass zuletzt bereits immer mehr internationale Investorengelder ihren Weg auf Chinas Aktienmarkt gefunden haben. Schwankungsanfällig bleibt Chinas Inlandsmarkt ob der vielen heimischen Privatinvestoren trotzdem. Das kann sich für kluge Anleger aber sogar auszahlen. „Chinesische A-Aktien bieten Chancen, auch wenn oder gerade weil sie sehr stark schwanken“, erklärt Proji Chatterjee, Asienexperte der Schweizer UBS. Mit geschicktem Stock-Picking lassen sich so überproportionale Renditen erzielen.

Für Privatanleger ist das aber ein eher gefährliches Terrain und wegen eine Reihe von Restriktionen in China ohnehin kaum möglich. Wer langfristig auf Chinas Wirtschaftspower setzen will, der kann das mit ausgewählten ETFs oder auch aktiv gemanagten Fonds, die vor dem Hintergrund eines volatilen Marktes nicht die schlechteste Alternative darstellen könnten, tun. Oder freilich über Investments in Unternehmen, die, wie viele chinesische Tech-Konzerne, in Hongkong oder an der Wall-Street börsennotiert sind.

Die „New Economy“ glänzt

In der Tech- und Internetbranche sehen sie auch beim Vermögensverwalter Carmignac noch viel Potenzial. „Diese Bereiche gehen als die großen Gewinner aus der Tech-Revolution hervor, die sich durch die Krise noch beschleunigt hat“, schreibt Carmignacs Schwellenländerexperte Xavier Hovasse. China-Experte Prof. Dr. Sebastian Heilmann von der Universität Trier sieht „Chinas weltwirtschaftliche Rolle und technologische Innovationskraft noch immer unterschätzt und in internationalen Anlageportfolios krass untergewichtet“. Ähnlicher Meinung ist Torsten von Bartenwerffer, Leiter Multi-Asset beim Schweizer Vermögensverwalter Feri und prophezeit: „Chinesische Hochtechnologie ist der nächste exponentielle Wachstumsmarkt.“

Vielleicht muss es aber auch gar nicht die chinesische Aktie sein. Auch viele europäische Firmen profitieren vom Aufschwung in Fernost. „Die Nachfrage scheint in Branchen wie Infrastruktur, Immobilien, Maschinen und Autos gut unterstützt zu sein“, schreibt Barclays. Kürzlich beispielsweise hat der Yuan in Dollar ein Zwei-Jahreshoch erreicht. Großen Luxusgüterherstellern wie LVMH oder Kering spielt das in die Karten. Die robuste PKW-Nachfrage in China zieht darüber hinaus die Aktien von Deutschlands Premiumherstellern nach oben. Und auch Bergbauunternehmen wie BHP, Glencore oder Rio Tinto profitieren, die große Teile ihres Umsatzes in China generieren.

Unsicherheitsfaktor Peking

Als Unsicherheitsfaktor bleibt der Handelskonflikt zwischen den USA und China, der auch unter Joe Biden nicht beigelegt werden dürfte. „Die Feindseligkeit gegenüber China hat im gesamten politischen Spektrum der USA zugenommen“, gibt sich Franklin Templeton-Experte  Manraj Sekhon skeptisch. Unberechenbar bleibt darüber hinaus der chinesische Staat. Das zeigte sich erst jüngst wieder eindrucksvoll am Beispiel des angestrebten Börsengangs der Alibaba-Tochter Ant Financial. International bereits als der wertvollste aller Zeiten gefeiert, wurde er kurz vor knapp von höchster Stelle verhindert. Gemunkelt wird, dass der Volkspartei um Staatspräsident Xi Jinping der Alibaba-Gründer Jack Ma sonst zu mächtig geworden wäre. Bei all den glitzernden Wachstumsprognosen, sind es Entscheidungen wie diese, die „sichere“ Investments in der Volksrepublik beinahe unmöglich machen.

OG

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