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Evergreens für das Depot

Immer mehr Musiker verkaufen die Rechte an ihren Songs. Stars wie Bruce Springsteen verdienen so auf einen Schlag hunderte Millionen US-Dollar. Längst hat die Finanzindustrie das Geschäft für sich entdeckt. Anlegern eröffnen sich ungeahnte Renditechancen.

(Bild: Shutterstock)

Immer mehr Musiker verkaufen die Rechte an ihren Songs. Stars wie Bruce Springsteen verdienen so auf einen Schlag hunderte Millionen US-Dollar. Längst hat die Finanzindustrie das Geschäft für sich entdeckt. Anlegern eröffnen sich ungeahnte Renditechancen.

Ende 2020 machte auch Bob Dylan mit. Der Literaturnobelpreisträger und zweifellos einer der einflussreichsten Musiker des zwanzigsten Jahrhunderts gab die Rechte an seinen Songs für eine geschätzte Summe von rund 300 Millionen US-Dollar an die Universal Music Group ab. Universal verdient seither mit jedem Klick auf Dylans Songs Geld. Viel Geld. Egal ob auf Spotify, Apple Music, Youtube und Co., ob im Radio, oder auf der Bühne. Immer dann, wenn irgendwo auf dem Planeten Erde ein Dylan-Song läuft, verdient Universal Geld. Und Songs von Bob Dylan laufen immer irgendwo. Die beliebtesten fünf Stücke des inzwischen 81 Jahre alten US-Amerikaners haben allein auf Spotify alle über 100 Millionen Aufrufe. „Knockin‘ On Heaven‘s Door“ und „Like a Rolling Stone“, zwei seiner größten Hits, kommen auf 257 und 270 Millionen Klicks. Das sind Größenordnungen, bei denen sich die mickrigen 0,3 Cent, die man im Schnitt für ein Play auf Spotify bekommt, richtig zu rechnen beginnen. Der große Weihnachtsklassiker „Last Christmas“ hat George Michael 9,7 Millionen Euro pro Jahr eingebracht, bis er 2016 verstarb.

Kein Wunder also, dass immer mehr Unternehmen und Investoren in das Geschäft mit Musikrechten einsteigen wollen – und, wie im Fall Dylan, astronomische Summen dafür aufbieten. Neu ist all das nicht wirklich. Schon 1985 sicherte sich Michael Jackson die Rechte an über 250 Songs der Beatles für 47,5 Millionen US-Dollar. Durchaus neu aber ist die Flut an Musikrechten, die den Besitzer wechseln, die Professionalität mit der Kauf und Verkauf organisiert werden, die Größe der Player am Markt und die Verkaufsbereitschaft von Künstlern, die auf dem Höhepunkt ihrer Karriere stehen. Als Michael Jackson die Beatles-Rechte erwarb, hatten die sich schon seit 15 Jahren aufgelöst. Inzwischen gehört der Rechte-Verkauf fast schon automatisch zum Geschäft. Für rund vier Milliarden US-Dollar sind 2020 Musikrechte hin und her geschoben worden.

Dabei ist es vor allem ein großer britischer Investmentfonds, der in dem Business für Furore sorgt. Der frühere Manager von Guns n‘ Roses und weitere Branchenkenner haben den Fonds mit dem Namen Hipgnosis 2018 aufgelegt. Gemeinsam mit  einigen erfahrenen Top-Bankern haben sie das Investment in Musik damit für fast jeden zugänglich gemacht. 2021 belief sich die Marktkapitalisierung des Fonds schon auf 1,34 Milliarden britische Pfund. Insgesamt hielt er im vergangenen Jahr Rechte an über 60.000 Songs. 14.000 davon sind Top-Ten-Hits.

So gut wie jeden bekannten Künstlernamen findet man mindestens einmal in der Liste. Darunter Miley Cyrus, Dua Lipa, Justin Bieber, David Guetta, Kate Perry, Pink. Auf Spotify gibt es sogar eine eigene Hipgnosis-Playlist. Im Geschäftsjahr 2021 erzielte der Fonds Nettoeinkünfte von 138,4 Millionen Pfund, nach 83,3 Millionen im Jahr zuvor. Teile davon schüttet der Fonds über eine Dividende aus. Aktuell liegt die Dividendenrendite der Hipgnosis-Aktie bei über vier Prozent, der Kurs steht bei 114,6 Pfund und hat über drei Jahre hinweg ein kleines Plus von rund zehn Prozent erzielt. Erstaunlich ist vor allem seine Widerstandsfähigkeit in der aktuell schwierigen Marktphase. Der Kurs läuft seit einigen Monaten mit größeren Schwankungen seitwärts und bekommt vom Abverkauf an den Börsen insgesamt sehr wenig ab.

Das zeigt den womöglichen großen Vorteil von Investments in die Urheberrechte von Musikern. Die großen Hits, ob nun von Bob Dylan, den Beatles oder Pink, sind zeitlose Evergreens. Sie laufen über Jahrzehnte, vielleicht Jahrhunderte in Radio, Fernsehen, auf Bühnen und Streaming-Portalen. Sie sind krisensicherer als jedes Produkt eines Unternehmens. Schließlich sind sie einfach da. Einmal produziert verschwinden sie nicht mehr. Ein echter Evergreen, hält ewig. So etwas wie einen Produktlebenszyklus gibt es in der Kunst nicht.

Immer mehr große Finanzinvestoren haben das Feld inzwischen im Blick. Der Vermögensverwalter Blackstone beispielsweise investierte eine Milliarde Dollar in Hipgnosis. Konkurrent Apollo hat eigenes eine Gesellschaft namens Harbourview gegründet über die ebenfalls rund eine Milliarde in den Erwerb von Musikrechten gesteckt werden soll. Auch KKR gemeinsam mit Bertelsmann, Blackrock und die Allianz-Tochter Pimco sind investiert. Dem Spiegel nach rechnet Hartwig Masuch, CEO der Bertelsmann-Tochter BMG damit, dass in den nächsten Jahren bis zu 300 Milliarden Dollar von Finanzinvestoren für den Erwerb von Musikrechten ausgegeben werden könnten. Jüngst sicherte sich BMG unter anderem die Musikrechte von Tina Turner. Rock-Legende Bruce Springsteen verkaufte seine Song-Rechte für rund 500 Millionen Dollar an Sony Music.

Für die Künstler bedeuten die Verkäufe oft viel Geld auf einen Schlag. Für die ganz großen Stars sind es dann wie im Falle Springsteens oder Dylans auch mal gleich hunderte Millionen. Sicheres Geld, egal ob die Songs auch in zehn Jahren noch laufen oder nicht. Gleichzeitig verlieren die Musiker aber eben ihre Rechte auf ihr geistiges Eigentum. Mit der zunehmenden Nachfrage aus dem Finanzsektor, wird ihre Musik damit am Ende zum reinen Investmentobjekt, das pro Jahr so und so viel Rendite abwerfen muss.

Für Anleger kann das ein lohnenswertes Nischen-Investment abseits der bekannten Pfade sein. Der Musik-Sektor allerdings kommerzialisiert sich weiter. Bob Dylan wird nicht der letzte bleiben, der seine Songs verkauft.

Oliver Götz

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