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Top-Ökonom El-Erian: „Rezession wäre absolut vermeidbar gewesen“

Der Chefberater der Allianz, Mohamed El-Erian, sieht die Schuld der nahenden Rezession in historischen Fehlern der US-Notenbank. Diese hätte von vorneherein anders handeln müssen, klagt der renommierte Volkswirt.

(Foto: Jerome Favre / Picture Alliance_EPA)

Der Chefberater der Allianz, Mohamed El-Erian, sieht die Schuld der nahenden Rezession in historischen Fehlern der US-Notenbank. Diese hätte von vorneherein anders handeln müssen, klagt der renommierte Volkswirt.

Weil die Zinsen stark steigen, fallen an der Börse die Kurse und der Realwirtschaft droht eine schwere Rezession. Die Fed hat im September zum fünften Mal in diesem Jahr den Leitzins angehoben. Dieser steht nun bei 3,25 Prozent. Anfang November, wenn der nächste Zinsentscheid der US-Notenbank ansteht, dürfte er ein weiteres Mal angehoben werden. Fed-Chef Jerome Powell hat mehrfach deutlich gemacht, dass er gewillt ist, allen voran die hohe Inflation in den USA einzudämmen. Dazu sind steigende Leitzinsen notwendig. Eine straffere Geldpolitik hatten Experten auch lange Zeit gefordert, um der massiven Teuerung, die in Europa ebenso wütet, Herr zu werden.

Was erst zu langsam ging, geht jetzt zu schnell

Nun aber geht es auf einmal immer mehr Volkswirten zu schnell. Darunter nun auch dem renommierten Chefberater der Allianz, Mohamed El-Erian. Überraschend deutlich kritisiert der ehemalige PIMCO-Chef und seit 2020 Präsident des Queens’ College an der Universität Cambridge die Geldpolitik der US-Währungshüter. In einem Interview mit dem US-Fernsehsender CBS sprach El-Erian von „zwei großen Fehlern“ der Notenbank, „die in die Geschichtsbücher eingehen und eine schlimme Rezession auslösen werden“. Er habe Angst, so der Star-Ökonom, dass „wir eine Rezession riskieren, die zerstörerisch wird und absolut vermeidbar gewesen wäre“.

Dabei geht es El-Erian gar nicht so sehr um das Handeln der Währungshüter im Hier und Jetzt, sondern um die Vergangenheit, das zu der scheinbar ausweglosen Situation geführt hat, in der sich nicht nur die US-Notenbank aktuell befindet. Die Zinserhöhungen hält er nicht per se für falsch, sie kommen seiner Ansicht nur zu spät und damit zum falschen Zeitpunkt.

Zwei große Fehler

Der erste große Fehler der Fed sei gewesen, die Inflation fälschlicherweise als vorübergehend einzustufen, so El-Erian gegenüber CBS. Der Tenor sei gewesen, dass die Teuerungen temporär seien und wieder zurückgehen würden und, dass sich die Menschen auf keinen Fall Sorgen machen sollten. Der zweite große Fehler sei begangen worden, indem die Fed dann, als den Notenbankern selbst klar wurde, dass die Inflation nicht nur vorübergehend sein würde, nicht in angemessener Weise reagiert hätte. Die Notenbank habe im vergangenen Jahr schlicht zu lange aufs Gaspedal gedrückt, umso stärker müsse sie nun in diesem bremsen. „Das wird uns in eine Rezession führen.“

Selbst Jeremy Powell würde inzwischen von Schmerz sprechen, einer harten Landung. Diese lasse sich wohl nicht mehr vermeiden. Doch all das, was wir jetzt sehen würden, habe seinen Ursprung darin, dass die Fed schlicht und ergreifend zu spät gehandelt habe, wiederholte El-Erian. Die Fed müsse nun nicht mehr nur die Inflation in den Griff bekommen, sondern vor allem auch ihre eigene Glaubwürdigkeit wieder herstellen, forderte er.

Auch Elon Musk und Cathie Wood griffen die Fed zuletzt hart an

Mit seiner Kritik ist El-Erian nicht allein. Zuletzt häuften sich die negativen Stimmen mit Blick auf die Geldpolitik der Fed, die die Zügel deutlich stärker anzieht als beispielsweise die EZB. Auch Star-Investorin Cathie-Wood griff die Notenbanker vor kurzem an, indem sie die jüngste Zinserhöhung im September als „Fehler“ bezeichnete. Vor ihr hatte Tesla-Gründer Elon Musk ähnliches verlauten lassen. Beide sorgten sich in ihren Begründungen um eine nahende Deflation, da sich die Lage aufgrund der erwarteten Rezession und sich auflösenden Lieferkettenproblemen bereits beginne zu entspannen.

Spannend wird sein, ob solche Stimmen mehr werden und inwiefern sie dann die Geldpolitik beeinflussen werden. Gerade mit Blick auf den Aktienmarkt dürfte es deutliche Kursgewinne geben, sollte absehbar sein, dass die Fed bei der Zinserhöhung einen Gang zurückschaltet. Wenn nun sogar der in Expertenkreisen hochgeschätzte El-Erian vor zu hohen Zinsen warnt, sollten Anleger auf jeden Fall wachsam bleiben.

OG

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