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Berkshire Hathaway: Die Hamsterkäufe des Warren Buffett

Wenn der legendäre Investor – und wer ist nach 66 Jahren beruflicher und zuvor in jugendlich-langer Jahre privater Investorentätigkeit nicht legendär? – auf Einkaufstour geht, horcht die Finanzwelt auf. Meist zu Recht, denn die Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway weist eine recht einzigartige Erfolgs-Kurskurve auf.

Wenn der legendäre Investor – und wer ist nach 66 Jahren beruflicher und zuvor in jugendlich-langer Jahre privater Investorentätigkeit nicht legendär? – auf Einkaufstour geht, horcht die Finanzwelt auf. Meist zu Recht, denn die Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway weist eine recht einzigartige Erfolgs-Kurskurve auf.

Von Reinhard Schlieker
 
Die Originalaktie kostet derzeit so um die 480.000 Euro, naturgemäß sind die Tagesumsätze in Hinblick auf die Stückzahlen nicht immer deutlich erkennbar. Bei Berkshire Hathaway-Aktien, ja bei denen ist keine schon viel! Die Schwankungsbreite, zum Beispiel im letzten halben Jahr, beträgt immerhin 36 Prozent, das Leben in Omaha, der Heimat des 92jährigen Börsenmagiers, ist so ruhig dann doch auch wieder nicht. Über zehn Jahre betrachtet, was ja ein gar nicht so exotischer Anlagehorizont ist, konnte man mit drei Papieren zum damaligen Kurs von gut 80.000 Euro bis heute zum soliden Millionär werden und den Lieben sogar noch was schenken.
 
Um die Umsätze auch mit Normalsterblichen zu ermöglichen, erfand man irgendwann im Lebenszyklus die Berkshire „B“-Aktie, die mit derzeit knapp 320 Euro eher schnäppchenhaft daherkommt. Der große Investor wollte nie etwas von Aktiensplits und derlei neumodischem Kram wissen, aber die Bankenwelt drängte auf die B-Edition. Die natürlich ebenso stark anstieg wie das Original.
 
Nun hat sie einen neuen Schub bekommen, denn Buffett und sein ebenfalls betagtes Ko-Genie Charlie Munger, der immerhin auch schon seit den siebziger Jahren dabei ist, nutzten offenbar die innere Einkehr der Coronazeiten zu einigen plausiblen Neu-Engagements. Wie immer entlang der Linie des eingefleischten Value-Investors, nur zu kaufen, was einen inhaltlich begründbaren Erfolg in der Zukunft verspricht. Früher hatte Buffett einmal die Anforderung an sich selbst und die unter dem Dach der Berkshire Holding versammelten Unternehmen formuliert, in sein Portfolio gehöre nur, was er auch verstehe. Allerdings wurde er diesem Anspruch schon strenggenommen untreu, als er einst bei Coca Cola einstieg (nun hat auch niemand etwas von Gesundheit gesagt, oder?): Denn wer Cola wirklich versteht, ist vermutlich nur der Chef-Lebensmittelchemiker und derjenige mit dem Tresorschlüssel, wo das Rezept verwahrt wird. Aber Buffett verstand etwas von Durst, und der Verlockung süßer Limonade mit Koffeinschuss, und das musste halt genügen. Da auf diese Weise ein Privatvermögen von geschätzten 113 Milliarden Dollar zusammenkam, hat er wohl das meiste ganz gut verstanden. Auch Geheimhaltung.
 
Der jüngste Deal, den Hamsterkauf von 121 Millionen Hewlett-Packard-Aktien im Wert von 4,2 Milliarden Dollar, behielt er wie immer für sich, und Informationen darüber gab es zunächst nur über die Einträge bei der Börsenaufsichtsbehörde SEC. Am Tag nach Bekanntwerden stiegen HP-Aktien um 15 Prozent, und wäre Buffett ein Daytrader, hätte er mit einem Gewinn von freundlichen 630 Millionen Dollar schon wieder verkaufen können. Ist er aber nicht, und wäre er es, seinen Deals würde keine breite Fangemeinde folgen können, schon aus zeitlichen Gründen. Wo Buffett einkauft, ist das stets für später. Wenn er sich von etwas trennt, dann ist es gereift.
 
Und vor diesem Hintergrund sieht man auch, warum seine Top-Positionen zwei Großbanken und ein Computerkonzern sind, oder, im Falle Apple, vielleicht sogar eine dritte Bank, denn Bargeld hat man bei Apple ebenfalls reichlich. Die anderen beiden sind Bank of America und American Express, beides nicht ein Stelldichein ärmerer Leute, und Dividende gibt es auch.
 
Schon ein paar Wochen ist es her, dass Berkshire Hathaway sich im Erdölgeschäft verstärkte – mit dem Einstieg bei Occidental Petroleum, und anschließend noch ein bisschen Versicherung ins Depot brachte mit der Absicht, eine bedeutende Minorität am amerikanischen Versicherer Alleghany zu erwerben. Alles dies begeisterte die Börse, so dass man sich bald fragen könnte, ob denn auch mal etwas misslingt. Da sind noch am ehesten Einbußen während der Finanzkrise nennen, aber lange ist’s her, als seine geliebten Finanzbeteiligungen schwere Rückschläge hinnehmen mussten. Obwohl er Derivate lange Zeit als „finanzielle Massenvernichtungswaffen“ geschmäht hatte, legte seine Berkshire selbst solche Scheine auf – eine der Ungereimtheiten in der Haltung von Warren Buffett, aber die Gewinne daraus waren dann doch willkommen.
 
Um den Mann kursieren eine Vielzahl von Legenden, persönlich ist er aber eine recht normale Erscheinung und lebt nicht in Palästen, sondern einem Vororthaus, spendet viel und reichlich und vertritt die Auffassung, seinen Kindern lediglich einen (ansehnlichen) Grundstock vererben zu wollen, den Rest des Erfolges sollen sie selber machen. Nicht ganz ungewöhnlich, nicht ganz schrullig, aber immer voll im Business. Eine Sorge treibt ihn wohl um: Was der Kurs von Berkshire Hathaway anstellen wird, wenn er sich zurückzieht oder stirbt, aber dafür hat er bereits ein Team aufgebaut, das seine Philosophie fortsetzt. Auch wenn sein Lieblingspartner kaum so viel jünger ist als er selbst.
 
Nach einer überlieferten Anekdote könnte Buffett allerdings seine besten Jahre noch vor sich haben: Angeblich frühstückt er stets Eiskrem, dazu Coca Cola; verklärt durch das Argument, unter Sechsjährigen sei die Sterblichkeitsrate so gering – daher ernähre er sich wie so einer. Am Ende wartet neben den Börsenwundern auch noch ein medizinisches, womöglich.

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