So reisen die Deutschen 2022
Weg vom Massentourismus, hin zur mehr Individualität und Flexibilität: Die Corona-Pandemie hat das Reisen verändert. Das zeigen die Reisetrends der Deutschen für dieses Jahr.
Weg vom Massentourismus, hin zur mehr Individualität und Flexibilität: Die Corona-Pandemie hat das Reisen verändert. Das zeigen die Reisetrends der Deutschen für dieses Jahr.
Neues Jahr, neue Reisepläne: Mit dem Start in ein neues Jahr gehen traditionell mit den guten Vorsätzen auch Urlaubswünsche einher. Obwohl 2022 coronabedingt noch mit einigen Einschränkungen gestartet ist: Die Reiselust der Deutschen ist ungebrochen. Und die Bedürfnisse der Urlauber haben sich im Zuge der Pandemie verändert. Die Zeiten von Pauschaltourismus und Fernreisen sind erst einmal vorbei. Die Reisetrends 2022 versprechen Ziele und Urlaubsarten mit nachhaltiger, individueller und flexibler Erholung vorwiegend in Deutschland und Europa.
Nach fast zwei Jahren Corona-Pandemie voller Hürden und Verbote ist die Lust, wieder unbeschwert zu reisen, groß. Das hat die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen FUR) in ihrer kürzlich veröffentlichten jährlichen FUR-Reiseanalyse ermittelt. So offenbart die Umfrage eine positive touristische Ausgangslage. Die Urlaubslust ist mit 61 Prozent auf einem Höchststand, im Vorjahr waren es 51 Prozent. Passend zum Reise-Nachholbedarf oder zur „aufgestauten Reiselust“, wie sie die Forscher nennen, werden die Faktoren Zeit (72 Prozent) und Geld (70 Prozent) zum Reisen als so günstig eingeschätzt wie seit 2013 nicht mehr.
Trotz dieser ausgezeichneten Voraussetzungen ist laut FUR-Reisanalyse auch in diesem Jahr mit einer geringeren Nachfrage im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 zu rechnen. Laut Experten führe das hohe Interesse nicht automatisch zu einer entsprechenden Nachfrage. Aktuell sind die Deutschen noch zurückhaltend, lediglich elf Prozent der Befragten haben bereits gebucht. Die Unwägbarkeit der wechselnden Corona-Vorschriften führt bei vielen dazu, mit der Planung und Buchung ihrer Reise noch abzuwarten. Insgesamt rechnet FUR mit einem Volumen von 60 Millionen Urlaubsreisen der Deutschen. Das entspricht rund zehn Millionen mehr als 2020, allerdings auch elf Millionen weniger als 2019. Im Vergleich zu 2020/2021 bedeutet dies dennoch einen Schritt in Richtung Normalität – zur Situation vor Ausbruch der Corona-Pandemie.
Deutschland und Europa als Reiseziele
Deutschland war und bleibt das Lieblingsreiseziel der Deutschen. 2021 verbrachten die meisten Menschen ihren Urlaub im eigenen Land – das wird sich wohl auch 2022 fortsetzen. Ein großer Teil der Reisen wird sich laut FUR-Experten in diesem Jahr erneut in Deutschland und Europa abspielen, der Anteil von Flugreisen werde erneut geringer sein als vor der Pandemie. Immerhin sind die Ziele zwischen Ost- und Nordsee und den bayerischen Bergen gut mit dem eigenen Auto erreichbar. Im Vorjahr belegte die Ostsee laut Statista-Umfrage den ersten Platz bei den beliebtesten Reisezielen der Deutschen, gefolgt von den Auslandszielen Österreich und Spanien. Schon vor Corona war Urlaub im Inland beliebt, was die Pandemie aber weiter verstärkt hat.
Individualreisen statt Pauschalreisen
Den ganzen Tag im Rundum-Sorglos-Hotel zwischen Pool und Buffet verbringen? Das wollen immer weniger Urlauber. Es geht zunehmend weg vom Pauschaltourismus und hin zu individuellen Reiseerlebnissen. Heißt: weniger Kreuzfahrten und weniger All-Inclusive-Urlaub. Stattdessen verbringen die Deutschen ihren Urlaub laut Prognosen auch 2022 lieber beim Camping, im Ferienhaus und im individuell gebuchten Hotel. Ein weiterer Trend ist es, Länder zu entdecken, die bislang vom Massentourismus verschont geblieben sind und damit noch nicht so bekannt oder erkundet worden sind. Als Geheimtipps gelten beispielsweise momentan Slowenien, Georgien, Rumänien, die Mongolei, Bhutan, Sri Lanka, Suriname und die Kapverden. Hier bewegen sich die Reisenden abseits ausgetretener Pfade und erleben somit Land und Leute authentischer.
Reiseziele in der Natur
Einmal raus aus der Großstadt und ab in die Natur: Viele Deutsche wünschen sich für ihren Urlaub 2022 Reiseziele mit der Möglichkeit, in der Natur zu verweilen. Sei es an Strand und Meer, bei einem Outdoor-Trip oder dem Urlaub auf dem Bauernhof. Vor allem die Sehnsucht nach Sommer und Sonne, dem Strandurlaub, ist in diesem Jahr groß. So heißt es in der FUR-Reiseanalyse, dass sich vor allem die Destinationen rund um das Mittelmeer wieder von der Corona-Flaute erholen werden. An der Spitze jener Länder stehe Spanien, gefolgt von der Türkei, Griechenland und Italien. Auch der als kontaktarm geltende und seit Corona besonders gefragte Campingurlaub gewinnt laut FUR-Reiseanalyse neue Freunde. Noch nie waren so viele Menschen in Deutschland an Ferien mit einem Wohnmobil (15 Prozent) oder im Caravan (12 Prozent) interessiert. Das Campingfeeling, mitten in der Natur zu wohnen, bietet zudem die ideale Basis für diverse Outdoor-Aktivitäten.
Entschleunigung und Achtsamkeit
Nach fast zwei turbulenten Corona-Jahren mit hohem Stresspegel sucht die Mehrheit der Deutschen nach Entschleunigung. Der Urlaub soll entspannen und der Seele schmeicheln. Ein Großteil der Reisenden gibt zum Beispiel bei einer Umfrage von Booking.com an, dass Urlaub ihrem mentalen und emotionalen Wohlbefinden mehr hilft als andere Formen der Selbstfürsorge. Daher wollen Heimaturlauber und Globetrotter gleichermaßen ihren Urlaub in diesem Jahr vor allem dazu nutzen, um vollends vom Alltag abzuschalten und die Akkus wieder aufzuladen. Passend dazu sagen 73 Prozent der Befragten, dass ihre Urlaubszeit zukünftig absolut arbeitsfrei sein wird. Reisen dient damit vor allem dem eigenen Wohlbefinden und der inneren Balance – sei es im Wellnesstempel oder auf einer einsamen Hütte in den Bergen.
Last-Minute-Urlaub oder Spontan-Reise
Die Pandemie zeigt uns täglich, wie schnell sich Pläne ändern können. So mussten viele Menschen in den vergangenen zwei Jahren ihre Urlaubspläne wieder umwerfen. Stornierungen, Umbuchungen und die Auswahl von anderen Zielen durch laufend neue Restriktionen am ursprünglich gewünschten Urlaubsort sind zur neuen Routine geworden. Die coronabedingten Unsicherheiten bleiben auch 2022. Daher sind die Deutschen jetzt zu Jahresbeginn noch unsicher, ob und wann sie ihre nächste Reise buchen sollen – und warten ab. Reiseexperten erwarten daher in diesem Jahr nur wenig lange im Voraus geplante Reisen. Im Fokus stehen vielmehr Last-Minute-Reisen, beziehungsweise Spontan-Reisen. Wer seinen Urlaub kurzfristig bucht, hat zwar weniger Auswahl als der Frühbucher, dafür kann er besser auf aktuelle Entwicklungen des Infektionsgeschehens reagieren und gegebenenfalls die Reisepläne noch ändern. Ein weiterer wichtiger Trend sind Flexibilität und Spontaneität auch nach dem Buchen: Zusätzliche Sicherheit geben kostenlose Stornierungen oder Umbuchungen, wenn es die Corona-Lage erfordert.
Nachhaltiges Reisen
Weihnachtsshopping in New York oder das verlängerte Wochenende auf Ibiza sind 2022 nicht mehr zeitgemäß. Das Bewusstsein, dass bestimmte Reisen durch ihren enormen CO₂-Abdruck ökologisch eine Katastrophe sind, bewegt Reisende zunehmend zum Umdenken. Nachhaltiger Tourismus ist daher einer der Reisetrends im kommenden Jahr. Hierbei achten Touristen zunehmend darauf, trotz Urlaub ihren ökologischen Fußabdruck so gering wie möglich zu halten. Zum Beispiel durch Inlands- statt Fernreisen, die Wahl des Verkehrsmittels, ökologische Unterkünfte und umweltfreundliche Freizeitaktivitäten. Das nachhaltige Verhalten am Urlaubsort fördern auch der Verzicht auf Plastik, Einkaufen auf lokalen Märkten und die Unterstützung von lokalen Aktivitäten. Denn Urlaub soll Spaß machen, ohne dabei den Planeten zu belasten.