Analysten warnen vor Börsenjahr 2020
Eine schwache Berichtssaison stehe an, die Prognosen würden vorsichtiger, nach der Hausse drohe ein Rückschlag. Und die Geldpolitik könne nicht mehr helfen. Doch „Tina“ und „Fomo“ machen weiterhin Hoffnung
Eine schwache Berichtssaison stehe an, die Prognosen würden vorsichtiger, nach der Hausse drohe ein Rückschlag. Und die Geldpolitik könne nicht mehr helfen. Doch „Tina“ und „Fomo“ machen weiterhin Hoffnung
„Nach der Hausse von 2019 wäre nicht ungewöhnlich, wenn die Börsen zunächst einmal in die Konsolidierung übergehen", warnt Daniel Hupfer, Leiter des Portfoliomanagements bei M. M. Warburg. Hupfer ist nicht alleine. Die Mehrheit der Börsenanalysten blickt derzeit vorsichtig auf 2020. Die Mahner und Warner werden lauter. Vor allem die bald beginnende Bilanzberichtsssaison könne keine starken Impulse für Aktienkäufe liefern: Die Konzernergebnisse dürften vielmehr die Konjunkturschwäche des vergangenen Jahres widerspiegeln, viele Konzernlenker werden eher vorsichtig nach vorn blicken. Die Prognosen für Wachstum und Gewinndürften wohl kaum Schwung bringen.
„Auch die Geldpolitik dürfte wenig spannend werden", sagen die Deka-Analysten. Im Schnitt gehen die Kapitalmarktexperten von eher noch sinkenden US-Leitzinsen aus. Nach Auffassung der Experten wird die lockere Geldpolitik den Unternehmenssektor, der bereits leichten Zugang zu Liquidität hat, nur bedingt zu zusätzlichen Investitionen anregen.
Die Commerzbank hat in ihren Ausblick für das kommende Jahr ein "bewusst konservatives" Ziel verkündet. Mit 13.700 Punkten erwartet sie den deutschen Leitindex Ende 2020 kaum höher als er momentan steht. Konkret erwarten die Analysten der Bank, dass nachlassenden Kräfte auf die Konjunktur und damit auch auf die Stimmung der Anleger wirken. Auf der positiven Seite seien die weiter lockere Geldpolitik sowie ein Waffenstillstand bei den Handelskonflikten. So geht die Commerzbank davon aus, dass US-Präsident Donald Trump im Vorfeld der Präsidentschaftswahl in den USA im November weiter zumindest ein Teilabkommen mit China anstrebt und gegenüber der EU und Deutschland bis auf weiteres auf Autozölle verzichten dürfte. "Diese Politik der De-Eskalation sollte die handelspolitische Unsicherheit 2020 etwas reduzieren, was für die Konjunktur verglichen mit 2019 positiv ist." Allerdings könne der Handelskonflikt nach der Wahl schnell wieder auf die Agenda rücken - forciert durch eine Wiederwahl Trumps oder einen ähnlich protektionistischen Kandidaten der Demokraten. Zudem belaste die schwächelnde Konjunktur in China die Wirtschaft und die Märkte, weshalb die DAX-Konzerne ihre Gewinne laut Commerzbank-Prognose 2020 nur noch um elf Prozent steigern dürften.
Dieses Patt der Kräfte dürfte den DAX nur wenig von der Stelle kommen lassen. "Nach möglichen weiteren Kursgewinnen im ersten Halbjahr steigen in der zweiten Hälfte von 2020 die Risiken", heißt es in dem Dokument, dass die Commerzbank heute an Ihre Kunden verschickt hat. Für Bundesanleihe könne sich entsprechend ein spiegelbildliches Muster mit zunächst eher fallenden und später dann steigenden Kursen abzeichnen. Sie geht zudem davon aus dass die US-Notenbank die Zinsen wegen konjunktureller Risiken und Druck von US-Präsident Trump noch einmal senken wird und der US-Dollar wegen weiter steigender Importe in die USA an Wert verlieren dürfte.
Anderseits waren die meisten Analysten auch für 2019 bereits skeptisch, und dann überraschte das Börse jähr positiv. Optimisten verweisen nach wie vor auf ihr Lieblingspaar der Börsentänze: „Tina“ und „Fomo“. Tina steht für "There is no alternative (to equity)", zu Deutsch: Aktien sind in Bezug auf die Rendite am Kapitalmarkt konkurrenzlos. Fomo steht für "Fear of missing out" und beschreibt die Angst der Anleger, den nächsten Wachstumstrend zu verpassen.
Tina und Fomo könnten auch 2020 die Börsen tanzen lassen. Vor allem, wenn es überraschende Impulse aus den Schwellenländern geben sollte: “Das niedrige Zinsniveau in den USA und Europa lässt den Schwellenländern Spielraum für Leitzinssenkungen, um ihre Wirtschaft zu stimulieren, ohne die eigene Währung zu gefährden", sagt etwa Ulrich Stephan, Chefanlagestratege der Deutschen Bank.
Lesen Sie auch: Bayer: Endet eine Odyssee?