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BioNTech und Co: Diese Unternehmen machen Hoffnung

Die wirtschaftlichen Folgen des Corona-Virus sind desaströs. Unzählige Unternehmen beantragen Kurzarbeit, führende Ökonomen warnen vor einer der schwersten Rezessionen des Landes. Doch nicht alle Unternehmen leiden unter der Krise – es gibt sogar Gewinner.

Wettlauf gegen die Zeit: Weltweit arbeiten Wissenschaftler an einem wirksamen Impfstoff. Je früher dieser gefunden wird, desto schlechter kann sich der Virus ausbreiten (Bild: picture alliance/ZUMA Press)

Die wirtschaftlichen Folgen des Corona-Virus sind desaströs. Unzählige Unternehmen beantragen Kurzarbeit, führende Ökonomen warnen vor einer der schwersten Rezessionen des Landes. Doch nicht alle Unternehmen leiden unter der Krise – es gibt sogar Gewinner.

Autobauer schließen ihre Werke in Europa oder drosseln die Produktion. Auch für Touristik-Unternehmen und Fluggesellschaften sind die Folgen des Coronavirus dramatisch. Airlines streichen weltweit ihre Flugpläne zusammen, Tui beantragt Staatshilfe. Doch es gibt auch wirtschaftliche Profiteure der Krise, die ihre Produktion gerade jetzt kräftig steigern:

Pharma und Biotech

Weltweit arbeiten Wissenschaftler an einem wirksamen Impfstoff. Je früher dieser gefunden wird, desto schlechter kann sich der Virus ausbreiten. Der Verband der forschenden Pharmaunternehmen (vfa) nennt insgesamt 47 Forschungsteams, die unter Hochdruck an der Entwicklung eines neuartigen Vakzins forschen – darunter auch drei deutsche Unternehmen. CureVac könnte bereits im Herbst der Durchbruch gelingen, signalisierte Miteigentümer Dietmar Hopp gegenüber der Bild-Zeitung: „Bei positivem Verlauf könnten wir ungefähr im Frühsommer mit klinischen Tests beginnen.“ Weil der Druck, einen Impfstoff gegen das Coronavirus zu finden, extrem hoch sei, werde es laut SAP-Gründer mit der Genehmigung durch die Behörden schneller gehen als in anderen Fällen. Diesen Zeithorizont hält das für die Zulassung zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) für unrealistisch, schreibt der Tagesspiegel. „In Fällen wie bei dem Impfstoff gegen das SARS-CoV-2 Virus bietet das PEI die Möglichkeit eines Rolling Review, um das Verfahren der Genehmigung zu beschleunigen“, so das Institut. Anschließend müsse die Zulassung bei der europäischen Arzneimittelagentur EMA erfolgen. Trotz beschleunigter Verfahren, brauchen diese Prozesse Zeit. „Vor diesem Hintergrund ist es ausgeschlossen, dass bis zum Herbst ein Corona-Impfstoff zugelassen und damit für alle verfügbar ist“, sagt eine PEI-Sprecherin. Die Markteinführung dauere deshalb so lange, weil Wissenschaftler bei der Entwicklung eines Wirkstoffes „keine Abkürzung“ nehmen können, betont Maryln Addo, die am Hamburger DZIF die Forschung an einem Serum gegen das Virus leitet, gegenüber dem Deutschlandfunk. CureVac ist nicht an der Börse notiert.
BioNTech, das dritte deutsche Unternehmen, das an einem Wirkstoff arbeitet, möchte so schnell wie möglich in die Testphase des Impfstoffes einsteigen: „BioNTech beabsichtigt, vorbehaltlich der behördlichen Genehmigungen, die klinische Studie des Produktkandidaten BNT162 Ende April 2020 zu beginnen“, so das Mainzer Unternehmen. Ähnlich wie bei dem Projekt der Tübinger Firma CureVac soll der Impfstoff Körperzellen dazu anregen, Wirkstoffe zur Abwehr des Virus zu erzeugen. Der Aktienkurs ist in dieser Woche auf ein weiteres Rekordhoch geschossen. In der Spitze stiegen die Papiere um 80 Prozent auf fast 72 Euro. Seit der ersten Börsennotiz im Oktober vergangenen Jahres hat sich der Wert von BionTech verfünffacht.
Doch, weil die Entwicklung eines Impfstoffes wahrscheinlich noch mehrere Monate dauern wird, werden auch Medikamente gegen den Virus erprobt. Das Biotechunternehmen Gilead Sciences aus den USA testet das als Ebola-Medikament gedachte Mittel Remesivir. Damit habe das Unternehmen ein „ganz heißes Eisen im Feuer“, wenn es um die Entwicklung eines ersten Medikaments zur Behandlung des Virus gehe, schrieb Elmar Kraus, Analyst bei der DZ Bank, in einer Studie. Das japanische Unternehmen Takeda will aus dem Blut von Covid-19-Geheilten ein ganz neues Medikament entwickeln. Sollte ein Unternehmen ein wirksames Medikament gegen das Virus entwickeln, könnte der Aktienkurs durch die Decke schießen. Die Kurse der Pharma- und Biotechfirmen, die solche Forschungsrennen verlieren, fallen hingegen oft rapide.

Hersteller von Schutzbekleidung und Beatmungsgeräten

Atemschutzmasken sind kaum noch erhältlich. Dass es zu Lieferengpässen kommt, liegt nicht nur an der starken Nachfrage. Viele der Produkte werden in China produziert. Ein großer Profiteur dieser Krise ist Drägerwerk. Der Medizintechnikkonzern hat von der Bundesregierung einen Großauftrag über 10.000 neue Beatmungsgeräte erhalten. Außerdem soll das Unternehmen Schutzausrüstungen für Krankenhaus-Personal liefern. "Das ist der größte Auftrag, den wir je hatten", sagte ein Sprecher. Das Unternehmen werde die Produktionskapazitäten ausweiten und trotzdem das ganze Jahr brauchen, um ihn abzuarbeiten. Mit Bekanntwerden des Großauftrages stürzten sich Anleger auf die Aktie, die kurzzeitig um satte 68 Prozent in die Höhe schoss. Derzeit sind die Papiere für rund 69 Euro zu haben. Doch berechtigte Zweifel an der Nachhaltigkeit bleiben. Auch beim weltweit führenden Hersteller von Schutzanzügen, Dupont, herrscht seit dem Ausbruch von Covid-19 Hochbetrieb. Der Aktienwert des kleinen kanadischen Schutzkleidungsherstellers Alpha Pro Tech vervierfachte sich innerhalb weniger Tage, bevor er am Crash-Montag wieder absackte. Derzeit kosten die Papiere rund 11 Euro, das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) beträgt aktuell 12,66.

Desinfektionsmittelhersteller

Die Aktienkurse von Desinfektionsmittelherstellern – darunter Reckitt Benckiser (Sagrotan), Paul Hartmann (Sterilium) und Clorox (das US-Pendant zu Sagrotan) – zogen in den vergangenen Wochen stark an, bevor sie ab dem 9. März 2020, dem Tag des Börsencraschs, mit auf Talfahrt geschickt wurden. Die Fakten: Reckitt Benckiser vermelden voll ausgelastete Werke, Paul Hartmann fährt Sonderschichten. „Die Nachfrage nach Masken oder Desinfektionsprodukten ist in den vergangenen Wochen stark gestiegen“, sagt Philipp Hellmich, Sprecher des Unternehmens. Desinfektionsmittel sind so stark nachgefragt, dass sie fast flächendeckend ausverkauft sind. Das Hartmann-Tochterunternehmen Bode Chemie produziert in Hamburg das Mittel Sterillium, das in Krankenhäusern und Arztpraxen zur Desinfektion der Hände genutzt wird. Bei Bode werde derzeit auch am Wochenende gearbeitet. Wie stark das Umsatzplus der Branche sein wird, ist noch unklar.

Videodienste und Onlinehändler

Sogenannte „Stay at home stocks“ erleben Hochkonjunktur. Damit sind jene Unternehmen gemeint, die von den Homeoffice-Regelungen, Quarantänen und Ausgangssperren profitieren. Der Streaminganbieter Netflix gehört ebenso dazu wie der Remote-Konferenzdienst Zoom, der deutsche Screen-Sharing-Dienst Teamviewer oder die Teamkommunikations-App Slack. Unklar ist, wie sich die Krise generell auf Onlinehändler auswirkt. Zwar wurden im Internet spezielle Produkte wie Desinfektionsmittel und Atemmasken – teilweise zu horrenden Preisen – verstärkt nachgefragt, doch dafür gingen die Nachfragen nach anderen Gütern punktuell zurück. Kurzum: Ob Menschen in Quarantäne zu mehr Onlineshopping abseits von Corona-Prävention neigen, wird sich zeigen. Bezogen auf den chinesischen Markt heißt es in einer Analyse der Ratingagentur Fitch: „Wir glauben, dass die Epidemie langfristige Auswirkungen auf das Verhalten der chinesischen Verbraucher haben und den Trend hin zu Onlineshopping-Kanälen beschleunigen wird.“ Sollte Deutschland – ähnlich wie Italien oder Frankreich – eine Ausgangssperre anordnen, könnte der Onlinehandel auch hierzulande stark profitieren. Neben den Supermarktfilialen freuen sich Online-Lieferdienste für Lebensmittel jetzt schon über eine hohe Nachfrage – obwohl sie bisher nicht von der breiten Masse genutzt werden. Das könnte sich ändern: In Berlin berichten Kunden, dass die Termine der Lieferservices von Edeka und Rewe über Wochen ausgebucht sind. Auch der Berliner Essenslieferanten Delivery Hero ist gefragt wie nie, die Aktie legte zwischen Mitte Dezember und Mitte Februar rund 64 Prozent zu.

BAS

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