Der größte Börsencoup des Jahres
Chinas schillernder Internet-Milliardär Jack Ma startet einen gewaltigen Börsengang - ausdrücklich nicht in New York, sondern in Schanghai und Hongkong. Es soll eine Demonstration der neuen Macht Chinas nach der Corona-Krise werden - und die USA alt aussehen lassen.
Chinas schillernder Internet-Milliardär Jack Ma startet einen gewaltigen Börsengang - ausdrücklich nicht in New York, sondern in Schanghai und Hongkong. Es soll eine Demonstration der neuen Macht Chinas nach der Corona-Krise werden - und die USA alt aussehen lassen.
Er ist vierzigfacher Milliardär und Mitglied in der kommunistischen Partei. Er lebt kinderlos, empfiehlt seinen Mitarbeitern aber sechs Mal in der Woche Sex, um viele Kinder zu bekommen. Er wurde als Student von etlichen Universitäten abgelehnt (alleine zehnmal blitzte er in Harvard ab) und ist heute einer der weltgrößten Spender für Bildungsinstitutionen. Als Internet-Unternehmer ist er anfangs schwer gescheitert, und doch gründete er mit Alibaba schließlich einen der größten Onlinekonzerne der Welt mit 117.000 Mitarbeitern und 72 Milliarden Dollar Jahresumsatz. Jack Ma ist der reichste Chinese und ein widersprüchlicher, schillernder Sonderling, ähnlich wie seine amerikanischen Tech-Tycoon-Kollegen Elon Musk, Mark Zuckerberg oder Jeff Bezos.
Nun plant er den globalen Blockbuster-Börsengang des Jahres. Die Finanztochter seines Alibaba-Konzerns, das sich mit 1,3 Milliarden Nutzern zu Asiens dominierendem Unternehmen für mobile Zahlungen entwickelt hat, will weltgrößtes Fintech werden und sucht einige Milliarden frischen Kapitals.„Ant Financial“ ist als Online-Finanzdienst mit PayPal vergleichbar, bietet über seine Apps aber auch Kredite, Versicherungen und Vermögensmanagement an. Der Konzern mit Sitz in der Metropole Hangzhou gilt unter Investoren bereits als „die globale Bank der Zukunft“.
In New York haben sich die Investmentbanker zu früh gefreut
Der Wert des Mega-Fintechs wird unter US-Analysten auf mehr als 200 Milliarden Dollar taxiert. In New York freuten sich Investmentbanker schon auf einen lukrativen Riesen-Börsengang an der Technologiebörse Nasdaq. Doch der Börsengang soll ausdrücklich nicht in New York, sondern in Hong Kong und Shanghai stattfinden. Demonstrativ verkünden die Chinesen, dass man sich am Nasdaq-Star Market der Shanghai Stock Exchange besser aufgehoben fühle als in New York. „Wir wollen die neue Weltfinanzhauptstadt werden. Und dieser Börsengang wird ein Schritt dahin“, heißt es aus China. Der Börsengang der Ant-Group bekommt damit mitten im chinesisch-amerikanischen Handelsstreit eine politische Bedeutung. Der Star Market ist Chinas Antwort auf die Nasdaq. Und mit der Einbindung Hongkongs wollen die Chinesen demonstrieren, dass die Stadt unbedingt zum chinesischen Imperium gehört. Der Status der Stadt als Finanzzentrum Asiens ist umstritten, nachdem Peking Hongkong ein demokratiefeindliches Sicherheitsgesetz auferlegt hat.
Und so fällt die Ankündigung von Jack Ma mit der Nachricht zusammen, dass der Hang Seng einen neuen Index erhalten wird, um die 30 größten Technologieunternehmen zu erfassen, die in Hongkong gehandelt werden.
Ganze Serie hochkarätiger Börsengänge in Shangahi und Hongkong
Der Paukenschlag von Ant ist Teil einer Serie hochkarätiger Börsengänge in Shanghai und Hongkong. Chinas größter Chiphersteller SMIC hat soeben erst 6,6 Milliarden Dollar aus einer Notierung am Star Market aufgebracht, und die Aktien haben sich bei ihrem Debüt bereits verdoppelt. Das E-Commerce-Unternehmen JD.com hat vor wenigen Wochen 4 Milliarden Dollar in einer Zweitnotierung in Hongkong aufgenommen - dies will Peking als Signale verstanden wissen, dass China gestärkt aus der Coronakrise komme.
Jack Ma hatte einige Jahre lang signalisiert, dass er eine gewisse Distanz zum Regime in Peking pflege. Er, der ehemalige Englischlehrer, gab den Kosmopoliten, lobte die christliche Werteordnung des Westens und kaufte sich im Staat New York einen gewaltige Landbesitz zusammen. Mit Blick auf Peking war seine Devise: Unternehmen und Regierung sollten einander zugetan sein, aber niemals heiraten. Heute klingt Ma dagegen betont regimetreu. Bei einer Konferenz im vergangenen November versicherte er den Parteioberen seine Loyalität: "Es gibt kein Land wie China auf der Welt", sagte er. "Mit politischer Stabilität, sozialer Sicherheit und einem Wirtschaftswachstum von mehr als 6 Prozent haben wir das beste Geschäftsumfeld.“ Ma erfüllt damit und mit dem politisch aufgeladenen Börsengang seinen Eid, den er als Parteimitglieder in China hat schwören müssen. Er lautet: "Sei loyal zur Partei, arbeite aktiv, kämpfe für den Kommunismus dein ganzes Leben lang, sei immer vorbereitet, alles für die Partei und das Volk zu opfern, und betrüge niemals die Partei.“
Zum grotesken Rollenspiel des regimetreuen Milliardärs-Kommunisten gehört auch, dass Jack Ma just in Hongkong eine sündhaft teure Privatimmobilie zugelegt hat. Der Kaufpreis von 191 Millionen Dollar für eine vierstöckige Villa mit 920 Quadratmetern Wohnfläche macht das Objekt am Victoria Peak zu einem der teuersten Privathäuser der Welt. Früher residierten in der Gegend die britischen Kolonialherren, mit Jack Ma ist der neue Sachverwalter des kapitalistischen Kolonialismus Pekings angekommen. Der Börsengang wird seine Machtdemonstration.
WW
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