„Kaufen Sie Gold, weil der Aktienmarkt nicht zusammenbrechen wird“
Hollywood-Drehbuchautor Adam Baratta schreibt ein Buch, dass an der Wallstreet einschlägt wie eine Bombe. Es geht um „Die große Geldentwertung“, und es sieht ganz so aus, als hatte Baratta angesichts steigender Inflationsrate einen hervorragenden Riecher fürs Thema. Wer beim Lesen Angst bekommt, für den hält der Autor einen überraschenden Tipp bereit.
Hollywood-Drehbuchautor Adam Baratta schreibt ein Buch, dass an der Wallstreet einschlägt wie eine Bombe. Es geht um „Die große Geldentwertung“, und es sieht ganz so aus, als hatte Baratta angesichts steigender Inflationsrate einen hervorragenden Riecher fürs Thema. Wer beim Lesen Angst bekommt, für den hält der Autor einen überraschenden Tipp bereit.
Eines hält Adam Baratta gleich am Anfang fest: „Ich bin ein Geschichtenerzähler.“ Die Geschichte, die der Drehbuchautor, Filmproduzent und Gründer eines Anlageimperiums erzählt, ist diesmal allerdings eine wahre: Es geht um „Die große Geldentwertung“. So lautet der Titel seines neuesten Buches, das derzeit an der Wallstreet als Lesetipp Nummer eins gehandelt wird.
Die Anlageprofis und Händler werden es mit einem gewissen Schauer lesen. Denn, was Baratta im vergangenen Jahr noch kurz vor Ausbruch von Corona geschrieben, während der Pandemie aktualisiert und jetzt veröffentlicht hat, ist eine ziemlich exakte Vorhersage dessen, was eingetroffen ist: In den USA steht inzwischen bei der Inflationsrate eine fünf vor dem Komma, hierzulande ist sie im August von 2,2 auf drei Prozent geklettert, was jenseits aller Erwartungen liegt. Damit nicht genug: Eine aktuelle Umfrage des ETF-Anbieters Tabula stellt fest, dass 95 Prozent der befragten Investoren in Europa davon ausgehen, dass die Inflationsrate in den nächsten zwölf Monaten oberhalb dessen liegen wird, was Zentralbank und führende Volkswirte bislang für möglich halten. Kommt sie also, die große Geldentwertung? Hat sie sogar schon begonnen? Und was passiert dann?
Baratta lässt sich in die Riege der Crash-Propheten einsortieren, jener Zunft also, die den Zusammenbruch der Finanzmärkte vorhersagt und damit irgendwann todsicher richtig liegt, wobei - wie immer - das Problem der Zeitpunkt ist. Baratta glaubt: Jetzt. Er erinnert an die Weltwirtschaftskrise, die diejenigen, die auf dem Höhepunkt der Goldenen Zwanziger standen, völlig unvorbereitet traf. Und er zitiert einen anderen amerikanischen Geschichtenerzähler, Mark Twain, wenn er schreibt: „Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich.“ Und dann legt er los.
Er beschreibt die „Komplizenschaft“ von Bankern und Regierungen. Die einen, die Banker, sorgen für riesige Spekulationsblasen, die anderen, die Politiker, versorgen sie mit Geld und häufen unbezahlbare Schulden auf, die dann von den Notenbanken finanziert werden müssen. Eine Analyse Barattas ist dabei nicht von der Hand zu weisen: „Die Optimisten dieser Welt sehen den Ausweg darin, unsere Haushalte in Ordnung zu bringen, die Steuern zu erhöhen, den Gürtel enger zu schnallen und unsere Schulden durch eine Kombination von Sparsamkeit und Wachstum abzutragen. Diese Lösung ist ein nicht umsetzbarer Wunschtraum. Jede größere Regierung auf der Welt gibt mehr aus, als sie durch Steuereinnahmen einnimmt, und zwar nicht nur ein bisschen, sondern im großen Rahmen.“ Der Autor kommt zu dem zynischen Zwischenfazit: Der einzige Ansatz, geistig gesund zu bleiben, sei, die Katastrophe zu ignorieren.
Es gibt zwei Stärken, die der filmerfahrene Autor ausspielt: Er kann spannend erzählen, und er liefert plastische Beispiele. Spannend ist es, dem Protokoll zu folgen, in dem die Fed-Entscheidungen während der aufziehenden Corona-Pandemie nachgezeichnet werden. Während der damalige US-Präsident Donald Trump in einem legendären Tweet am 2. März 2020 vom „großen amerikanischen Comeback“ posaunt, senkt Notenbankchef Jerome Powell völlig überraschend wenige Stunden später die Leitzinsen brutal um 50 Basispunkte, der Dow Jones stürzt danach ab, weil alle ahnten: Powell weiß etwas, was Trump nicht weiß. Diesmal war es der Ernst der Lage an der Coronafront, den die Notenbank realistischer engeschätzt hatte als der Präsident. Dass eine Zinssenkung einen Absturz an den Märkten provoziert, war allerdings eine neue Erfahrung. Normalerweise ist es umgekehrt. „Die Wirtschaft begann zu krampfen“, schreibt Baratta. Sie ahnte, dass das Spiel vorbei sein könnte.
Plastisch erzählt sind Barattas Beispiele, was mit dem „smart money“ also dem in Hülle und Fülle gedruckten Geld Abenteuerliches angestellt wird: zum Beispiel Aktienrückkäufe, wie sie auch bei Deutschlands Dax-Unternehmen etwa der Munich Re oder der Allianz gang und gäbe sind. Baratta rechnet vor: Wenn eine Millionen Anteile eines Unternehmens im Umlauf sind und jede Aktie einen Wert von 50 Euro hat, beträgt die Marktkapitalisierung 50 Millionen Euro. Wenn das Unternehmen jetzt beispielsweise die Hälfte der Aktien mit dank Nullzinsen kostenlos geliehenem Geld zurückkauft, sind nur noch 500 000 Aktien im Umlauf, die sich auf ein 50 Millionen-Euro-Unternehmen verteilen. Wie von Zauberhand ist jede Aktie nun 100 statt 50 Euro wert, „wofür die Manager des Unternehmens nichts tun mussten“, die Aktionäre sie trotzdem lieben und Boni, die auf dem Aktienkurs beruhen, kräftig steigen. Die Schlussfolgerung aus diesem Beispiel: Die tolle Nebenwirkung der Nullzinspolitik der Notenbanken, macht die reicher, die eh schon reich sind: die Investoren an den Märkten. Sie treibt Aktien auf Allzeithochs, das aber nicht auf Wachstum, sondern auf Schulden basiert. Und sie sorgt dafür, dass Aktien nichts mehr mit dem tatsächlichen Wert von Unternehmen zu tun haben.
Barattas Fazit aus der Misere ist nicht überraschend, hat aber eine Pointe. Natürlich empfiehlt er, als Mitgründer von Advantage Gold, einer US-Vermögensberatungsfirma, die auf Edelmetalle spezialisiert ist, Gold als schlagende Alternative zu allen anderen Anlageklassen. Aber er sagt nicht: „Kaufen Sie Gold, weil der Aktienmarkt zusammenbricht.“ Sondern er sagt: „Kaufen Sie Gold, weil der Aktienmarkt nicht zusammenbrechen wird.“ Dieses überraschende Ergebnis entspringt der nüchternen Feststellung, dass Notenbanken in der Lage sind, unbegrenzt Geld zu drucken und damit Aktien weiter laufen werden wie geschmiert. Gleichzeitig stellt Baratta aber fest, dass das physische Gold, das in den Tresoren der Notenbanken lagert, stark unterbewertet ist. Im Fall der Fed ist es zum Einkaufspreis von 1972 bilanziert und damit um das 37fache unterbewertet. Wenn die Fed nur anfinge, Gold zu kaufen, und dem Markt signalisierte, sie würde das für beispielsweise 10 000 Dollar pro Unze machen, so würde das mit einem Schlag nicht nur ihre eigene Bilanz um ein Vielfaches stärken, sondern auch die Bilanzen aller anderen Zentralbanken der Welt. Sie alle halten Gold, sie alle profitierten, die Deutsche Bundesbank wäre Gewinner Nummer zwei, weil sie nach den USA die zweitmeiste Menge an Gold hortet. Baratta glaubt, dass genau dieser Mechanismus einsetzen wird, weil er tatsächlich zumindest vorübergehend ein Ausweg aus der Schuldenkrise wäre.
Barattas Buch könnte mit seinen knapp 300 Seiten natürlich auch nur ein Vertriebsratgeber für seine Anlagefirma sein. Vor dem Abkippen in die eine oder andere Verschwörungstheorie ist er ebenfalls nicht ganz gefeit, die Wurzeln als Hollywood-Drehbuchschreiber kann er eben nicht ganz verleugnen. Sie genau sind es aber auch, die das Buch an der Wallstreet derzeit zum Bestseller gemacht haben.
Oliver Stock
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