Wird „Libra“ langfristig zum globalen Zahlungsstandard?
„Es ist gut möglich, dass bereits im kommenden Jahr die ersten privaten Micropayments in Libra abgewickelt werden“, urteilt LBBW-Blockchain-Analyst Guido Zimmermann. Zugleich warnt er aber vor übertriebenen Hoffnungen auf einen schnellen Durchbruch der Digitalwährung.
„Es ist gut möglich, dass bereits im kommenden Jahr die ersten privaten Micropayments in Libra abgewickelt werden“, urteilt LBBW-Blockchain-Analyst Guido Zimmermann. Zugleich warnt er aber vor übertriebenen Hoffnungen auf einen schnellen Durchbruch der Digitalwährung.
Angesichts von weltweit rund 2 Milliarden Facebook-Nutzern und 1,4 Milliarden WhatsApp-Konten habe das Projekt von 28 großen Tech- und Zahlungsdienstleistungsfirmen unter der Federführung des Medienkonzerns zwar ein großes Potenzial, stellt der Analyst in einer aktuellen Studie fest. Es dürfe aber „nicht übersehen werden, dass für einen erfolgreichen Start noch viele absehbare und überraschend auftauchende Probleme gelöst werden müssen.“
Gegen einen raschen Aufstieg der geplanten Kryptowährung zur Weltwährung sprechen Zimmermann zufolge insbesondere die regulatorischen Anforderungen, die Banken und Bankdienstleister bereits heute im Devisenhandel und Zahlungsverkehr erfüllen müssen. „Facebook dürfte Mühe haben, die Behörden davon zu überzeugen, nicht den Vorschriften des Steuerrechts, der Geldwäsche, der Bankenregulierung oder der Einlagensicherung
zu unterliegen“, sagt Zimmermann voraus. Hinzu käme möglicherweise die Wertpapierregulierung, sollte es sich nach Überzeugung der Finanzaufsicht bei Libra gar nicht um eine Währung, sondern um ein Wertpapier handeln.
Libra ist als Stable Coin geplant – Keine Spekulationsblase
Libra ist im Gegensatz zu anderen Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ether als sogenannte Stable Coin geplant. Ein Reservepool an Aktiva wie Bankeneinlagen, oder kurzfristigen Staatsanleihen soll den Wert der neuen Währung zu 100 Prozent decken. Eine Inflation schließt ein solches System aus und auch Spekulationsblasen, wie sie den Wert des Bitcoins in die Höhe trieben, sind nicht möglich, urteilt Zimmermann. Das System entspricht damit in etwa dem geldpolitischen Konzept der sogenannten Real Bills-Doktrin, die die theoretische Grundausrichtung der US-Notenbank Federal Reserve 1913 war. Demnach war jeder US-Dollar durch Gold gedeckt.
Die technischen Herausforderungen, vor denen das Projekt steht, sind in Bezug auf Skalierung und Cybersicherheit immens, urteilt Zimmermann: Die Libra Blockchain sei im engeren Sinne keine öffentliche Blockchain, wie zum Beispiel bei Bitcoin. Es handelt sich
zunächst um ein geschlossenes Netzwerk der beteiligten IT- und Zahlungsdienstleistungsfirmen, die die Organisation der Libra Reserve und der „Blockchain“ beziehungsweise der dezentral verteilten Datenbank übernehmen. Erst langfristig soll die Libra Blockchain zu einer öffentlichen Blockchain auf globalem Niveau wachsen.
Nicht nur im Erfolgsfall sorgt die Kryptowährung dabei selbst für Konkurrenz: „Wie immer der Versuch von Facebook ausgeht, eine globale Kryptowährung aufzusetzen. Es ist anzunehmen, dass in den kommenden Jahren andere Anbieter vergleichbare Versuche starten dürften. Banken und vor allem nicht vertrauenswürdige Zentralbanken wie die von Venezuela oder Zimbabwe bekommen dann neue Konkurrenz“, sagt Zimmermann voraus.
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