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Welcome back, Mr. President!

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Evan Vucci)

Keiner muss Donald Trump mögen. Aber jeder sollte respektieren, dass die Amerikaner ihn wieder im Weißen Haus haben wollen. Sechs Folgerungen aus seinem Wahlsieg.

Von Ansgar Graw

Die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus widerlegt die Vorstellung, dass sich Politik so organisieren lasse wie ein konfliktlösendes Gespräch im Stuhlkreis. Der Republikaner, der Kamala Harris deutlich besiegte, wurde von seinen Wählern nicht in die Ecke gestellt wegen seiner Verurteilungen als Straftäter oder seiner Lügen, etwa dass seine Rivalin die Wiedereinführung der Wehrpflicht plane, sondern belohnt für seine konfrontative Linie im Wahlkampf. Zwar hat Trump oft seine Ansichten und Aussagen verändert – aber er schafft es durch seine polternde Art trotzdem, dabei „authentisch“ zu wirken, anders als politische Profis, denen man Unaufrichtigkeit unterstellt. Hinzu kamen strategische Fehler von Harris, die schon vor Wochen Trumps Sieg wahrscheinlich machten. Und darum wird der 45. Präsident der USA auch der 47. Präsident im Weißen Haus.

Dies sind die sechs ersten Lehren aus dem Sieg von Donald Trump:

1. Erst kommt die Wahl - und dann die Moral

Nicht ethische Erwägungen stehen für einen Großteil der Wähler im Vordergrund, sondern pragmatische Erwägungen: Welchen Kandidaten halte ich für geeigneter, mein Leben und das meiner Familie zu sichern oder gar besser zu machen? Viele verehren den „Make America great again“-Prediger als Heilsbringer, aber andere haben sich die Nase zugehalten und trotzdem für den Kandidaten gestimmt, der ihnen schlicht wirkungsmächtiger und durchsetzungsfähiger erscheint als Harris, die aus dem Zwang der Situation vom Beifahrersitz ins Cockpit wechselte, aber in offenen Primaries mutmaßlich nicht zur Kandidatin der Demokraten gewählt worden wäre.

2. Wirtschaft und Migration bleiben die wichtigsten Themen

Das bestätigen fast alle Umfragen zuvor und auch nach der Wahl. Auf beiden Feldern misst man Trump und den Republikanern mehr Kompetenz zu als Harris. Denn immerhin war die Noch-Vizepräsidentin dabei, als Präsident Biden die Inflation in seinem Land anheizte. Und sie hätte sich schon aus dem Weißen Haus heraus dezidierter für einen Stopp der illegalen Migration einsetzen müssen, um bei diesem Thema Glaubwürdigkeit über das begrenzte Lager der treuen Parteigänger hinaus zu erzielen.

3. Von wegen „alte weiße Männer“

Anders als es die Demokraten über Monate insinuierten, waren es keineswegs nur „alte weiße Männer“, die Trump wählten, sondern zu einem großen Teil Angehörige von Minderheiten, insbesondere Latinos und Schwarze. Latino-Männer votierten US-weit laut den sogenannten „Exit Polls“ zu 54 Prozent für Trump und nur zu 44 Prozent für Harris – während Biden vor vier Jahren in dieser Gruppe noch 59 Prozent holte. Bei den Latina-Frauen lag Harris hingegen mit 62 Prozent vorne – aber auch hier hatte Biden mit 69 Prozent 2020 besser abgeschnitten.

Auch bei den Schwarzen blieb Harris hinter den Zahlen von Biden 2020 zurück. So konnte Trump laut dem Sender NBC in Wisconsin seine Unterstützung in dieser wichtigen Wählergruppe im Vergleich zu 2020 von acht Prozent in 2020 auf etwa 20 Prozent mehr als verdoppeln. Harris holte in Georgia laut FoxNews 83 Prozent der schwarzen Stimmen – doch Biden war dort noch auf 91 Prozent gekommen.

4. Europa muss sich warm anziehen

Trump, der wenig von freien Märkten hält und ganz auf Protektionismus setzt, wird uns nicht spürbar freundlicher behandeln als seinen ökonomischen Hauptgegner China, wenn es zu Fragen von Import und Export und Handelsbilanzen kommt – dabei betrachtet er Deutschland, immerhin Amerikas größter Handelspartner, mit besonderem Misstrauen und Widerwillen. Und Trump wird den Druck erhöhen, dass die Nato-Verbündeten, auch hier Berlin an erster Stelle, ernst machen mit der Erhöhung ihrer Verteidigungsausgaben. „Zeitenwende“ allein als Vokabel reicht ihm nicht. Immerhin hat sich Trump von seinen einstigen Drohungen, die Nato aufzulösen, verabschiedet.

5. Für die Ukraine wird es gefährlich

Entgegen seinen vollmundigen Versprechungen wird Trump nicht am ersten Tag im Amt mit zwei Anrufen in Moskau und Kiew den Krieg beenden. Aber viel spricht dafür, dass der Putin-Bewunderer die Unterstützung für Selenskyj massiv reduzieren wird. Und die Europäer werden mutmaßlich nicht willens sein, die entstehende Lücke an Waffen, Munition und Finanzmitteln zu stopfen. Sollte die Ukraine deshalb schmerzliche Zugeständnisse machen müssen, würde sich die Sicherheitslage in Europa perspektivisch weiter verschlechtern, weil Putin jeden Territorialgewinn als Ermunterung begreifen wird, auf zusätzliche Möglichkeiten zur Wiederherstellung des russischen Imperiums zu lauern.

6. Die Demokratie der USA wird Trumps Wiederwahl überleben

Vielleicht stimmt es, dass der Mann, dem das größte Comeback dieses Jahrhunderts gelang, insgeheim gern ein Diktator wäre, wie es einige seiner früheren Mitarbeiter erzählt haben. Aber die Institutionen sind stark genug, um einem solchen Druck stand zu halten. Schlimmer hingegen ist, dass Trump die Erosion des Vertrauens in die älteste Demokratie der Welt vorantreibt. Wenn er in den nächsten Jahren, nunmehr ausgestattet mit der Autorität des wiedergewonnenen Amtes, seine Fantastereien wiederholt, man habe ihm die „Wahl 2020 gestohlen“ und mithin sei dies ja eigentlich schon sein dritter Wahlsieg, dann wird in Zukunft jede Wahlniederlage in den USA unter Verdacht stehen. Wie will eine Nation, die in großen Teilen nicht an die Funktionalität des eigenen Systems glaubt, in der Welt für Demokratie und das westliche Politik-Modell werben?

Das Fazit? Der Wahlkampf ist vorbei. Jetzt gilt es, mit dem neuen alten Amtsinhaber im Weißen Haus zu einer konstruktiven Zusammenarbeit zu kommen. Keiner muss Trump mögen, aber jeder sollte respektieren, dass ihn die Mehrheit der Amerikaner erneut als Präsidenten haben wollte.  

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