Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Märkte > KI-Panel

„Wir waren noch nie Weltspitze“

(Foto: WMG)

Im Rennen um die besten KI-Systeme spielen Deutschland und Europa nur eine Nebenrolle. Um nicht gänzlich den Anschluss zu verlieren, muss sich einiges nun sehr schnell ändern, wie Experten auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel fordern.

Wo steht Deutschlands Wirtschaft auf dem Weg zurück in die Weltspitze und ist die hiesige, so zukunftsweisende Digitalbranche im globalen Kontext überhaupt noch wettbewerbsfähig? Es reichen ein paar Fakten, um sehr schnell zu erkennen: Aktuell dominieren in diesem Feld China und die USA. Deutschland spielt da allenfalls eine Nebenrolle. Umso mehr ist es an der Zeit, aktiv gegenzusteuern.

Auf dem Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee werden traditionell die unbequemen Fragen gestellt, der Finger ganz bewusst und besonders in die wirtschaftlichen Wunden des Landes gelegt. Das Ziel: Herausforderungen erkennen, annehmen und im besten Fall gleich gemeinsam Lösungen erarbeiten. Ob nun auf oder neben der Bühne, beim gemeinsamen Lunch oder mit Blick auf den in diesem Jahr zumindest am ersten Gipfeltag noch schneeregenverhangenen See.

Wenig Patente

In Sachen Rückstand bei künstlicher Intelligenz (KI) schmerzt der Finger in der Wunde derzeit besonders. Große Digitalkonzerne sind in Deutschland ohnehin schon Fehlanzeige, nun droht die Bundesrepublik erneut einen Megatrend, vielleicht sogar eine der größten wirtschaftlichen Revolutionen aller Zeiten, zu verschlafen. Bei generativer KI sei die Anzahl der Weltklassepatente seit 2021 von 800 auf 1600 gestiegen, erklärte Kai Gramke, Geschäftsführer der Analysefirma EconSight, beim 10. Ludwig-Erhard-Gipfel. Die überwiegende Mehrheit der Patente komme dabei aus den USA und China. Gerade einmal einhundert kämen aus Europa, für die Hälfte davon immerhin sei Deutschland verantwortlich.

Auf Dauer ist das zu wenig. Vor allem, weil besonders aus China längst nicht mehr nur viele, sondern inzwischen auch qualitativ hochwertige Patente kämen, weiß Gramke. Mit Blick auf die Dynamik sei China, was KI angeht, der größte Konkurrent, vom Niveau her seien es – vor allem durch das Silicon Valley – noch die USA.

„Wir müssen mehr Mut haben“

„Wir waren noch nie Weltspitze und wir müssen uns sehr anstrengen, dass wir das Rennen mit China und den USA nicht verlieren“, prognostizierte deshalb Angelika Gifford, Vice President EMEA beim Facebook-Konzern Meta. „Wir sind relativ weit weg von der Weltspitze, ja“, pflichtete ihr Andrea Alboni, Regional President Western and Northeastern Europe von Universal Robots, bei. Aber er sehe auch das Positive. „Wir haben eine solide Wirtschaft in Europa und in Deutschland, wir müssen nur wieder mehr Mut haben.“

Das Problem hierzulande sei eine gewisse Perfektionitis, erklärte der Manager schmunzelnd. Deutschland sei ein Maschinenbauland, an oberster Stelle stehe die Prozesssicherheit. Ab einem gewissen Punkt sei es aber zu viel der Sicherheit und des Perfektionismus. „Es fehlt diese unternehmerische Risikobereitschaft, damit sich disruptives Potenzial entfaltet.“ Gifford, die aus San Francisco zugeschaltet war, ergänzte: In Kalifornien höre sie meistens die Frage: Wie kann ich das nutzen? In Deutschland fragten die Leute hingegen: Soll ich das nutzen?

Hervorragende Grundlagenforschung

Das kennt auch Dagmar Schuller, CEO & Co-Founder von Audeering. „Anderswo kommt das Risiko als zweites, die Chance als erstes“, sagte die Unternehmerin. Bevor Audeering in den deutschen Markt gegangen sei, habe man deshalb zunächst in den USA, im englischsprachigen Europa und auch in Saudi-Arabien investiert. Dort herrsche eine grundpositive Akzeptanz gegenüber neuen Technologien, welche sie sich auch für Deutschland wünschen würde.

Schuller will aber ebenso noch etwas Positives gehört wissen: „In der Grundlagenforschung sind wir auch bei KI Weltspitze.“ Es gebe einige Professoren aus Deutschland die in der KI-Forschung international zur Speerspitze gehörten. Es gehe nun vor allem darum, endlich einmal von der Grundlagenforschung auch in die Umsetzung, in die Skalierung zu kommen.

Auch das hat etwas mit Mut zum Risiko zu tun. Davon will auch Kai Beckmann, Mitglied der Geschäftsleitung beim Chemie- und Pharmakonzern Merck, mehr sehen. Es könne nicht sein, dass immer nur darüber gesprochen werde, wie man am wenigsten hoch verliere, bemängelte der Top-Manager auf dem Podium.

Sie können den Ludwig-Erhard-Gipfel live unter www.leg-live.de verfolgen. Den Ticker zum Gipfel finden Sie hier.

Ähnliche Artikel