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Ist die SAP-Aktie nach den starken Zahlen ein Kauf?

Die Ergebnisse von Europas Software-Krösus sind im zweiten Quartal des Jahres besser ausgefallen, als erwartet. Zudem zeigt die neue Cloud-Strategie eine erste positive Wirkung. Eigentlich sieht alles gut aus - bis auf der Aktienkurs. Anleger verkauften die guten Zahlen. Warum, und was nun?

(Foto: Shutterstock)

Die Ergebnisse von Europas Software-Krösus sind im zweiten Quartal des Jahres besser ausgefallen, als erwartet.  Zudem zeigt die neue Cloud-Strategie eine erste positive Wirkung. Eigentlich sieht alles gut aus - bis auf der Aktienkurs. Anleger verkauften die guten Zahlen. Warum, und was nun?

Das größte deutsche Softwareunternehmen SAP hat die Berichtsaison hierzulande eröffnet. Und die vorgelegten Zahlen können sich sehen lassen. Im zweiten Quartal hat sich das Wachstum des Cloud-Geschäfts weiter beschleunigt. Das Betriebsergebnis konnte so währungsbereinigt um drei Prozent auf 1,92 Milliarden Euro gesteigert werden. Die Umsätze legten ebenfalls um drei Prozent auf 6,67 Milliarden Euro zu. Gerechnet wurde zwar mit einem Quartalsumsatz in dieser Höhe, allerdings nur mit einem Gewinn von 1,61 Milliarden Euro. Bereits im ersten Quartal konnte SAP einen Anstieg des Cloud-Umsatzes verzeichnen, was ein Indikator für den zukünftigen Umsatzstrom der Walldorfer ist.

Mit den vorgelegten Ergebnissen dürfte der Schock aus dem Oktober vergangenen Jahres endgültig verdaut sein. Das Unternehmen überraschte damals die Anleger mit einer Prognosesenkung, was zu einem Ausverkauf der Aktie um 23 Prozent führte. Die Pandemie hinterließ deutliche Spuren in der Bilanz. Der einzig richtige Ausweg des Managements war die beschleunigte Verlagerung des Geschäfts in die Cloud. Die Transformation sollte allerdings Zeit benötigen, und genau darin lag und liegt noch die Chance für Anleger, die bei der billigeren SAP-Aktie zugegriffen haben.

Mammutaufgabe für CEO Klein

Nun, knapp neun Monate später lassen sich erste Erfolge der Strategie erkennen. Die Kundenzufriedenheit befindet sich auf einem Allzeithoch. Die Strategie geht auf. Noch ist der Konkurrent aus den USA, Oracle, den Walldorfern bei der Umstellung auf die Cloud voraus. Im ersten Quartal stieg der Umsatz von Oracles Cloud-basierter ERP-Software um 46 Prozent, während das neuere, konkurrierende Cloud-Produkt von SAP um 36 Prozent zulegte. Und der gesamte Cloud-basierte Umsatz von SAP wuchs lediglich um sieben Prozent.

SAP-Chef Christian Klein erwartet, dass sein Unternehmen den Umsatz aus dem Cloud-Geschäft bis 2025 verdreifachen kann. Während ein Teil davon aus der Verlagerung bestehender Kunden in die Cloud kommen wird, sollen knapp 40 Prozent aus Neugeschäft stammen. Ein ambitioniertes Ziel für den 41-jährigen, der zu den jüngsten Führungskräften in der Softwarebranche zählt. Klein führt SAP durch eine stürmische Zeit, da die Umstellung auf die Cloud immer wieder kurzfristige Probleme in der Finanzberichterstattung verursacht. Vorbilder sind durchaus Adobe oder Microsoft, die ähnliche Schmerzen erleiden mussten, bevor Investoren die Anstrengungen früher oder später aber würdigten.

SAP-Aktie bleibt hinter dem Markt zurück

Die Fortschritte im Cloud-Geschäft zeigen sich auch in anderen Kennziffern. Nachdem SAP den Strategiewechsel in Richtung Cloud ankündigte, verzeichnete der Konzern die höchsten Auftragseingänge seit fünf Jahren, und der Auftragsbestand in der Cloud steigt weiter stark an. Damit scheint sich die neue aggressive Strategie also bereits in kürzester Zeit auszuzahlen. Bei den Investoren muss SAP allerdings noch mehr Überzeugungsarbeit leisten. Die SAP-Aktie ist seit Beginn der Pandemie deutlich hinter Oracle, der gesamten Softwarebranche und dem breiten Markt zurückgeblieben. Auf Sicht der vergangenen 18 Monaten ist das Papier um neun Prozent gestiegen, während der Nasdaq Composite um 58 und die Oracle-Aktie um 61 Prozent zulegen konnte.
Die Investoren navigieren weiter nach der richtigen Bewertung des Cloud-Geschäfts und vor allem der daraus resultierenden Umsatz- und Gewinnfantasie von SAP. Dass sich die Effekte, wenn man auf einmal keine Lizenzen mehr verkauft, sondern stattdessen ein 40-Euro-Jahresabonnement anbietet sich zunächst negativ auf die Unternehmenszahlen auswirken, ist keine Überraschung. Vom Umsatz bis zu den Margen sind alle Zahlen betroffen. Allerdings haben sich die Kosten für eine solche Umstellung in der Regel nach drei bis vier Jahren amortisiert. Es liegt in der Natur des Cloud-Geschäfts, dass man Einnahmen im Laufe der Zeit verbucht und nicht Voraus. Außerdem besteht so die Möglichkeit, neue Services zu verkaufen und eine höhere Kundenzufriedenheit als Ergebnis der Cloud-basierten Upgrades zu erreichen.
 
Mehr als nur die Cloud

Die Cloud-Strategie ist aber nur ein Teil des Geschäfts von SAP. Nicht übersehen darf man als Anleger andere Teile des Geschäfts. So hat SAP Anfang des Jahres eine Minderheitsbeteiligung an Qualtrics International ausgegliedert – ein Unternehmen, das es erst 2018 für acht Milliarden Dollar übernommen hatte. SAP behielt jedoch einen Großteil seiner Beteiligung – eine Position, die aktuell etwa 14 Milliarden wert ist und damit rund acht Prozent der derzeitigen Marktkapitalisierung von SAP entspricht.

SAP ist auch Eigentümer von Concur, dem Unternehmen für Reise- und Spesenmanagement, das es 2014 für ebenfalls mehr als acht Milliarden Dollar erworben hat. Concur war ein Grund dafür, dass in den letzten Quartalen die Ergebnisse belastet wurden, da Geschäftsreisen während der Pandemie weitgehend eingestellt wurden. Mit der Wiedereröffnung der Wirtschaft deutet sich auch hier eine Erholung an. Concur könnte sehr bald wieder auf das Niveau kommen, das man vor der Pandemie gesehen hat.

SAP hat im Gegensatz zu Oracle kein Interesse daran, ein Public-Cloud-Geschäft aufzubauen, um mit Microsoft Azure und Amazon Web Services zu konkurrieren. Die gute Nachricht ist, dass diese öffentlichen Clouds zunehmend genutzt werden, um SAPs Software zu betreiben. Infrastruktur war aber noch nie das Geschäft von SAP, sodass man durch die hohen Workloads mit der eigenen Software sehr attraktive Preise von den Cloudbetreibern wie Amazon erhält und eine andere Nische besetzen kann.

Wenn SAP also seine Strategie weiterhin so eindrucksvoll und schnell umsetzt, könnte auch die Aktie zur Konkurrenz und zum Gesamtmarkt aufschließen – jede Menge Aufholpotenzial besteht. Raum für Enttäuschungen ist in einem solchen Transformationsprozess vom Anleger allerdings immer mit einzukalkulieren, wie man im Oktober 2020 gesehen hat.

Eine Analyse von Konstantin Oldenburger, Marktanalyst CMC Markets