Beitrag teilen

Link in die Zwischenablage kopieren

Link kopieren
Suchfunktion schließen
Unternehmen >

Norwid - Tradition aus Überzeugung

In Zeiten von windschnittigen Fahrrädern aus dem Wundermaterial Karbon erscheinen stählerne Drahtesel antiquiert. Eine wachsende Zahl von Herstellern setzt trotzdem auf Stahlrahmen. Mit gutem Grund, wie das Beispiel  Norwid zeigt.

BÖRSE am Sonntag

Lange war Stahl das Rahmenmaterial schlechthin. Bis Ende der 80er-Jahre dominierte der Traditionswerkstoff den Fahrradbau. Egal ob Touren- und Rennräder oder  Mountainbikes  – alle Räder beruhten letztlich auf Stahlrahmen, die je nach Preisklasse geschweißt, gelötet oder aber mit Muffen verbunden wurden. 

Das aber sollte sich bald ändern. In den 90er-Jahren setzte sich Aluminium mehr und mehr durch. Leichter, steifer und unempfindlich gegen Rost, verdrängte das Metall Stahl zunehmend. Nur wenige Firmen hielten dem vermeintlich veralteten Werkstoff die Treue.

Doch seit einigen Jahren gibt es eine Gegenbewegung. Alte Rennrad- und Mountainbike-Rahmen der Traditionswerkstätten sind gesuchte Sammlerstücke. Daneben hat sich eine ganze Zahl kleiner Schmieden etabliert, die im  gehobenen Preissegment Fahrräder aus Stahl anbietet. Das hat keineswegs nur mit Nostalgie zu tun. Denn neben Nachteilen wie hohem Gewicht und Korrosionsanfälligkeit hat Stahl auch handfeste Vorteile. So gilt das Material als langlebig und dank seiner Nachgiebigkeit als komfortabel. Vibrationen und Stöße vom Untergrund werden, anders als bei dem unnachgiebigen Aluminium, gedämpft.  Moderne Stahlsorten können auch beim Gewicht mithalten und last, but not least hat das zeitlose Design der schlanken Stahlrohre noch immer viele Freunde.

Einer der Überzeugungstäter  ist der  Rahmenbauer Norwid. Das Unternehmen aus dem norddeutschen Neuendorf hat sich auf individuelle Lösungen spezialisiert. Die Rahmen werden daher nicht in Standardgrößen angeboten, wie es bei Großherstellern üblich ist. Vielmehr baut Norwid die Rahmen auf Maß. In einem aufwendigen Verfahren, das die Vertragshändler vornehmen, wird Maß genommen und der Kunde erhält  ein Fahrrad, das genau für ihn gebaut ist.

Doch damit nicht genug. Norwid bietet, je nach Einsatzbereich des Fahrrades, die ganze Palette an unterschiedlichen Stahlsorten und Verarbeitungsmöglichkeiten an. Das Team um Firmenchef Rudolf Pallesen setzt dabei auf  die aufwendigste und  eleganteste Form der Verbindung, das Löten. Mithilfe von Silberlot werden die Rohre zusammengefügt. Da die Temperaturen niedriger als beim Schweißen sind, gilt diese Methode als besonders  materialschonend, denn die Materialfestigkeit bleibt  im Bereich der Lötstelle unvermindert. Wenn nach dem Löten die Rückstände entfernt sind, entstehen nahezu übergangslose Verbindungen und keine Schweißnaht trübt die Optik. Die Rahmen wirken wie aus einem Guss.

Ganz klassisch bietet Norwid aber auch Muffen an. Hier werden die Rohre in Muffen mit niedrig schmelzendem Silberlot verlötet. Das sieht nicht nur schön aus, sondern gilt als  eine der stabilsten Möglichkeiten der Stahlverbindung. Je nach Einsatz bietet der Fahrradhersteller zudem unterschiedliche Rohre an. Bei den Mountainbikes und Rennrädern kommen extrem dünnwandige, zugleich aber sehr stabile Stahlsorten zum Einsatz. Zudem stehen speziell geformte ovale Rohre zur Verfügung, um das Verhältnis von Gewicht und Steifigkeit  zu optimieren. Angesichts dieses Aufwands sind die Produktionszahlen der Faröer-Linie, wie die hochwertigen Rahmen heißen, denkbar gering. Lediglich 120 bis 150 Rahmen verlassen jährlich das Werk.  

Derartige Qualität hat natürlich ihren Preis. Um auch den schmaleren Geldbeutel zu bedienen, gibt es die Lofoten-Linie. Trotz der günstigen Preise bleibt sich Norwid bei den Ansprüchen an Material und Qualität aber treu. Verwendet wird ausschließlich Stahl. Große Hersteller stellen die Rahmen nach Vorgaben von Norwid her. Der Rahmenbauer setzt hier auf das Schweißverfahren, legt dabei aber Wert auf  feine, gleichmäßig geschuppte Nähte. Qualität ist auch oberstes Gebot für das Material: Es werden  Rohre verbaut, die an den stärker belasteten Enden dickwandig und in den Rohrmitten dünn und leicht sind.

Der hohe Anspruch von Norwid kommt nicht zuletzt beim Vertrieb zum Ausdruck. Die Zahl der Vertragshändler ist überschaubar. Das entspricht aber ganz der Philosophie des Herstellers, der den Anspruch hat, Räder zu bauen, die so einzigartig sind wie ihre Fahrer.