Anleger irritiert: Zalando pfeift auf Gewinne
Beim Online-Modehändler Zalando ticken die Uhren einfach anders. Im ersten Quartal des laufenden Jahres stand ein dickes Umsatzplus einem äußerst schmalen Gewinn gegenüber. Einige Anleger bekommen kalte Füße, die Aktie ist in einer Kursdelle. Der Zalando-Vorstand und auch viele Analysten beschwichtigen, doch die Aktionäre könnten allmählich die Geduld verlieren. An Ende zählt nämlich nur das Geld – also der Gewinn.
Beim Online-Modehändler Zalando ticken die Uhren einfach anders. Im ersten Quartal des laufenden Jahres stand ein dickes Umsatzplus einem äußerst schmalen Gewinn gegenüber. Einige Anleger bekommen kalte Füße, die Aktie ist in einer Kursdelle. Der Zalando-Vorstand und auch viele Analysten beschwichtigen, doch die Aktionäre könnten allmählich die Geduld verlieren. An Ende zählt nämlich nur das Geld – also der Gewinn.
Zalando ist ein klassischer Emporkömmling aus der Berliner Start-Up-Szene will expandieren und in die Zukunft investieren. Das klingt strategisch sinnvoll, und in einigen Jahren sollen die Aktionäre das tun, was schon jetzt die Kunden in den Zalando-Werbespots tun – das Motto: „Schrei vor Glück!“
Mit diesem Schrei machte Zalando sehr erfolgreich Werbung. Und startete gleichzeitig eine deutsche Internet-Erfolgsgeschichte. Die setzte sich mit kleinen Startschwierigkeiten auch an der Börse fort. 60 Prozent Kursgewinn seit dem Börsengang 2014 sind eine Ansage: Der Ausgabekurs lag bei 24,10 Euro, inzwischen steht das Papier von Europas größtem Online-Modehändler bei 38,60 Euro. Vor Glück können also die Zalandos Aktionäre eigentlich schon jetzt schreien. Vor allem ab der zweiten Jahreshälfte 2016 schnellte der Anteilsschein des Berliner Unternehmens in die Höhe, was zunächst daran lag, dass man seine Gewinnziele anhob, ehe dann im Herbst selbigen Jahres feststand, dass der Versandhändler tatsächlich mehr Geld als erwartet verdient hatte.
Über das gesamte Jahr 2016 setzte das inzwischen knapp 12.000 Mitarbeiter starke Unternehmen 3,6 Milliarden Euro um, was einer positiven Steigerung von 23 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Besonders erfreulich: Nicht nur der Umsatz stieg, auch das Ebit hatte sich auf 216,3 Millionen Euro verdoppelt. Am Ende stand ein Nettogewinn von 120,5 Millionen Euro zu Buche. Noch dazu konnte man im letzten Quartal 2016 zum ersten Mal die Milliarde beim Umsatz knacken; ein hervorragendes Weihnachtsgeschäft hatte daran großen Anteil. Die Ebit-Marge für das vergangene Jahr lag bei 5,56 Prozent. Die wohl wichtigste Erkenntnis: Mode über das Internet verkaufen kann profitabel sein. Das hatten die Zalando-Gründer auch immer wieder betont, geglaubt aber haben zunächst nicht viele daran.
Und genau jene werden sich in ihrem Glauben jetzt wieder bestätigt sehen, denn nun legte das Modeunternehmen die Zahlen für das erste Quartal 2017 vor. Wieder ging es mit dem Umsatz nach oben. Im Vergleich zum Vorjahresquartal wohl um 22 bis 24 Prozent auf einen Betrag, der zwischen 971 und 987 Millionen Euro liegen dürfte. Doch diesmal machte der Gewinn nicht mit. Und genau der war es ja, der dem Zalando-Papier 2016 und auch zu Beginn diesen Jahres so viel Auftrieb gegeben hatte und dessen Kurs zwischenzeitlich auf über 40 Euro katapultierte.
So verwundert es wenig, dass auch Anleger und Aktienkurs nicht mitmachten bei der weiteren Reise nach ganz weit oben. Für das abgelaufene Quartal lag der Ertrag bei schwachen zehn bis 30 Millionen Euro, was zu einer äußerst mickrig anmutenden Marge von gerade einmal einem Prozent führt. In der Spitze verlor der Zalando-Anteilsschein seit Veröffentlichung der Zahlen demzufolge sieben Prozent an Wert.
Freilich ist das erste Jahresquartal für die Modebranche im Allgemeinen ein traditionell ausbaufähiges. Weihnachten hat viele Kunden vorerst gesättigt. Und der Winterschlussverkauf drückt auf das Ergebnis. Trotzdem war der extrem niedrige Gewinn für viele Aktionäre eine Enttäuschung. Überhaupt konnte die Aktie des Online-Händlers das MDax-Tempo des laufenden Jahres bisher nicht mitgehen. Das sorgt für Verunsicherung bei den Anlegern und ruft zunächst einmal Gewinnmitnahmen hervor.
Auf Jahresfrist bleibt die Aktie aber interessant. Zumal viele Analysten dem Papier weiter freundlich gesonnen scheinen. Thomas Maul, Analyst bei der DZ-Bank, hat wegen des niedrigeren Ebit noch keine Sorgen: Die Kollektionen für das Frühjahr und den Sommer würden größtenteils zu niedrigeren Preisen veräußert als die für den Herbst und Winter. Hinzu käme, dass das erste und dritte Quartal Schlussverkaufszeiträume beinhalten. Sein Kursziel daher: 42 Euro.
Analysten sehen mehr Potential als Risiko
Auch die Analysten von RBC Capital sind optimistisch. Der Modehändler weise gute Möglichkeiten auf, seinen Marktanteil in Europa auszubauen. Der Handel mit Kleidung im Internet werde schließlich weiter wachsen. Hinzu kommt, dass Zalando im Vergleich mit anderen deutschen Textilunternehmen, die an der Börse notiert sind, deutlich vorn liegt. Tom Tailor oder Hugo Boss können mit dem Zalando-Kurs schon lange nicht mehr mithalten.
Gleichfalls optimistisch zeigt sich Zalando selbst. „In Summe ist es sehr gut gelaufen im ersten Quartal. Wir konzentrieren uns auf unsere langfristigen Ziele und bauen gleichzeitig unser Geschäft mit hohem Tempo aus“, sagte Co-Vorstandschef Rubin Ritter. Man investiere, um schnell zu wachsen.
Diese Aussagen kommen bekannt vor. Jeff Bezos, Gründer des Online-Giganten Amazon nutzte und nutzt sie ebenfalls in vertrauter Regelmäßigkeit. Bezos ist es aber auch, der beweist, dass sich mit dieser Strategie unverschämt hohe Marktanteile gewinnen lassen. Und so könnte Amazon weiter mit ein Grund dafür sein, weshalb die Zalando-Aktie trotz des aktuellen Rückschlags neue Höhen erklimmen könnte. Freilich sind die Kalifornier gleichzeitig auch Konkurrenten. Bisher scheut sich der Konzern aber noch mit dem vollen Angriff auf den Modehandel im Netz.
Zalando dagegen tut sein Bestes, die Konkurrenz im Vergleich klein und schwach zu halten. In diesem Jahr wollen die Berliner 200 Millionen Euro investieren, unter anderem in Infrastruktur und Automatisierung. Das sind zehn Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Zusätzlich sollen bis zu 2000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Auch über Zukäufe denkt man nach. Vor kurzem erst gab Zalando die Übernahme des Einzelhändlers Kickz bekannt, der vor allem im Basketball ein bekannter Name ist. Zudem ist ein neues Logistikzentrum in Schweden in Planung. Es soll den angepeilten Expansionskurs für Skandinavien unterstützen.
Ungeachtet dessen peilt die Geschäftsführung für das Gesamtjahr 2017 eine Ebit-Marge von fünf bis sechs Prozent an. Ob das gelingt, scheint nach dem ersten Quartal und den angekündigten Investitionen dann aber doch ein wenig fraglich. Klar dagegen ist: Zalando bleibt auf Wachstumskurs. Die angekündigte Umsatzsteigerung um 20 bis 25 Prozent klingt realistisch. Zwanzig Millionen aktive Kunden 2016, was einer Steigerung um elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht, können sich ebenfalls sehen lassen. Das Gesamtpaket für Aktionäre aber dürfte gerne einen üppigeren Gewinn beinhalten, sonst könnten sich die Rücksendungen des Zalando-Papiers erhöhen. Und dann heißt es vielleicht beim Blick auf die Kurstafel plötzlich nicht mehr „Schrei vor Glück“. OG