Banca Monte dei Paschi als fatales Beispiel
In Deutschland wurden Gesetze, Vorschriften und Regeln früher meist ernst genommen. In Ländern wie Italien und Griechenland sind Vorschriften, Gesetze, Regeln hingegen oft eher Handlungsoptionen, aber keine verbindlichen Maßstäbe für das Handeln. Die Rettung der Banca Monte dei Paschi zeigt einmal mehr die Italienisierung Europas.
In Deutschland wurden Gesetze, Vorschriften und Regeln früher meist ernst genommen. In Ländern wie Italien und Griechenland sind Vorschriften, Gesetze, Regeln hingegen oft eher Handlungsoptionen, aber keine verbindlichen Maßstäbe für das Handeln. Die Rettung der Banca Monte dei Paschi zeigt einmal mehr die Italienisierung Europas.
Von Rainer Zitelmann
Das drittgrößte italienische Kreditinstitut, die Banca Monte dei Paschi, ist in Wahrheit längst pleite. Nun soll sie mit 20 Milliarden Euro an Staatsgeldern gerettet werden. Vor nicht einmal einem Jahr (!) trat eine EU-Richtlinie in Kraft, nach der zuerst die Eigner und Gläubiger einer Bank zur Kasse gebeten werden sollen. Staatshilfen sollten damit vermieden werden. Von Politikern wurde die Neuregelung in höchsten Tönen als Durchbruch gepriesen – damit sei die Praxis, Banken mit Steuermitteln zu retten, Vergangenheit.
Es ist typisch, dass gleich beim ersten Fall, in dem die Richtlinie angewendet werden müsste, dagegen verstoßen wird. Begründung: Es waren vor allem 40.000 Kleinanleger, die der Bank Geld liehen. Schon als längst klar war, dass die Bank nicht überlebensfähig ist (im Juli fiel sie als einzige europäische Bank beim sogenannten Stresstest durch, was schon eine Kunst ist angesichts der viel zu milden Stressszenarien), liehen ihr Kleinanleger noch erhebliche Mittel. Wird Dummheit auch in diesem Fall mal wieder belohnt?
Permanenter Verstoß gegen Recht und Verträge
Leider ist das keine Ausnahme. Seit Jahren wird in der EU gegen Recht und Gesetz verstoßen. An den Maastricht-Vertrag hält sich längst niemand mehr. Gegen das dort vorgesehene Bail-out-Verbot wird permanent verstoßen. Auch die Regeln der verschiedenen Rettungsschirme, die danach errichtet wurden, sind das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben wurden. Für die sogenannte Griechenland-Rettung werden ohnehin seit Jahren alle Regeln verletzt. Passt eine Vorgabe nicht, wird die „passend gemacht“, also derart hingebogen, dass man hoffen kann, allzu gutmütige Richter würden den Verstoß im Falle einer Klage durchwinken.
Auch die Politik der EZB hat sich längst von den rechtlichen Grundsätzen entfernt, die sie leiten sollen. Unter dem Vorwand der Deflationsbekämpfung und der Geldpolitik erfolgt tatsächlich in gigantischem Maße eine (ausdrücklich verbotene) Staatsfinanzierung. Was die EZB tut, hat mit den in ihren Statuten festgeschriebenen Aufgaben, längst nichts mehr zu tun. Auch hier wird – ganz offensichtlich – das Recht so interpretiert und gebogen, dass es zu dem passt, was man tun möchte (aber eigentlich gar nicht darf).
Das Beispiel der Flüchtlingspolitik
Mit der Flüchtlingspolitik ist es das Gleiche: Merkels Begründung für die Nichtbeachtung des Dublin-Abkommens spricht Bände: Es sei von Anfang an ungerecht gewesen, da es Länder wie Italien und Griechenland einseitig belastet habe. Nun, wenn ein Abkommen die Vertragspartner nicht mehr überzeugt, dann muss man es neu verhandeln. Das ist natürlich in dem Moment nicht mehr möglich, in dem eine Vertragspartei die Maximalposition der Gegenpartei vollständig erfüllt und sich einfach nicht mehr an das Abkommen hält. So war es in diesem Fall: Deutschland hat das Gros der Flüchtlinge aufgenommen, weil sich Merkel nicht mehr an Dublin II hielt. Warum sollen aber die anderen Länder dann bereit sein, das Abkommen zu ändern? Erst eine konsequente Anwendung des Abkommens wäre die Voraussetzung gewesen, um es neu zu verhandeln.
In Deutschland herrscht in der Asylpolitik weithin Regellosigkeit. Wie jetzt deutlich wird, muss ein Asylbewerber nach jahrelangem Verfahren im Fall der Ablehnung kaum damit rechnen, abgeschoben zu werden. Es genügt oft, den Pass wegzuwerfen, um der Abschiebung zu entgehen.
Die Folgen sind fatal: Wenn der Staat seinen Bürgern vormacht, dass Regeln permanent gebrochen und gebogen werden, dann fällt es schwer, Gesetzestreue von den Bürgern zu verlangen. Warum soll ich Strafe für Falschparken bezahlen, wenn die Regierung bei viel wichtigen Dingen permanent gegen geltendes Recht verstößt? Was wir beobachten, ist eine Erosion des Rechtsstaates und eine Italienisierung Europas.
Rainer Zitelmann ist ein deutscher Historiker, Buchautor, Unternehmer und Immobilienexperte.