Das sind die Wasserstoff-Favoriten der US-Investmentbank Jefferies
Analysten des New Yorker Geldinstituts haben die Wasserstoff-Branche an der Börse unter die Lupe genommen und die dabei ihrer Ansicht nach vielversprechendsten Werte identifiziert. In Deutschland bereitet ThyssenKrupp unterdessen den Börsengang seiner Elektrolyseure-Sparte vor. Was am Markt los ist.
Analysten des New Yorker Geldinstituts haben die Wasserstoff-Branche an der Börse unter die Lupe genommen und die dabei ihrer Ansicht nach vielversprechendsten Werte identifiziert. In Deutschland bereitet ThyssenKrupp unterdessen den Börsengang seiner Elektrolyseure-Sparte vor. Was am Markt los ist.
Beim Thema Wasserstoff lässt sich an der Börse leicht der Überblick verlieren. Hier eine Aktie, die durch die Decke geht, dort ein bislang ungekannter Player, den Anleger in den Himmel hypen. Dann plötzliche Kursstürze, Blasen-Angst und Panik-Verkäufe. Kurze Zeit später scheint doch wieder ein Unternehmen auf bestem Wege zum Tesla des Wasserstoff-Sektors zu werden. Es ist ein bisschen, wie bei Kryptowährungen oder einst zur Dotcom-Blase mit dem Internet. Allein die Nennung des Schlüsselwortes Wasserstoff reicht aus, um an den Märkten ein Tohuwabohu auszulösen – im positiven, wie im negativen Sinne.
Jüngstes Beispiel: Deutschlands wohl prominentestes Alt-Industrie-Sorgenkind ThyssenKrupp. Wie zu Beginn der Woche bekannt wurde, plant der in die Jahre gekommene Stahl-Konzern möglicherweise einen Börsengang seines Wasserstoff-Elektrolyseuren-Geschäfts. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete, prüfe man die Notierung von Uhde Chlorine Engineers für das erste Quartal 2022. Das Unternehmen wurde erst 2015 als Joint Venture mit der italienischen Industrie De Nora gegründet. ThyssenKrupp äußerste sich selbst nicht zu den Gerüchten. Fakt ist aber, dass der Konzern gemeinsam mit der Citigroup seit längerem verschiedenen Optionen für die Sparte prüft. Ein Börsengang käme also nicht völlig überraschend.
Wie auch immer. Das erstaunlichste an der Geschichte war der Kurssprung der Aktie, die in der Folge um fast 20 Prozent an Wert zulegte. Nun kommen Optimierungen des Produktportfolios, Aufspaltungen und Börsengänge einzelner Sparten aktuell grundsätzlich gut an am Parkett. Aber diese regelrechte Kursexplosion hatten dann wohl doch auch etwas mit dem Wort Wasserstoff zu tun.
Wie viel Rationalität darin steckt, bleibt die große Frage. Schließlich scheint gerade alles, was irgendwie mit Wasserstoff zu tun hat, an der Börse ein gefragtes Gut zu sein. Oft nur für kurze Zeit, aber immer wieder reicht eine Pressemeldung aus, um Kurse nach oben schießen zu lassen. Es geht in der Branche also vor allem um eine Menge Emotionalität. Und die wiederum ist traditionell kein besonders guter Ratgeber, wenn es darum geht, erfolgreich anzulegen.
Markt für Elektrolyseure könnte bis 2050 um das Viertausendfache wachsen
Ein wenig Licht ins Dunkel bringt in dieser Woche die US-Investmentbank Jefferies. Analyst Will Kirkness nannte in einer Studie ITM Power, Nel ASA und Powercell als seine Favoriten am Markt und empfahl sie zum Kauf. Alle drei Unternehmen sind, obwohl selbst noch jung, in der Branche vergleichsweise etabliert. Kirkness traut den Aktien ein Kurspotenzial von 70, 30 und 20 Prozent zu.
Der große Jefferies-Favorit ist aktuell also ITM Power, das seinen Sitz in Sheffield in Großbritannien hat. Das Unternehmen ist auf Elektrolyseure spezialisiert, also Vorrichtungen, mit denen chemische Stoffumwandlungen herbeigeführt werden können – und damit unter anderem Wasserstoff produziert werden kann. Diesen Anlagen trauen Experten das meiste Wachstumspotenzial zu. Das Wachstum für Vorrichtungen zur Elektrolyse liege beim 800fachen, schreibt Kirkness. Bis 2050 könnte der Markt sogar 1000 bis 4000 Mal größer sein, als zum aktuellen Zeitpunkt.
Nel Asa aus Norwegen und Powercell aus Schweden sind da in der Wertschöpfungskette ein Stück dahinter anzusiedeln. Powercell entwickelt und produziert Brennstoffzellen, Nel ist eine Art Tausendsassa in der Branche und ist an den verschiedensten Projekte, von Tankstellen bis zum Brennstoffzellen-LKW, beteiligt. Beide Werte dürften davon profitieren, dass der Wasserstoff-Markt zwar nicht um den Faktor 800, aber bis 2030 immerhin um das achtfache wachsen könnte. Bis 2030, schätzt der Jefferies-Analyst, dürften die Kapazitäten den Bedarf nicht decken.
Bei solchen Prognosen ist es kein Wunder, das Anleger in eine Art Goldgräberstimmung verfallen und allein beim Wort Wasserstoff hellhörig werden und munter drauf los spekulieren. Allein, auch Analyst Kirkness weist in seiner Studie daraufhin, dass die Bewertungen im Sektor „durchaus anspruchsvoll“ sind. Besonders, da vor 2025 kaum irgendwo mit operativen Gewinnen zu rechnen sei.
Nun kennt man dieses Spiel bereits von Amazon oder Tesla. Diese beiden, an der Börse inzwischen billionenschweren Konzerne, haben auch jahrelang Verluste angehäuft, ehe sie es irgendwann doch in die Gewinnzone schafften und seither zu den wertvollsten Unternehmen der Welt zählen.
Der eine, große Player fehlt immer noch
Die Herausforderung im Wasserstoffsektor aber ist dessen Kleinteiligkeit. Bislang hat sich noch kein Unternehmen als zentraler Player und Technologieführer hervorgetan. Eher ist ein globaler Flickenteppich aus kleinen und kleinsten Start-Ups entstanden, die wiederum über verschiedenste Joint-Ventures und strategische Allianzen versuchen, Entwicklungen voranzutreiben und Märkte zu erschließen. Entsprechend sind Kurssprünge von 1.600 Prozent innerhalb von drei Jahren, wie bei der Aktie von ITM Power, schon auch mal zu hinterfragen, bevor blind eingestiegen wird.
Allerdings ließ sich in den vergangenen Monaten auch eine Konsolidierung im Sektor beobachten. Die Kurse vieler Aktien, unter anderem auch die von ITM, Nel und Powercell sind von ihren Höchstständen Anfang des Jahres weit zurückgekommen.
Wer diese Schwächephase zum Einstieg nutzen will, der sollte vielleicht auch einen Blick auf den E-Wasserstoff Europa Index (25 Prozent plus auf Jahressicht) oder ähnliche Indizes werfen. Mit einem ETF können Anleger breit in die Wasserstoff-Branche investieren und würden sich nicht von einem oder wenigen Unternehmen abhängig machen. Letztes erscheint in der aktuellen Phase jedenfalls als risikoreich. Das Wasserstoff-Tesla ist eben noch nicht gefunden.