Deichmann: Europas Schuhimperium
Cindy Crawford verdiente Millionen mit ihrer Schönheit und kann sich ohne Probleme die teuersten Kleider von Armani bis Versace in den Schrank hängen. Doch in Sachen Schuhe lebt das Supermodel der 1980er- und 1990er-Jahre offenbar nicht auf großem Fuß: Für den Essener Konzern Deichmann, bekannt für preiswerte Schuhe, bringt die Amerikanerin eine eigene Schuhkollektion heraus. Wie alle Frauen liebe sie Schuhe, so die 43-Jährige.
Die Liebe zu Schuhen teilen manchmal auch Männer: Heinz-Horst Deichmann, Sohn des Firmengründers Heinrich Deichmann, hängte für Schuhe sogar eine Karriere als Orthopäde an den Nagel. Der promovierte Mediziner übernahm nach einigen Jahren als Arzt im Jahr 1956 die Firma seines Vaters, die dieser 1913 in Essen-Borbeck als Schuhmacherbetrieb gegründet hatte. Früh verlegte man sich auf den Verkauf von Schuhen, die in der Fabrik hergestellt wurden und dadurch preiswerter waren als von Hand gefertigte Modelle. Das kam bei der Kundschaft gut an. Bald folgten Filialen in anderen Städten. 1963, zum 50-jährigen Firmenbestehen, gab es bereits 16 Deichmann- Geschäfte. Heinz-Horst Deichmann bewies gutes Gespür für die Wünsche der Kunden. Anders als in klassischen Schuh-Fachgeschäften wurden die Schuhe auf Ständern oder Regalen ausgestellt. Man konnte so die Ware einfach in die Hand nehmen und musste nicht erst eine Verkäuferin ansprechen. Ab den 1970er-Jahren expandierte die Schuhkette auch ins Ausland und eroberte sich den Status als deutschland- und europaweiter Marktführer. Heute ist das Schuhimperium Deichmann in 19 Ländern vertreten, sogar in den USA. Über 120 Millionen Paar Schuhe verkauft das Unternehmen jährlich, 2008 waren es über 127 Millionen Paar. Preiswerte, modische Schuhe sind das Erfolgsrezept: Damenpumps gibt es zum Beispiel für 19,90 Euro. Selbst die Modelle aus Cindy Crawfords Kollektion sind mit Preisen zwischen 34,90 und 99,90 Euro vergleichsweise erschwinglich.
Soziales Engagement
Um diese Preise möglich zu machen, werden die Schuhe überwiegend in Asien produziert. Das bescherte dem Unternehmen auch Kritik. So gab es Medienberichte über angeblich schlechte Arbeitsbedingungen bei einem Zulieferer eines Deichmann-Produzenten in Asien. Das dürfte Heinz-Horst Deichmann getroffen haben, denn er ist nicht nur Unternehmer, sondern auch bekennender Christ und fühlt sich einem christlichen Leitbild verpflichtet. Daher hat das Unternehmen sich und seinen Vertragspartnern einen strengen Verhaltenskodex auferlegt. Unter anderem bedeutet das, dass auf die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards geachtet wird, sodass sowohl bei den Zulieferern als auch bei den eigenen Mitarbeitern gute Arbeitsbedingungen herrschen. Die Punkte des sogenannten Code of Conduct sind gegen Kinderarbeit, gegen Diskriminierung gerichtet und betreffen auch Arbeitszeiten, faire Bezahlung, Arbeitssicherheit und Umweltschutz und enthalten die Verpflichtung für den Arbeitgeber, die Einhaltung der Standards zu überprüfen. Hält sich ein Zulieferbetrieb nicht daran, kann Deichmann die Zusammenarbeit beenden. Dass die Situation der Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern Deichmann am Herzen liegt, zeigt sich auch an seinem Engagement für verschiedene Wohltätigkeits- und Hilfsprojekte, vor allem in Indien und Afrika. Sein Sohn Heinrich leitet das Unternehmen seit 1999 im Sinne der christlichen und ethischen Überzeugungen seines Vaters. Obwohl Deichmann längst ein internationales Schuhimperium mit über 2.500 Filialen und mehr als 28.000 Mitarbeitern ist, wird das Unternehmen weiter als Familienbetrieb geführt. Da sich die Ertragslage nach Aussage von Heinrich Deichmann erfreulich gestaltet, will das Unternehmen im laufenden Jahr weiter investieren. 165 Mio. Euro sollen unter anderem in die Eröffnung von 284 neuen Filialen fließen.