Disney setzt auf Onlinevideos
Der US-amerikanische Medienkonzern Walt Disney Company steigt mit einem Paukenschlag ins Online-Video-Geschäft ein: Für 500 Millionen US-Dollar kaufen die Kalifornier das Multikanalnetzwerk Maker Studios. Die Übernahme soll eine millionenstarke Zielgruppe erschließen und die Verbreitung von Disney-Inhalten im Internet deutlich ausweiten. Längst ist in dem weltweit agierenden Micky-Maus-Konzern die Bedeutung von YouTube und Co. klar.
Der US-amerikanische Medienkonzern Walt Disney Company steigt mit einem Paukenschlag ins Online-Video-Geschäft ein: Für 500 Millionen US-Dollar kaufen die Kalifornier das Multikanalnetzwerk Maker Studios. Die Übernahme soll eine millionenstarke Zielgruppe erschließen und die Verbreitung von Disney-Inhalten im Internet deutlich ausweiten. Längst ist in dem weltweit agierenden Micky-Maus-Konzern die Bedeutung von YouTube und Co. klar.
Das Netzwerk Maker Studios wurde 2009 gegründet und belegt den Spitzenplatz für Online-Videocontent auf YouTube, der Videoplattform von Google. Über die Jahre hat Maker prominente Kunden wie Kia, Ubisoft, Pepsi oder Electronic Arts gewonnen. Rund 55.000 Kanäle aus aller Welt stehen bei Maker Studios unter Vertrag, gemeinsam erreichen sie 380 Millionen Abonennten. Mehr als 15 Prozent davon entfallen allein auf den Schweden Felix Kjellberg, der erst kürzlich die 25-Millionen-Marke knackte. PewDiePie und seine „Bros“ bilden damit den meistabonnierten Einzelkanal aller Zeiten. Täglich wird der Rekord aufs Neue gebrochen. Weitere in der YouTube-Szene wohlbekannte Partner sind Tessa Violet, Bart Baker, KassemG, Timothy DeLaGhetto, Peter Shukoff, Lloyd Ahlquist's Epic Rap Battles of History, Angry Joe, TotalBiscuit sowie das Sub-Network Yogscast.
Diese Namen zeigen, welches Potential Maker Studios für Disney birgt. Der Mediengigant, den die meisten wohl hauptsächlich mit Donald Duck, Micky Maus oder Bambi assoziieren, erschließt durch die Übernahme eine riesige junge Usergruppe. Disneys CEO Robert Iger erklärt in einer Stellungnahme, wie man sich die eigene Rolle vorstellt: Die kurzen Clips gewännen mit rasender Geschwindigkeit an Beliebtheit, und durch den Kauf von Maker Studios befinde man sich nun im Zentrum dieser dynamischen Industrie. Zwar produziert Disney generell viele Inhalte für junge Menschen, jedoch haben sich die Gewohnheiten im Medienkonsum stark geändert.
Deshalb sollen in Zukunft eigene Inhalte über das Netzwerk verbreitet werden. Die Onlinesparte wird für Disney damit zu einer Art Experimentierfeld für Fernseh- und Kinoproduktionen. Gleichzeitig bleibt Maker weitgehend eigenständig, wird also nicht direkt in den Disney-Konzern integriert. Somit garantiert der neue Besitzer den Kreativen im Netzwerk, dass sie ihre eigenen Ideen auch weiter umsetzen können und sollen. Man werde zudem prüfen, ob die viralen Stars und Formate in das eigene Programm passen, sagte Disneys Strategie-Manager Kevin Mayer dem "Wall Street Journal".
Der Beinahe-Milliardendeal hilft beiden Seiten
Natürlich hat Robert Iger einen Plan. Geht der auf, erfüllt der Neueinkauf also bestimmte Performance-Ziele, so würden nochmal 450 Millionen Dollar nach Culver City, Kalifornien fließen, wo Maker seinen Sitz hat. Es ist aber schon jetzt die größte Übernahme eines YouTube-basierten Unternehmens, die es je gegeben hat. Disney folgt mit seiner Entscheidung einem Trend, der die Bedeutung des Online-Geschäfts unterstreicht: Der Konkurrent DreamWorks investierte 33 Millionen Dollar in Awesomeness TV, mit Aussicht auf weitere 117 Millionen. Und auch Warner Bros. stieg mit 18 Millionen beim schwächelnden Gaming-Netzwerk Machinima ein.
Konkret bedeutet das: Disney hat die Relevanz von Onlinevideos erkannt, einen zusätzlichen Kanal für Inhalte gefunden und eine Quelle für neue Talente entdeckt.
Für Maker Studios ist der Deal durchaus von Vorteil. Denn das Geschäft mit YouTube-Videos ist relativ riskant, schließlich unterliegt die Kontrolle über das größte Videonetzwerk der Welt beim Mediengiganten Google. Dem Startup-Unternehmen Maker werden trotz enormer Umsatzsteigerungen von jährlich bis zu 300 Prozent weiterhin Verluste nachgesagt. Mit den neuen Geldern erlangt das Multi-Channel-Network (kurz: MCN) eine größere finanzielle Sicherheit, Maker-Chef Ynon Kreiz wird in Zukunft direkt an Disneys Finanzchef Jay Rasulo berichten.
Der Blogger Michael Carney, spezialisiert auf Neues aus dem Silicon Valley, spricht angesichts des Disney-Engagements von einem kollektiven Aufatmen, das die Nachricht im nahen Los Angeles verursachte. Während viele MCNs ein riesiges Publikum erreichten, müssten sie sich zunächst auf Investoren verlassen, um ihre Projekte durchführen zu können. Geeignete Geschäftsmodelle zu finden, sei sehr schwierig. Deshalb habe der Disney-Paukenschlag womöglich positive Folgen für die Online-Video-Szene als solche.
Große Multi Channel Networks: Die Zukunft der Unterhaltungsmedien
Insgesamt ist es die größte Investition seit dem spektakulären Deal mit LucasArts Ltd. von 2012, der sich auf eine Summe von mehr als vier Milliarden US-Dollar belief. Disney baut seine starke Stellung in der amerikanischen Film- und Videoindustrie also stetig aus, mittlerweile gehören auch Marvel Entertainment, Touchstone und Pixar zum Konzern. Die Übernahme von Maker soll in Disneys drittem Quartal abgeschlossen werden.
Nicht nur die Namen, auch die Zahlen beeindrucken: Disneys stetig wachsende Belegschaft umfasste im letzten Jahr 175.000 Mitarbeiter, das waren 9.000 mehr als im Vorjahr. Die Kalifornier konnten 2013 einen Umsatz von 45 Milliarden Dollar erwirtschaften und sind damit klarer Branchenprimus. Während „Walt Disney Pictures“ zuletzt eher Flops produzierte (Lone Ranger), punktet der Konzern besonders in der TV-Sparte. Langfristig scheint der Einstieg ins Onlinegeschäft also sehr hilfreich – und aussichtsreich.
In Deutschland setzen die ersten Unternehmen auf ähnliche Strategien: Die ProSiebenSat.1 Media AG erwarb eine Beteiligung von 20 Prozent an den Collective Digital Studios (CDS). CDS betreibt aktuell rund 600 Kanäle und erreicht monatlich circa eine Milliarde Video Views. In Kooperation mit dem hauseigenen Spezialisten Studio 71 ist der Austausch von Videocontent geplant. Die RTL Group SA, direkter Konkurrent in Europa, ist bereits seit Mitte 2013 mit 51 Prozent an Broadband TV beteiligt, einem MCN mit 7.800 Channels.