Fielmann: Scharfes Auge fürs Geschäft
Vor einigen Jahren waren Brillenträger noch zu gesellschaftlichem Außenseitertum verdammt, denn mit den hässlichen Kassengestellen konnte man sich kaum in die Öffentlichkeit wagen. Man musste schon tief in die Tasche greifen, wenn man kein Einsiedlerdasein fristen wollte. Das änderte sich ab Anfang der 1980er-Jahre, als der Augenoptikermeister Günther Fielmann begann, den Brillenmarkt aufzumischen.
Bei Fielmann gab es nämlich modische Kassengestelle auf Rezept, ohne dass der Kunde für die Extra-Portion Modebewusstsein besonders zur Kasse gebeten wurde. Nulltarif lautete das Schlagwort: Nur die Rezeptgebühr musste gezahlt werden. Dank dieser cleveren Idee, den günstigen Preisen und der Unterstützung durch reichlich Werbung, war es kaum verwunderlich, dass Fielmann Erfolg hatte. 1994 ging das Unternehmen an die Börse, um Kapital für weiteres Wachstum einzusammeln. Fielmann- Filialen wurden in ganz Deutschland und schließlich auch in den benachbarten Ländern, wie der Schweiz, den Niederlanden, Österreich, Polen und Luxemburg eröffnet – inzwischen sind es rund 620.
Stets neue Ideen
Seit 2004 sind volljährige „Brillenschlangen“ übrigens finanziell auf sich gestellt, denn die gesetzlichen Krankenkassen zahlen, abgesehen von wenigen Ausnahmen, nichts mehr für Brillen. Fielmann nutzte dies für einen weiteren Coup: In Zusammenarbeit mit HanseMerkur wurde die sogenannte Nulltarif- Versicherung eingeführt. Gesetzlich versicherte Brillenträger erhalten für eine jährliche Prämie von 10 Euro alle zwei Jahre eine neue Brille mit Einstärkengläsern zum Nulltarif. 2005 konnte die Optik-Kette daher den Brillenabsatz um 11 Prozent und damit überdurchschnittlich steigern. Trotz der niedrigen Preise verfolgt das Unternehmen hohe Qualitätsansprüche. Wer mit seiner Bille nicht zufrieden ist, kann sie umtauschen oder sich das Geld erstatten lassen. Damit es aber gar nicht so weit kommt, arbeiten in allen Filialen ausgebildete Augenoptiker. Für das nötige Fachwissen legt sich das Unternehmen kräftig ins Zeug. So wurde eine Akademie für Augenoptiker eingerichtet, und in Lübeck wurde ein Bachelor-Studiengang für angehende Optometristen ins Leben gerufen, wobei Fielmann mit der Fachhochschule kooperiert. Außerdem unterhält das Unternehmen in Rathenow westlich von Berlin ein eigenes Produktions- und Logistikzentrum. Wer wissen will, ob er überhaupt eine Brille braucht, kann seine Sehstärke gratis bei Fielmann lassen. Auch die gewohnten Augenoptiker-Leistungen wie Reinigung der Gläser oder das Nachziehen von gelockerten Schrauben, gehören ebenfalls zum Service.
Mehr Umsatz trotz Krise
Noch im Februar machte die allgemein schlechte Wirtschaftslage der Optik- Kette keine allzu großen Sorgen. Vielmehr sah man sich als Profiteur: Angesichts zunehmend sparsamer Kunden rechnete man sich steigende Marktanteile aus. 2008 ging dieser Plan auf. Der Brillenabsatz stieg gegenüber dem Vorjahr um 100.000 Exemplare auf 6,2 Millionen Stück. Mit 903 Mio. Euro wurden fast 8% mehr umgesetzt als 2007. Das Vorsteuerergebnis legte von 136 auf 161 Mio. Euro zu, während der Überschuss um ein Drittel auf 113 Mio. Euro kletterte. Die Dividende wurde um 0,55 Euro auf 1,95 Euro je Aktie erhöht. Im ersten Quartal 2009 zeigte sich, dass Fielmann offenbar tatsächlich relativ krisenfest zu sein scheint: Der Umsatz wurde um 3,7% gesteigert, während die Augenoptikbranche hingegen einen Umsatzrückgang um 4% verkraften musste. Allerdings hatte das Unternehmen viel Geld für Werbung ausgegeben, um die Geschäfte in Schwung zu halten: Zwischen Januar und März 2009 nahm Fielmann 10 Mio. Euro mehr für Werbung in die Hand, was den Gewinn um 15% auf 23,2 Mio. Euro drückte. Doch Fielmann ist fest entschlossen, gerade in schwierigen Zeiten alles zu geben. So sollen noch in diesem Jahr 25 neue Optik-Geschäfte eröffnen. Außerdem will das Unternehmen mit Sitz in Hamburg auf Einkaufstour gehen und nimmt Konkurrenten ins Visier. Ein konkreter Ausblick auf das Jahr 2009 fehlt allerdings.