Allianz: Wie viel ist der Rekordgewinn wert?
Europas größter Versicherer hat im vergangenen Geschäftsjahr erneut einen operativen Rekordgewinn erzielt. Auch Umsatz, Ergebnis je Aktie und die Eigenkapitalrendite verbesserten sich teils deutlich. Trotzdem wird 2019 für die Allianz ein Jahr des Wandels, denn nicht in allen Sparten läuft es rund und die Digitalisierung verlangt mutige Investitionen. Worauf Anleger achten sollten.
Europas größter Versicherer hat im vergangenen Geschäftsjahr erneut einen operativen Rekordgewinn erzielt. Auch Umsatz, Ergebnis je Aktie und die Eigenkapitalrendite verbesserten sich teils deutlich. Trotzdem wird 2019 für die Allianz ein Jahr des Wandels, denn nicht in allen Sparten läuft es rund und die Digitalisierung verlangt mutige Investitionen. Worauf Anleger achten sollten.
„Wir haben den höchsten Jahresüberschuss der letzten zehn Jahre erzielt – trotz eines sehr volatilen Marktumfelds, besonders im vierten Quartal“, freute sich Allianz-Vorstandschef Oliver Bäte vor kurzem und am Rande der Jahresbilanz-Vorlage über die alles in allem sehr solide 2018er Performance seines Konzerns. Heißt in Zahlen: Operativ stand mit einem Plus von vier Prozent auf 11,5 Milliarden Euro erneut ein Rekordgewinn zu Buche und auch unter dem Strich kletterte das Konzernergebnis um zehn Prozent auf 7,5 Milliarden Euro. Das Ergebnis je Aktie legte dementsprechend deutlich – um 14,4 Prozent auf 17,43 Euro, zu. Auch die Eigenkapitalrendite stieg an, von 11,8 auf 13,2 Prozent. Der Umsatz legte um 3,5 Prozent auf 130,6 Milliarden Euro zu. Darüber hinaus lag die mit Blick auf die finanzielle Stabilität von Versicherern wichtige Solvency-II-Kapitalquote 2018 gegenüber 2017 unverändert bei 229 Prozent und damit zweimal so hoch wie vorgeschrieben.
Den operativen Gewinn in Rekordhöhe hatten Analysten zwar im Schnitt erwartet, was jedoch nicht dessen Bedeutung schmälern sollte. Immerhin erwirtschaftet mit Blick auf die Dax-Konzerne inzwischen nur noch Volkswagen ein höheres operatives Ergebnis als die Allianz. Stark lief es mit einem operativen Ergebnisplus von 13 Prozent vor allem in der Schaden- und Unfallversicherungssparte. Gleichzeitig sorgten höhere Prämien für mehr Einnahmen, während weniger Schadensfälle durch Naturkatastrophen die Kosten drückten.
Dividendenvorschlag: Neun Euro je Aktie
Grund genug für Europas größten Versicherer die Dividende erneut anzuheben. Und zwar mit einem Plus von 12,5 Prozent von acht auf neun Euro je Aktie wesentlich deutlicher, als von Analysten erwartet. Die Dividendenrendite liegt damit bei einem derzeitigen Aktienkurs von knapp 194 Euro bei starken 4,8 Prozent. Zusätzlich kündigten die Münchner einen weiteren großangelegten Aktienrückkauf von März bis Dezember des laufenden Jahres im Wert von 1,5 Milliarden Euro an. Damit springt auch die Allianz auf den derzeit überaus populären Zug mit auf, den Kurs der eigenen Aktie über Dividenden und Aktienrückkäufe zu stützen, wenn es die Konjunktur alleine nicht mehr richten kann oder die Ängste um deren globales Einschlafen sogar eher Börsenwert vernichtet.
Das hat auch die Allianz über die letzten zwölf Monate zu spüren bekommen. Der Aktienkurs des Versicherungs-Riesen erwies sich als auffällig schwankungsanfällig. Stand er im Mai 2018 noch bei rund 200 Euro, fiel er innerhalb kürzester Zeit auf 171 Euro im Juni, nur um dann im September wieder bei knapp 200 Euro zu landen. Anfang Dezember waren davon wiederum nur noch 175 Euro übrig, ehe er sich über den Jahreswechsel und mit einem Plus von 10,5 Prozent seit Jahresbeginn auf 193,50 Euro erholte, die 200 Euro-Marke erneut in Reichweite.
Insgesamt aber, und das ist die wohl wichtigere Kennzahl, ist der Kurs der Allianz-Aktie aber auf Sicht von einem Jahr um fast 1,5 Prozent angestiegen. Damit zählt das Papier der Münchner – wenn auch knapp – zu den wenigen im Dax, die auf Jahressicht im Plus stehen.
Neue Herausforderungen 2019
Bleibt die Frage, wie lange das noch so bleibt. Denn auch die Allianz, dieser Megakonzern, dem – so sieht es manchmal aus – kaum jemand etwas anhaben kann, ist man doch im Versicherungsgeschäft breit und global extrem gut aufgestellt, verfügt darüber hinaus über eine solide Investmentsparte und verwöhnt Anleger seit jeher mit hohen Dividenden, kämpft mit mancher Herausforderung.
Im Geschäft mit Lebens- und Krankenversicherungen beispielsweise gab das Ergebnis 2018 von 4,4 auf 4,2 Milliarden Euro nach. Das lag an den unsteten Kapitalmärkten genauso wie an Abschreibungen, unter anderem auf Aktien. Ebenso schwächelten Allianz Global Investors und PIMCO, die beiden großen Vermögensverwalter des Allianz-Konzerns. Ende des Jahres mussten sie gemeinsam Mittelabflüsse in Höhe von drei Milliarden Euro verdauen, das operative Ergebnis in der Sparte stieg leicht von 2,4 auf 2,5 Milliarden Euro. Das ist alles andere als ein Grund zur Sorge, gleichzeitig aber eben auch keiner zur großen Freude.
Die konnte auch die Prognose für 2019 nicht auslösen. Der operative Gewinn nämlich soll in etwa auf dem Niveau von 2018 stagnieren, gerade bei einem Versicherer freilich vorbehaltlich unvorhergesehener Ereignisse. Das Ziel sei „konservativ und vorsichtig, weil wir in Hinblick auf das sehr schwierige Umfeld sicher sein wollen, dass wir das auch erreichen“, erklärte Vorstandschef Bäte die wenig zufriedenstellende Prognose. Es sei wegen der Unsicherheiten in Politik und Wirtschaft „wirklich wichtig, solide zu sein und zu bleiben.“, so Bäte weiter. Analysten rechnen derweil bereits mit rund zwölf Milliarden Euro operativen Gewinn und stehen der Aktie des Versicherers weiter recht positiv gegenüber.
Kepler Cheuvreux-Analyst Peter Eliot sah das jüngste Zahlenwerk im Rahmen der Erwartungen liegen, Solvabilität und Dividendenvorschlag aber darüber. Sein Kursziel beließ er bei 240 Euro und liegt damit rund 20 Prozent über dem aktuellen Kursniveau. UBS-Analyst Jonny Urwin hob derweil unter anderem die weiterhin starke Kapitalausstattung des Konzerns positiv hervor, setzt sein Kursziel aber weiter 20 Euro niedriger an als Eliot. Bei der US-Bank JP Morgan bleibt die Allianz-Aktie mit einem Kursziel von 222 Euro auf der Top-Pick Liste, Goldman Sachs-Experte Johnny Vo ist da mit 200 Euro pessimistischer. Auf bereinigter Basis seien die Finanzkennziffern schließlich schlechter ausgefallen als erwartet, schrieb er.
Neue Strategie, neues Glück?
Doch wie man es auch dreht und wendet, viel Negatives lässt sich derzeit nicht herauslesen aus der Bilanz. Auch nicht aus der Charttechnik. Und selbst die Prognose ist angesichts der konjunkturellen Herausforderungen in diesem Jahr keine besonders negative Überraschung. Vieles hängt nun auch an Bätes „Simplicity wins“-Strategie, im deren Rahmen bis 2021 die Produktwelt des Konzern einfacher und digitaler werden soll. Einerseits um Kosten zu sparen, andererseits um mit der Zeit zu gehen, die eigenen Angebote auch im digitalen Zeitalter attraktiv zu halten. So soll unter anderem bereits in diesem Jahr mit „Allianz Direct“ eine neuer Online-Versicherer auf den Markt. In dem Sektor könnten hohe Wachstumsraten drin sein.
Für den Moment – um zur Ausgangsfrage zurückzukehren – dürfte der operative Gewinnrekord gemeinsam mit den weiteren, guten Zahlen durchaus einiges wert sein. In einer Phase der Unsicherheit an den Märkten schafft er für Allianz-Anleger Sicherheit. Vor allem auch dank der damit einhergehenden Dividendenerhöhung.
Oliver Götz