Wankende Riesen - die Schweizer Banken
Einst waren sie die Gralshüter des Bankgeheimnisses und unermesslich reich. Doch das ist - gefühlt - unendlich lange her. Die Schweizer Bankenbranche leidet. Doch es gibt Aunahmen: Zu den Gewinnern könnte Boris Collardi zählen. Der Chef von Julius Bär ist offen für lukrative Deals.
Einst waren sie die Gralshüter des Bankgeheimnisses und unermesslich reich. Doch das ist - gefühlt - unendlich lange her. Die Schweizer Bankenbranche leidet. Doch es gibt Aunahmen: Zu den Gewinnern könnte Boris Collardi zählen. Der Chef von Julius Bär ist offen für lukrative Deals.
Die überraschende Aufhebung der Franken-Mindestgrenze bereitet den Schweizer Privatbanken Probleme. Sie haben einen beträchtlichen Teil der ihnen anvertrauten Gelder in Euro angelegt, die Kosten fallen jedoch in Franken an. Darunter leiden nicht nur Gewinne und Aktienkurse – die Frankenstärke dürfte auch die Konsolidierung des Schweizer Bankenplatzes vorantreiben. Zwischen 2005 und 2013 ist die Anzahl der Institute in der Schweiz bereits um 24 Prozent gesunken. Nun könnten weitere 20 bis 30 Prozent der über 300 Banken in den kommenden Jahren ihre Eigenständigkeit verlieren, schätzt der Chef der UBS, Sergio Ermotti. Auch Moody’s warnt vor den Währungsbelastungen.
Zu den Instituten, die am meisten leiden werden, zählt die Ratingagentur die Zürcher Kantonalbank, Credit Suisse und UBS. Auch Julius Bär, mit einem verwalteten Vermögen von 290 Milliarden Franken die größte Privatbank der Schweiz, fürchtet Einbußen. Im vergangenen Jahr konnte sie den Gewinn noch kräftig auf 367,4 Millionen Franken steigern. Den Anteil der Kosten in Schweizer Franken beziffert das Traditionshaus aus Zürich allerdings auf 60 Prozent, nur 13 Prozent der Einkünfte werden im Lande erzielt. Die für 2015 angestrebten Gewinnziele sind da nur schwer zu realisieren, es sei denn die Profitabilität wird verbessert.
Boris Collardi, Chef von Julius Bär, reagierte auf die neue Lage jedenfalls schnell. Knapp knapp drei Wochen nach der Entscheidung der Schweizer Nationalbank (SNB) präsentierte der mit gerade mal 40 Jahren weltweit einer der jüngsten Bankenchefs, ein Sparprogramm in Höhe von 100 Millionen Franken. 200 Mitarbeiter sollen entlassen werden. Der Rotstift ist ganz im Sinne der Anleger, zumal die Dividende nicht gekürzt, sondern um 0,40 Franken auf einen Franken erhöht wird. Die Aktie, die nach dem SNB-Coup 17 Prozent verlor, machte inzwischen wieder deutlich Boden gut.
Der Titel birgt weiter Kurspotenzial. Gut möglich, dass Collardi, der nach dem Selbstmord seines Vorgängers Axel Widmers seit 2009 an der Spitze von Julius Bär steht, bei der anstehenden Konsolidierung der Bankenlandschaft aktiv mitmischt. Wachstum durch Zukäufe hat für den Banker, dessen Arbeitstag 14 Stunden umfasst und der im Jahr rund 300 Tage „on the road“ ist, Priorität. 2012 erwarb er das Vermögensverwaltungsgeschäft für 840 Millionen Dollar von Merrill Lynch außerhalb der USA. Zudem übernahm Julius Bär die Schweizer und Luxemburger Privatkundensparte der israelischen Bank Leumi. Aktuell zeigt Collardi Interesse an der zur Royal Bank of Scotland gehörenden Privatbank Coutts International.
Es könnte aber auch sein, dass Julius Bär mit einem großen Institut zusammengeht. Immer wieder mal wird über einen Merger mit Credit Suisse spekuliert. Die steht gewaltig unter Druck. Die US-Ratingagentur (S&P) senkte vor kurzem die Bonitätsnote von A- auf BBB+ . Zudem droht der Großbank, in den USA das Recht aberkannt zu bekommen, Pensionskassengelder zu verwalten. Credit Suisse hatte im vergangenen Jahr zugegeben, Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet zu haben. Dafür wurde sie nicht nur mit 2,5 Milliarden Franken zur Kasse gebeten. Laut US-Gesetz es ist Unternehmen, die Gesetze gebrochen haben, zudem untersagt für US-Pensionskassen tätig zu werden. Credit Suisse hofft nun auf eine Ausnahmeregelung. Doch dagegen regt sich in den Staaten Widerstand.
Eine offizielle Bestätigung für eine mögliche Ehe der beiden Institute gibt es natürlich nicht. Unklar ist auch, wer in dieser das Sagen hätte. Collardi ist jedoch die Kultur bei Credit Suisse nicht fremd. Immerhin verbrachte er zwölf Jahre in dem Bankhaus. Zudem befinden sich die Zentralen der beiden Institute nicht weit von einander entfernt in Zürichs Bahnhofstraße. Collardi könnte so zumindest beim Weg ins Büro ein wenig seiner wertvollen Zeit einsparen.