Siemens: gleich drei gute Nachrichten
Joe Kaeser, der starke Mann bei Siemens, liefert seinen Aktionären das, was sie sich wünschen: Gute Zahlen, eine steigende Dividende und den Börsengang einer lukrativen Sparte. Das Siemens-Papier ist einer der Spitzenreiter im DAX.
Joe Kaeser, der starke Mann bei Siemens, liefert seinen Aktionären das, was sie sich wünschen: Gute Zahlen, eine steigende Dividende und den Börsengang der lukrativen Sparte Siemens Healthineers. Die Aktie ist unter den Spitzenreitern im DAX.
Nach der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten herrscht sehr viel Unsicherheit in der Energie- und Maschinenbaubranche, und zwar weltweit. Die aktuellen Zahlen, die Siemens vorlegt, sind dabei eine Beruhigung für die Anleger, für die Aktionäre. Denn sie belegen drei Dinge: erstens haben die Münchner insgesamt gut gewirtschaftet, zweitens können sie mit ihren Healthineers einen Champion in der vergleichsweise als zukunftsträchtig geltenden Medizintechnik aus dem Hut zaubern und drittens sind sie, nicht nur deswegen, gut auf die kommenden Fährnisse vorbereitet. Stellvertretend für die Branche gab ABB-Chef Ulrich Spiesshofer die Devise aus: „Wir führen das Unternehmen weiterhin diszipliniert.“
Joe Kaeser, Siemens-Chef, beherzigt genau dies. Bei der Entwicklung der Profitabilität steht sein Haus gut da, gerade auch im Vergleich zur Konkurrenz. Das operative Ergebnis des industriellen Geschäfts bei Siemens stieg im laufenden Geschäftsjahr um 13 Prozent auf 8,7 Milliarden Euro. Die Ergebnismarge verbesserte sich von 10,1 auf 10,8 Prozent. Auch ein Absinken des Gewinnes nach Steuern im Vergleich zum Vorjahr kann nicht irritieren. Sondereffekte sind die Ursache dafür, dass der Konzernüberschuss um knapp ein Viertel auf 5,6 Milliarden Euro gesunken ist.
Im Schlussquartal des Geschäftsjahres verbesserte sich der Gewinn um 18 Prozent auf 1,2 Milliarden Euro. Das Handelsblatt wirft einen Blick auf die Konkurrenz: „Bei GE sank der Nettogewinn im Quartal um knapp ein Fünftel auf rund zwei Milliarden Dollar. ABB verzeichnete Fortschritte bei der operativen Profitabilität, der Nettogewinn sank im dritten Quartal aber leicht auf 568 Millionen Euro.“ Siemens steht also im Vergleich sehr solide finanziert da.
Wenn da nur nicht die großen Unwägbarkeiten wären. Kaeser gibt sich beim Ausblick denn auch sehr vorsichtig: „Aufgrund des komplexen geopolitischen Umfelds gehen wir weiterhin von Gegenwind für das Wirtschaftswachstum und das Investitionsklima aus.“ Er erwartet im neuen Geschäftsjahr „ein geringes Wachstum der Umsatzerlöse“, was angesichts des derzeitigen rauen Klimas aber schon eine gute Nachricht ist, wie auch die Börsianer, die die Siemens-Aktie daraufhin an die DAX-Spitze handelten, wohl bemerkt haben. Die Ergebnismarge im operativen Geschäft soll Kaesers Prognose zufolge im kommenden Jahr zwischen 10,5 und 11,5 Prozent liegen.
Wieder mal ein Börsengang
Es ist nicht nur ein einfacher IPO, was der Siemens-Konzern vorhat, sondern es ist einer der größten Börsengänge in Deutschland seit Jahren. Die Medizintechniksparte des Münchner Industrieriesen soll unter dem Namen „Healthineers“ an die Börse gehen. Die bisherige Konzernsparte ist hochprofitabel, sie kommt mit ihren rund 45.000 Beschäftigten aktuell auf 13,8 Milliarden Euro Umsatz. Doch die Konzernmutter scheint einen strategischen Anteil behalten zu wollen. Finanzvorstand Ralf Thomas teilte jedenfalls mit, das Geschäft solle „unter dem Dach von Siemens“ weitergeführt werden. Das Vorgehen ist hier demnach anders als bei der Lichttochter Osram, von der sich Siemens bis auf eine Restbeteiligung getrennt hat.
Als Gründe für diesen faktischen Teilverkauf gaben die Münchner an, der Investitionsbedarf in der Branche sei groß, zudem müsse man auf Kundenbedürfnisse immer schneller reagieren. Kaeser lobt die Börsenkandidaten schon im Vorfeld: „Siemens Healthineers hat bereits Marktanteile gewonnen und verfügt über ein hervorragendes Portfolio an Spitzentechnologien, das wir weiter ausbauen.“ Wann es für Healthineers mit dem Börsengang ernst wird, ist wohl noch nicht festgelegt worden. Das hänge unter anderem vom Börsenumfeld ab, ließ der Siemens-Vorstand verlauten.
Die Chinesen sind „abgeperlt“
Der Schritt kommt nicht überraschend. Siemens hatte die Sparte verselbstständigt, ein Börsengang galt als wahrscheinlichste Variante. Nach Informationen des Handelsblatts soll ein chinesischer Investor in einem Brief angefragt haben, ob die Medizintechnik zu kaufen sei. Er sei aber „abgeperlt“. Dies konnte sich der Münchner Konzern offenbar leisten, und das Handelsblatt weiß, warum: „Die Geschäfte bei Siemens liefen zuletzt trotz des schwierigen Umfelds gut – Kaesers Umbau zeigt Wirkung. Der Umsatz stieg im Geschäftsjahr 2015/16, das am 30. September endete, um vergleichbar vier Prozent auf 79,6 Milliarden Euro. Der Auftragseingang legte ebenso stark auf 86,5 Milliarden Euro zu.“ Das ist richtig beobachtet. Joe Kaeser resümiert: „Das abgelaufene Geschäftsjahr war eines der stärksten in der Geschichte unseres Hauses, ohne Berücksichtigung von Beteiligungsverkäufen sogar das beste.“
Im vergangenen Quartal, dem Schlussquartal des Geschäftsjahres 2015/16, stieg der Siemens-Umsatz um drei Prozent auf glatte 22 Milliarden Euro. Der Erzrivale General Electric hat den Umsatz im Industriegeschäft im abgelaufenen Quartal um nur ein Prozent auf 24,2 Milliarden Dollar steigern können. Siemens hat sich insgesamt besser geschlagen als die Mehrzahl der Konkurrenten.
Joe Kaeser ist angetreten, um den Siemens-Konzern tiefgreifend umzubauen. Seine Erfolge auf diesem Gebiet zahlen sich nun bereits aus. Die Strukturen wurden verschlankt, und vor allem wurde die Unterteilung in vier Sektoren – Industrie, Energie, Infrastruktur und Medizintechnik – komplett abgeschafft.
Als oberstes Ziel hat Kaeser mehr Kundennähe ausgegeben. Doch gleich darauf in der Prioritätenliste steht die Kosteneffizienz. Immer wieder war von der „alten Siemens-Krankheit“ die Rede, und gemeint waren hohe Sonderbelastungen bei schlecht gemanagten Großprojekten. Hier scheinen Kaesers Rezepte zu greifen. Dies könnte der Grundstein dafür sein, dass Siemens im DAX glänzt. Anleger sollten bei der Arrondierung ihres Portfolios das große deutsche Industriepapier aus München nicht unberücksichtigt lassen. sig