T-Mobile US und Sprint – wirklich ein Megadeal?
Nach langem Hin und Her haben sich die Deutsche Telekom und der japanische Softbank-Konzern nun doch auf eine Fusion ihrer nordamerikanischen Mobilfunktöchter T-Mobile US und Sprint geeinigt. Stimmen die Kartellbehörden zu, winken Einsparungen von bis zu 43 Milliarden Dollar.
Nach langem Hin und Her haben sich die Deutsche Telekom und der japanische Softbank-Konzern nun doch auf eine Fusion ihrer nordamerikanischen Mobilfunktöchter T-Mobile US und Sprint geeinigt. Stimmen die Kartellbehörden zu, winken Einsparungen von bis zu 43 Milliarden Dollar.
Das erste Mal in seiner Zeit als führender Manager der Deutschen Telekom habe es Applaus im Aufsichtsrat gegeben, verkündete Timotheus Höttges Anfang der Woche im Gespräch mit Analysten. Der Grund war freilich der nach langen Monaten des Wartens nun doch erfolgreich eingefädelte Deal mit Softbank-Gründer und Chef Masayoshi Son hinsichtlich der Fusion zwischen dessen Tochterunternehmen Sprint und T-Mobile-US, woran wiederum die Deutsche Telekom mit 63 Prozent die Mehrheit der Anteile hält. Vor zirka fünf Monaten waren die Gespräche zwischen den beiden Parteien eigentlich für beendet erklärt worden, umso größer ist der Erfolg für Höttges, der es nur wenig später doch geschafft hat eine Einigung zu erzielen.
In die Karten gespielt hat ihm dabei zweifelsohne die gute Börsenperformance der eigenen Tochter und die schlechte der des Gegners. Inzwischen ist T-Mobile-US am Markt doppelt so viel Wert wie Konkurrent Sprint, was Höttges Verhandlungsmacht gegenüber den Japanern deutlich gestärkt haben dürfte. Und daran ist er selbst nicht ganz unschuldig. Unter seiner Führung hat der Bonner Konzern seine US-Tochter mit Investitionen gefüttert und den amerikanischen Markt quasi von hinten aufgerollt. Über die letzten Jahre hat man kontinuierlich Marktanteile hinzugewonnen und Sprint als Nummer Drei im Mobilfunk abgelöst. Auch angesichts der hohen Verschuldung der Softbank-Tochter konnte Masayoshi Son am Ende wohl kaum mehr anders, als einem Zusammenschluss zuzustimmen.
In dessen Zuge bekäme die Telekom nur noch einen Minderheitsanteil von 42 Prozent an dem neuen Gemeinschaftsunternehmen zugesprochen, Softbank 27 Prozent. Die restlichen 31 Prozent würden in den Händen freier Aktionäre landen. Das klingt zunächst nicht gerade nach einem Deal, der den ersten Applaus in Höttges Zeit als CEO wert wäre. Entscheidend jedoch ist: Die Bonner bekämen Zugriff auf die Stimmrechte der T-Mobile-US-Aktien, die Softbank hält. Damit bliebe die Stimmrechtsmehrheit in den Händen der Deutschen, womit Höttges und Co. die Umsätze und Gewinne ihrer Tochter weiterhin in die eigenen Konzernergebnisse miteinrechnen könnten.
Für die Telekom ist das essentiell. In den letzten Jahren war T-Mobile-US der wichtigste Wachstumsbringer der Bonner. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete die Tochter sechs Prozent mehr Umsatz und steigerte das Ebitda um 8,8 Prozent. In Deutschland kam die Telekom gerade mal auf ein Umsatzplus von 0,7 Prozent, das Ergebnis stieg um 2,8 Prozent. Mit Blick auf ganz Europa stand das Ebitda sogar leicht im Minus. Und auch in den ersten Monaten 2018 lief es für die Tochter aus Übersee blendend. Der Umsatz stieg im ersten Quartal um neun Prozent auf 10,5 Milliarden Dollar, das Ebitda um elf Prozent auf drei Milliarden Dollar. Vielleicht noch wichtiger: Die Kundenzahl vergrößerte sich um 617.000. Und das nach Abzug von Kündigungen. Die Erwartungen von Analysten wurden damit klar übertroffen.
Unter Anlegern gilt T-Mobile-US daher als wichtige Größe in Sachen Wachstumsphantasie. Und die dürfte im Zuge der Sprint-Fusion nochmal einen deutlichen Schub bekommen. Gemeinsam wären die beiden Unternehmen klar drittstärkste Kraft im US-Mobilsektor. Der noch große Abstand zu den bislang dominierenden Konzernen Verizon und AT&T würde auf einen kaum mehr merklichen zusammenschrumpfen, der Umsatz auf insgesamt 76 Milliarden Dollar ansteigen. Auch die Kundenanzahl würde schlagartig auf über 127 Millionen klettern. Gemeinsam stünden zudem Investitionen in das zukunftsfähige 5G-Netz auf der Agenda. Die Telekom baut hier nicht zuletzt auf die hervorragenden Funk-Frequenzen von Sprint. Neben Kosten von zunächst 15 Milliarden Dollar für die Integration, rechnen Telekom und Softbank zudem mit Einsparungen in Höhe von 43 Milliarden Euro.
Kein Wunder also, dass Höttges plus Vorstand und Aufsichtsrat da gute Laune haben. „Zusammen mit Sprint wird die neue T-Mobile US das schlagkräftigste Mobilfunkunternehmen in den USA“, kam es vom 56-Jahre alten Telekom-Chef. Sowohl Anleger als auch Analysten scheint er davon aber noch nicht restlos überzeugt zu haben. Mit einem derzeitigen Kurs von 14,45 Euro steht die Telekom-Aktie weiterhin vergleichsweise niedrig, hat über die letzten drei Jahre zwölf Prozent an Wert verloren. Der Deal und die Gerüchte um ihn hatten den Kurs zwar in den letzten Wochen angetrieben, doch große Kurssprünge sehen anders aus.
Und die können Aktionäre wohl ohnehin und wenn überhaupt nur dann erwarten, sollten die US-Regulierungsbehörden der geplanten Fusion zustimmen. Und diesbezüglich ist nicht nur RBC-Capital-Analyst Jonathan Atkin skeptisch. Die Wahrscheinlichkeit, dass jene grünes Licht gäben, liege bei unter 50 Prozent, so der Experte. „Wir glauben, dass das Justizministerium weiterhin einen Markt mit vier Playern beibehalten und so für Wettbewerb sorgen will.“ Für Analyst Dhananjay Mirchandani vom Analysehaus Bernstein sind zudem die auf 15 Milliarden Dollar bezifferten Integrationskosten eine negative Überraschung. Als weitere Herausforderung käme die hohe Verschuldung von Sprint hinzu, so Mirchandani. Das Verhältnis der Nettoschulden zum operativen Ergebnis stiege bei T-Mobile mit dem Deal auf 2,9 Prozent, was deutlich über der Wohlfühlzone von zwei bis 2,5 Prozent läge.
Im Großen und Ganzen glauben die Analysten aber an einen erfolgreichen Zusammenschluss. Die Synergieeffekte seien deutlich höher als erwartet, schrieb so beispielsweise UBS-Analyst Polo Tang. Sie könnten bis zu 3,10 Euro je Aktie ausmachen. Nun bleibt abzuwarten wie die Kartellbehörden reagieren. Geben sie den Deal frei, dürfte Telekom-Chef Höttges wohl weiterer Applaus winken. Lehnen sie das Fusionsvorhaben ab, dürfte er abrupt enden. Denn woraus sonst, wenn nicht aus dieser Fusion, soll die Telekom in Zukunft Wachstum generieren? Oliver Götz