Vonovia: Immobilienguru greift wieder zu
Die Immobilienfirma Vonovia ist derzeit eines der heißesten Papiere an der Börse. Seit Jahresbeginn konnte der Konzern seinen Börsenwert um 23 Prozent steigern, im Vergleich zum Börsenstart vor drei Jahren sogar um mehr als 100 Prozent. Mit der Übernahme des österreichischen Konkurrenten Conwert baut der Immobilien-Mogul jetzt seine Marktmacht weiter aus. Vonovia war zu Wochenbeginn eines der wenigen DAX-Papiere, das im Plus landete. Und das in einem Marktumfeld, das dezent nach Crash riecht.
Die Immobilienfirma Vonovia ist derzeit eines der heißesten Papiere an der Börse. Seit Jahresbeginn konnte der Konzern seinen Börsenwert um 23 Prozent steigern, im Vergleich zum Börsenstart vor drei Jahren sogar um mehr als 100 Prozent. Mit der angekündigten Übernahme des österreichischen Konkurrenten Conwert baut der Immobilien-Mogul jetzt seine Marktmacht weiter aus. Die Aktionäre scheinen das allmählich zu honorieren. Vonovia war zu Wochenbeginn eines der wenigen DAX-Papiere, das im Plus landete. Und das in einem Marktumfeld, das dezent nach Crash riecht.
Vonovias Vorstandsvorsitzender Rolf Buch hat eine Mission: Er will seinen Konzern zu Deutschlands uneingeschränkt führenden Vermieter machen. Und dieses Ziel verfolgt Buch mit eisernem Willen. Schon wenige Monate nach seinem Amtsantritt im April 2013 ging die Firma, die damals noch Deutsche Annington genannt wurde, an die Börse. Nur knapp ein Jahr später wurde das Papier dann schon in den MDAX aufgenommen. Und das aus gutem Grund. Denn Buch baute den zum damaligen Zeitpunkt ohnehin schon größten privaten Vermieter Deutschlands durch zahlreiche Übernahmen regionaler Vermieter zu einem wahren Schwergewicht auf dem Wohnungsmarkt aus.
Spätestens mit der Übernahme des Konkurrenten Gagfah für 3,9 Milliarden Euro im März 2015 war der Konzern mit dem neuen Namen Vonovia dann zum uneingeschränkten Branchenprimus geworden. Derzeit besitzt Vonovia etwa 340.000 Mietwohnungen in Deutschland und hat seinen Bestand damit seit Buchs Amtsantritt um knapp 50 Prozent vergrößert. Der Börsenwert hat sich seitdem sogar verdoppelt.
Doch das reicht dem ehemaligen Bertelsmann-Manager noch nicht. Erst im Frühjahr war Buch mit seinen Plänen für Deutschlands größte Fusion im Immobiliensektor gescheitert. Damals hatte er versucht, den Hauptkonkurrenten „Deutsche Wohnen“ und Nummer zwei auf dem deutschen Immobilienmarkt durch eine feindliche Übernahme in den Konzern einzugliedern. Rund 14 Milliarden Euro hätte sich Vonovia die von den Aktionären abgesegnete Fusion kosten lassen. Damit hätten dem Konzern weitere 146.000 Wohnungen zur Verfügung gestanden. Doch am Ende scheiterte der Versuch, da sich zum Stichtag nur etwa 30 Prozent der Deutsche Wohnen-Aktionäre für die Offerte des Konkurrenten entschieden hatten.
Österreicher sichern Vonovia Einfluss in Berlin
Eine Schlappe, die Buch nun mit der Übernahme des österreichischen Konkurrenten Conwert wieder wettmachen will. Am Montag gab Buch die Pläne für die ausgewiesen freundliche Übernahme bekannt. Demnach soll der Konzern für etwa 2,9 Milliarden Euro übernommen werden. Im Gegenzug erhält Vonovia die Kontrolle über Conwerts etwa 20.000 Wohnungen in Deutschland sowie die etwa 4.100 Wohnungen und Gewerbeeinheiten in Österreich. Vonovia bietet den Conwert-Aktionären bei dem Deal 74 eigene Papiere für je 149 Conwert-Aktien an. Dies entspricht einem Gegenwert von 17,58 Euro je Conwert-Aktie, basierend auf dem Vonovia-Schlusskurs vom vergangenen Freitag. Alternativ können sich die Aktionäre auch für eine Barauszahlung in Höhe von 16,16 Euro entscheiden. Die Angebotsfrist läuft bis Mitte Dezember.
Der Verwaltungsrat von Conwert betont, dass er mit dem Angebot einverstanden sei. „Ein Zusammenschluss mit Vonovia bietet unserer Ansicht nach eine sehr gute Gelegenheit, um Conwerts Potential unter einem neuen Dach weiterzuentwickeln“, sagt Alexander Proschofsky, Vorsitzender des Verwaltungsrats des österreichischen Unternehmens. Das Angebot kommt jedoch nur zustande, wenn Vonvia über 50 Prozent der Aktien angedient werden. Mehr als die Hälfte davon hat der Konzern jedoch schon in der Tasche, da Großaktionär Adler Real Estate, der rund 26 Prozent der Anteile hält, seine Papiere bereits angeboten hat. Experten gehen daher davon aus, dass ob des lukrativen Angebots auch genügend andere Aktionäre überzeugt werden können, ihre Anteile an Vonovia zu verkaufen. Eine komplette Übernahme ist allerdings nicht geplant, sodass Conwert weiter eigenständig bleiben wird.
Mit der Übernahme erwartet sich Vonovia Synergieeffekte vor allem bei der Bewirtschaftung der Immobilien. So können etwa Sparten wie der Hausmeisterservice zusammengelegt und somit Kosten gespart werden. Viel wichtiger ist für den deutschen Vermieter jedoch der Einfluss, den Vonovia mit den zusätzlichen Wohnungen vor allem in Leipzig und Berlin erhält. Denn allein dort besitzt Vonovia 4.500 beziehungsweise 4.400 Wohnungen. Die beiden Städte sind bekannt dafür, dass dort vor allem in den vergangenen Jahren gute Renditen bei den Mieten erzielt werden konnten. Zusammen mit den bereits vorhandenen Wohnungen von Vonovia kann der Konzern seine Interessen gegenüber Politik und Mietern nun noch besser durchsetzen.
Ein bedenklicher Grund für die Neigung zur Akquise
Immobilienkonzerne, und zwar nicht nur die Vonovia AG, setzen auf Übernahmen und den Aufkauf ganzer Pakete bestehender Wohnungen, anstatt neue Wohnhäuser zu errichten. Das liege an den komplizierten Genehmigungsverfahren, sagt dazu Dieter Thomaschowski vom Analysehaus Thomaschowski Research & Advisory. „Trotz der Enge an den Wohnungsmärkten der Großstädte dauert es noch immer mindestens zwei Jahre, bis eine Baugenehmigung erteilt ist." Zudem sei es schwierig, neue größere Wohnanlagen zu schaffen, ergänzt Stefan Mitropoulos, Immobilienanalyst der Landesbank Hessen-Thüringen. „Es gibt kaum große Neubaugebiete." Stattdessen könnten neue Wohnungen meist nur auf kleinen, weit verstreuten Flächen errichtet werden, die in aufwendigen Bieterverfahren erworben werden müssten.
An der Börse wurde das Übernahmeangebot angesichts dieser Problemlage mit überwiegend negativen Reaktionen bedacht. Der Kurs der Aktie fiel am Montabereits zu Wochenbeginn um knapp zwei Prozent und beendete die Börsenwoche mit einem Abschlag von weiteren dreieinhalb Prozent. Und auch die Analysten von Independent Research hielten an ihrer Verkaufsempfehlung fest, bewerteten die Übernahme jedoch insgesamt positiv. Analyst Mike Bessell von Merrill Lynch hingegen rät trotz allem zum Kauf der Aktie: Hoffnung, vor allem vielleicht für einen Abbau der Bürokratie hierzulande, scheint also noch zu bestehen. Robin Schenkewitz