VW verdiente 2016 sieben Milliarden
Volkswagen kann den Dieselskandal in erstaunlicher schneller Fahrt überwinden: Der Wolfsburger Autobauer konnte für 2016 einen Betriebsgewinn von 7,1 Milliarden Euro ausweisen, der Reingewinn lag bei glatten fünf Milliarden. VW hat offenbar gerade in der Krise einen Gang höhergeschaltet und avancierte 2016 vor Toyota zum weltweiter Marktführer für Automobile. Wieviel Zugewinn dürfen die Aktionäre jetzt für ihr Portfolio erwarten?
Volkswagen kann den Dieselskandal in erstaunlicher schneller Fahrt überwinden: Der Wolfsburger Autobauer konnte für 2016 einen Betriebsgewinn von 7,1 Milliarden Euro ausweisen, der Reingewinn lag bei glatten fünf Milliarden. 2015 hatten hohe Rückstellungen für die in ihrer Schärfe fragwürdigen Bestrafungen in den USA den höchsten Verlust in der fast 80-jährigen Firmengeschichte bewirkt. Doch VW schaltete gerade in der Krise einen Gang höher und avancierte 2016 vor Toyota zum weltweiter Marktführer für Automobile. Wieviel Zugewinn dürfen die Aktionäre jetzt für ihr Portfolio erwarten?
Ein siebenfacher Milliardengewinn! Das kam unerwartet! Für Anleger in VW-Aktien heißt es trotzdem: nicht zu früh freuen! Nach summa summarum gut 16 Milliarden für 2015 waren es auch 2016 nochmals 6,4 Milliarden Euro, die Volkswagen wegen der Abgasmanipulation zur Seite legen musste. Damit fallen die Kosten für den Skandal deutlich höher aus als erwartet. Im Januar hatte ein Insider der Agentur Reuters noch gesagt, die mit der US-Regierung ausgehandelte Strafe über umgerechnet rund vier Milliarden Euro könne die Rückstellungen voraussichtlich um maximal rund zwei auf 20 Milliarden Euro erhöhen.
Der renommierte Ökonom Hans-Werner Sinn sagte dazu der BÖRSE am Sonntag, dass die US-Behörden die Grenzwerte für kleine Dieselmotoren unverhältnismäßig streng gewählt hätten, während zur gleichen Zeit in den USA kein Unternehmen in der Lage ist, so gute und effiziente Dieselmotoren mit kleinem Hubraum zu bauen wie VW. Es steht damit der Verdacht im Raum, dass VW in den USA absichtlich eine Falle gestellt wurde.
Doch die deutsche Ingenieurskunst hat auch diese Herausforderung, die mutmaßlich von einem grünen Tisch in den USA kam, anscheinend und zumindest vorläufig gemeistert: „Das abgelaufene Geschäftsjahr hat uns vor sehr große Herausforderungen gestellt, dennoch hat der Konzern trotz Krise eine Bestleistung im operativen Geschäft abgeliefert“, sagte dazu Konzernchef Matthias Müller. Und die Fakten geben ihm Recht: VW ist 2016 zum Weltmarktführer für Automobile aufgestiegen.
Volkswagen ist robust aufgestellt
Sowohl das operative wie das finanzielle Gerüst der Wolfsburger gibt Anlegern Grund zur Hoffnung. Vor Sondereinflüssen verbuchte der aktuell weltgrößte Autobauer einen Betriebsgewinn von 14,6 Milliarden Euro, das ist Rekord! Der Umsatz kletterte um knapp zwei Prozent auf 217,3 Milliarden Euro. Die bereinigte operative Rendite stieg auf 6,7 Prozent nach glatt sechs im Vorjahr. Im laufenden Jahr erwartet der Vorstand bei den Auslieferungen einen moderaten Anstieg gegenüber den 10,3 Millionen verkauften Fahrzeugen 2016. Der Konzernumsatz soll um bis zu vier Prozent steigen, die operative Rendite zwischen sechs und sieben Prozent liegen.
Die Stammaktionäre von Volkswagen können sich über eine Dividende von glatt zwei Euro pro Aktiefreuen. Darunter sind die Familien Porsche und Piech, das Land Niedersachsen und das Emirat Katar, sollen für das abgelaufene Jahr eine Dividende von 2,00 Euro erhalten. An die Vorzugsaktionäre sollen 2,06 Euro je Anteilschein fließen. Für 2015, dem Jahr in dem die Abgasmanipulation in den USA aufflog, waren trotz des historisch hohen Verlusts eine Minidividende von elf beziehungsweise 17 Cent je Aktie gezahlt worden.
Dezente Sozialdemokratisierung bei VW
Die Zeiten, als ein Martin Winterkorn in Wolfsburg 17,5 Millionen Euro in einem Jahr verdienen konnte, sind vorbei. Nach massiver Kritik an Gehältern und Bonuszahlungen, die gezielt aus der Ecke der Gewerkschaften und anderer Vorfeldorganisationen der SPD kam, beschloss der Aufsichtsrat ein neues Vergütungssystem. Das diente wohl vor allem dazu, den nidersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil aus der Schusslinie zu nehmen, denn der agierte in den letzten Jahren ganz in der Tradition des größten „Genossen der Bosse“, Gerhard Schröder, und manchem, der vor ihm für Fortbestand und Wohlergehen von VW sorgte.
Das Gehalt des VW-Konzernchefs wird nun bei zehn Millionen Euro und das der übrigen Vorstandsmitglieder bei 5,5 Millionen Euro gedeckelt. Volkswagen macht die Vorstandsboni für das Topmanagement zudem künftig vom Aktienkurs abhängig und orientiert sich damit stärker am Kapitalmarkt. Niemand hätte sich noch ein „Nein“ erlauben können, zu groß war der Druck im gewerkschaftsgesteuerten Teil der Öffentlichkeit und zusätzlich dann auch auch im durchaus mit SPD-Parteigängern versehenen Aufsichtsrat geworden. „Mit dieser Bezahlung seines Top-Managements ist der VW-Konzern im deutschen Mainstream angekommen“, schreibt das Handelsblatt. Passender müsste es eingedenk der Größe des Konzenrs und der immensen Verantwortung heißen: im Mittelmaß angekommen.
Der mit den Wölfen heult
Konzernchef Müller erweist sich indessen als ein guter Teamspieler und erklärte der Agentur Reuters ungerührt, der Vorstand stehe voll hinter der Modernisierung des Vergütungssystems und habe der Modifikation der laufenden Verträge zugestimmt. Es tritt damit bereits für 2017 in Kraft. Und während Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil die auf ihn zugeschnittene Neuregelung lobte, erneuerte die CDU ihre Kritik. Es bleibe unerklärlich, warum Weil der hohen Abfindung von Rechtsvorstand Christine Hohmann-Dennhardt im VW-Aufsichtsrat zugestimmt habe. Dies müsse aufgeklärt werden. Hohmann-Dennhardt soll nach 13 Monaten bei Volkswagen mehr als zwölf Millionen Euro erhalten haben.
Auch Audi-Chef Rupert Stadler kann erleichtert sein. Der VW-Aufsichtsrat sprach ihm das Vertrauen aus. Zuvor waren in der Abgasaffäre neue Vorwürfe gegen ihn bekannt geworden, weil in den USA versucht wird, nun auch bei den größervolumigen Dieselmotoren gegen den VW-Konzern zu stänkern. Da im eigenen Land hier die Regeln aber vergleichsweise lasch sind, und zwar unerklärlich lasch, ist die Handhabe begrenzt. Konzernchef Müller, der zugleich den Aufsichtsrat von Audi leitet, kann daher Entwarnung geben. Er erklärte, die in einem Arbeitsgerichtsprozess in Heilbronn von einem gekündigten Entwicklungsingenieur vorgelegten Dokumente seien seit längerem bekannt und belegten die Vorwürfe nicht. Und die kommen aus bekannter Ecke: Eine ganze Reihe von Sozialdemokraten möchte ungern daran erinnert werden, dass es Genossen waren, die über Jahrzehnte hinweg maßgeblich das „System VW“ aufgebaut und betrieben haben.
Was an den Börsen zu erwarten ist
Für Anleger bietet sich, was die Analystenmeinungen angeht, ein bunt gemischtes Bild. Interessanterweise setzen jedoch die beiden renommierten US-Bankhäuser J. P. Morgan und Goldman Sachs das Kursziel von VW auf 193 Euro und damit ganz in die Nähe der Werte, die die Aktionäre vor dem Dieselskandal gewohnt waren. Ob das ein Hinweis dafür ist, dass die unfair harten Angriffe aus den USA nun allmählich abflauen? Die vom äußerst kundigen Axel Weber geführte UBS sieht die faire Bewertung für das Volkswagen-Papier immerhin auch bei glatt 180 Euro. Nur jeder fünfte Analyst rät zum Verkauf, je 40 Prozent raten zum Halten oder zum Kauf.
Noch optimistischer ist Wallstreet online. Bei Volkswagen dominiere nachrichtentechnisch weiterhin der Dieselgate-Skandal. Doch die Aktie habe sich schon längst davon verabschiedet und sich auf Erholungskurs begeben. Die VW-Aktie stehe nun in einem neuen Aufwärtstrend, nachdem charttechnisch ein langfristiger Seitwärtstrend im übergeordneten Abwärtstrend nach oben durchbrochen worden sei. Mit Überschreiten eines Dreifach-Top bei 130 Euro sei ein Kaufsignal generiert und dann auch gleich der Widerstand bei 140 Euro überwunden worden. Als Kursziel ergibt die vo Wallstreet online verfolgte vertikale Methode mindestens 260 Euro. Das entspricht einem Kurspotential von 80 Prozent. Wenn das keine Aussichten sind! sig