Währungen: Notenbanken stoppen Abwertungswettlauf
Es muss nicht immer gleich ein offizielles Abkommen sein: Manchmal reicht ein bloßes Übereinkommen, um zumindest kurzfristig selbst größere Herausforderungen zu meistern. Wie das auch an den derzeit recht problembeladenen Kapitalmärkten gelingen kann, zeigt ein Blick auf die aktuellen Währungsentwicklungen. Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank, erläutert einige Hintergründe.
Es muss nicht immer gleich ein offizielles Abkommen sein: Manchmal reicht ein bloßes Übereinkommen, um zumindest kurzfristig selbst größere Herausforderungen zu meistern. Wie das auch an den derzeit recht problembeladenen Kapitalmärkten gelingen kann, zeigt ein Blick auf die aktuellen Währungsentwicklungen.
Von Ulrich Stephan
Noch vor wenigen Wochen herrschte an den weltweiten Devisenmärkten die Furcht vor einem „Währungskrieg“: Bedeutende Notenbanken wie die Europäische Zentralbank (EZB), die Bank of Japan (BoJ) oder die chinesische Notenbank (PBoC) hatten umfangreiche geldpolitische Lockerungsmaßnahmen ergriffen und damit ihre Währungen insbesondere im Vergleich zum US-Dollar geschwächt. Für exportlastige Volkswirtschaften wie Deutschland, Japan oder China hatte das einen Vorteil: Ihre Produkte wurden international noch wettbewerbsfähiger, ihre Exporte zogen an – auch auf Kosten anderer Volkswirtschaften, deren Marktanteile unter Druck gerieten.
Die Abwärtsspirale ging so weit, dass selbst der japanische Regierungschef Shinzo Abe zuletzt vor weiteren willkürlichen Währungsabwertungen warnte. Schließlich gelangte das Thema auch auf die Agenda des G20-Treffens in Shanghai Ende Februar. Die Finanzminister der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer einigten sich laut der Abschlusserklärung auf eine „enge Abstimmung im Hinblick auf die Devisenmärkte“. Dabei wurde ausdrücklich auf die Festlegung von konkreten Wechselkurszielmarken verzichtet. Letztlich also doch eine Vereinbarung ohne Wert?
Strategiewechsel der Notenbanken beruhigt Devisenmärkte
Im Gegenteil: Spätestens mit der Entscheidung der EZB vom 10. März, ihren Fokus verstärkt auf die binnenkonjunkturelle Entwicklung der Eurozone und weniger auf die Stimulierung des Exports zu legen, ist ein neuer Trend in der globalen Geldpolitik erkennbar. Denn auch die BoJ verzichtete bei ihrer vergangenen Sitzung bewusst auf weitere Maßnahmen zur Schwächung ihrer Währung – und das trotz des seit Anfang Februar gestiegenen Yen-Wechselkurses zum US-Dollar. Und auch die chinesische Notenbank hielt den Wechselkurs des Renminbi zum US-Dollar zuletzt stabil. Gleichzeitig sendete die US-Notenbank Fed Signale, dass mit einem schnellen Anziehen der Leitzinsen in den USA wahrscheinlich nicht zu rechnen sei.
Diese Zurückhaltung der Notenbanken trug in den vergangenen Wochen zu einer deutlichen Beruhigung an den Devisenmärkten bei – von einem Währungskrieg ist derzeit nicht mehr die Rede. Es scheint, als hätte sich sowohl in der Politik als auch bei den Währungshütern die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Konzentration auf die eigenen Probleme nachhaltiger ist als ein Wettstreit der Währungen. Allerdings könnte diese Einsicht nicht von Dauer sein.
Weiteres koordiniertes Handeln notwendig
Es wäre daher aus Sicht der Deutschen Bank begrüßenswert, wenn sich die G20-Staaten auf eine noch engere Koordination in Währungsfragen verständigen. So könnten sich die Wechselkurse behutsam anpassen lassen – eine Voraussetzung für stabilere Märkte und ein Stimulus für mehr globales Wirtschaftswachstum. Zudem könnte der US-Dollar allmählich auf ein faires Niveau gehoben werden: Im Vergleich zum chinesischen Renminbi, zum Euro und zum japanischen Yen erscheint dies aufgrund der wieder stärker werdenden US-Wirtschaft unausweichlich.
Ganz automatisch wird sich dieses Ziel allerdings nicht erreichen lassen, vielmehr bedarf es sehr konkreter Anstrengungen in den einzelnen Staaten. Denn für eine stabile Währungspolitik bräuchte es Stabilität in den Volkswirtschaften. Und die ist ohne Strukturreformen weiterhin nicht garantiert.
Dr. Ulrich Stephan ist Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank.