Zalando: die Zukunftsaussichten sind – schön!
„Wachstum“ lautet Zalandos oberstes Gebot. Dafür macht der Onlinemodehändler bereitwillig Abstriche beim Gewinn. Den Aktionären schmeckt das derzeit nicht. Doch der langfristig positive Trend und neue Ideen, die konsequent umgesetzt werden, versprechen schöne Zukunftsaussichten.
„Wachstum“ lautet Zalandos oberstes Gebot. Dafür macht der Onlinemodehändler bereitwillig Abstriche beim Gewinn. Den Aktionären schmeckt das derzeit nicht. Doch der langfristig positive Trend und neue Ideen, die konsequent umgesetzt werden, versprechen schöne Zukunftsaussichten.
„Wir setzen unsere Wachstumsstrategie mit Hochdruck um und gewinnen dabei weiter Marktanteile“, freut sich Zalandos Co-Vorstandschef Rubin Ritter beim Blick aufs vorläufige Zahlenwerk zum dritten Quartal. Mit einem Plus von fast 30 Prozent – die exakte endgültige Zahl wird erst am 7. November bekannt gegeben – sprang der Umsatz auf knapp 1,1 Milliarden Euro. Das überraschte viele Analysten, die dem Unternehmen bei dieser Kennzahl im Schnitt eine Steigerung von 26,5 Prozent zugetraut hatten. Zalando profitiert also gewaltig vom starken Trend zum Onlineshopping und lockte in den Sommermonaten monatlich rund 200 Millionen Besucher auf seine Webseite, von denen die allermeisten – beachtliche 70 Prozent – dabei ein mobiles Endgerät nutzten. Die Zahl der aktiven Kunden kletterte indes auf 21,2 Millionen. Diese finden bei Zalando in inzwischen 15 europäischen Ländern ein fast 2.000 Marken umfassendes breitgefächertes Sortiment an Modeartikel.
Hinsichtlich des Überschusses sieht es für Zalando derzeit allerdings weitaus weniger rosig aus. Dieser soll laut Unternehmensangaben für das dritte Quartal lediglich zwischen minus fünf und plus fünf Millionen Euro betragen haben, und damit bei Weitem unter den 20 Millionen Euro des Vorjahresquartals liegen. Grund zur Sorge sieht Ritter dennoch nicht: „Wir hatten zuletzt immer wieder gesagt, dass der Fokus derzeit auf Wachstum liegt, um so mittelfristig beim Umsatz deutlich zuzulegen", lautet seine Erklärung für die enttäuschen Gewinnzahlen. Kostenintensive Investitionen in den Service für schnelle Lieferungen – hohe Summen wurden beispielsweise in den Bau zweier Logistikzentren gesteckt - drückten dabei gewaltig auf den Unternehmensüberschuss. Dafür ist Zalando jetzt ähnlich wie Amazon in der Lage, die bestellte Ware noch am gleichen in acht deutsche Städten zuzustellen. Gefällt die Ware dem Kunden einmal nicht, bietet das 2008 gegründete Unternehmen nun die Möglichkeit, diese direkt an der Haustür als Retoure wieder abzuholen.
Aufbruch in den Beauty-Sektor
Und auch auf anderer Ebene wird jetzt neu gedacht: Zalando will schön werden! Den Beauty-Markt hat das Berliner Unternehmen für sich entdeckt und plant ab Frühjahr 2018 eine große Offensive. Als „nächsten logischen Schritt“ bezeichnet der Co-Vorstandschef dieses Vorhaben selbstbewusst. Künftig bietet der Onlineshop seinen Kunden also nicht mehr nur Kleider und Schuhe, sondern auch Haut- und Haarpflegeprodukte, Parfüms, Tools und Accessoires an. Erstmal soll das Geschäft in Deutschland getestet werden, ehe eine Expansion in die anderen europäischen Länder angedacht ist. „Das Geschäft mit Schönheitsartikeln ist größtenteils noch stationär, es gibt keinen dominanten Onlinehändler", wittert Ritter die große Chance für sein Unternehmen.
Tatsächlich ist laut Statista der Anteil des E-Commerce am gesamten Markt für Beautyprodukte mit 18 Prozent relativ klein. Zum Vergleich: Reisen weist hier einen Wert von 42 Prozent auf, Musik/Filme erreicht 39 Prozent und Mode kommt auf 26 Prozent. Der Markt hat also durchaus noch Luft nach oben, was auch daran liegt, dass Konkurrenten wie etwa der Branchenprimus Douglas Schwächen im Digitalgeschäft zeigen. Generell ist das Umsatzpotential riesengroß. In Deutschland wurden im vergangenen Jahr beachtliche 1,6 Milliarden Euro alleine für Schminke ausgegeben.
Der europäische Markt soll zudem 86 Milliarden Euro schwer sein. Und er hat seine Grenzen noch lange nicht erreicht, da sich laut einer Studie des Verbands der Vertriebsfirmen kosmetischer Erzeugnisse immer mehr Frauen immer öfter schminken. Mehr als jede Dritte Frau verwendet inzwischen täglich Make-Up. Ungeachtet dessen dürfte es für Zalando dennoch eine große Herausforderung werden, den Markt zu erobern. Die Branche wird von wenigen Hersteller beherrscht, diese haben daher eine gewaltige Marktmacht und können hohe Preise durchsetzen. „Für Zalando könnte es deshalb schwierig werden, hohe Margen zu erzielen", unkt Andreas Riemann, Analyst bei der Commerzbank.
Trotz dieses Wagnisses können sich Aktionäre signifikante Kurseinbrüche der Aktie erstmal abschminken, glaubt man den Experten. So raten aktuell 16 von 23 Analysten zum Kauf des Papiers. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei knapp 46 Euro, wobei die Spanne dabei von 33 bis 54 Euro reicht. Bei einem Kursziel von 48 Euro sieht die Baader Bank die Berliner. Analyst Volker Bosse befürwortet in seiner Studie den geplanten Einstieg in den Körperpflegemarkt. Die Aktie bürge demnach noch reichlich Potential. Ihre Entwicklung bisher ist schon jetzt durchaus bemerkenswert. Seit dem Börsengang im Herbst 2014 hat sich der Wert der Anteilsscheine auf knapp elf Milliarden Euro verdoppelt. Zalando ist inzwischen so etwas wie das deutsche „Mini-Amazon“. Nur demnächst eben schöner. WIM