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Airbnb plant Börsengang

Airbnb-Chef Brian Chesky hat vor drei Monaten den Untergang seines Unternehmens gerade noch abwenden können. Jetzt fühlt sich der ehemalige Bodybuilder und Sohn zweier Sozialarbeiter bereits wieder fit genug, um an die Börse zugehen.

Airbnb-Chef Brian Chesky hat vor drei Monaten den Untergang seines Unternehmens gerade noch abwenden können. Jetzt fühlt sich der ehemalige Bodybuilder und Sohn zweier Sozialarbeiter bereits wieder fit genug, um an die Börse zugehen.

Der Brief, der an einem Morgen im Mai in den Postfächern der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Home-Sharing-Riesen Airbnb gelandet war, trug die schlichte Unterschrift „Brian“. Der letzte Absatz lautete: „Es tut mir wirklich leid. Bitte glaubt, dass dies nicht Eure Schuld ist. Die Welt wird niemals aufhören, nach den Qualitäten und Talenten zu suchen, die Ihr zu Airbnb gebracht habt und die dazu beigetragen haben, Airbnb zu formen. Ich möchte Euch von ganzem Herzen dafür danken, dass Ihr sie mit uns geteilt habt.“

Brian Chesky, 38 Jahre alter ehemalige Bodybuilder, 2015 vom Time-Magazin als einer der 100 einflussreichsten Menschen der Welt gekürt und laut dem Wirtschaftsmagazin Forbes noch immer mehr als drei Milliarden Dollar schwer, ist Mitbegründer und CEO von Airbnb. Er hatte den Brief in seinem kalifornischen Home Office verfasst, nachdem die Corona-Pandemie eine Spur der Verwüstung in seinem Unternehmen hinterlassen hatte. Heute, drei Monate später hat Chesky einen weiteren Brief verfasst. Diesmal an die New Yorker Börsenaufsicht SEC. Chesky liefert darin Unterlagen für den Börsengang seines Unternehmens noch in diesem Jahr. Der Pessimist vom Mai ist damit zum Optimist vom August geworden.

Angst bei Gästen und Gastgebern

Im Frühjahr hatte ein US-Umfrageinstitut die Stimmung unter Gästen und Gastgebern von Airbnb erforscht. Die Ergebnisse waren erschütternd: 47 Prozent der Gastgeber fühlten sich nicht sicher, wenn sie an Gäste vermieteten. 70 Prozent der Gäste hatten Angst mit Airbnb zu übernachten. Die Folge waren Massenstornierungen. Gastgeber suchten sich einen anderen Job, änderten ihr Geschäftsmodell und boten monatelange Mietverträge an. Ein knappes Drittel der befragten Gastgeber war so kreativ geworden, dass sie ihre Unterkünfte zu reduzierten Preisen Ersthelfern und medizinischem Fachpersonal zur Verfügung stellten, die an vorderster Front gegen die Pandemie kämpften.

Chesky berichtet in einem Interview über diese Phase: „Wir haben das Unternehmen vor mehr als einem Jahrzehnt gegründet, und ich dachte, das war die verrückteste Erfahrung in meinem Berufsleben. Viele Jahre sagte ich: Ich werde wahrscheinlich nie wieder so etwas Verrücktes erleben wie beim Start von Airbnb. Und im März erlebten wir das“, erzählt der CEO. „Es fühlte sich an, als wäre ich auf einem Schiff und würde einfach kentern“, fügt er hinzu. „Es fühlte sich an, als würde alles gleichzeitig zusammenbrechen.“

„Schlimmste Krise unseres Lebens“

In seinem Brief an die Mitarbeiter wird er später deutlicher: „Wir erleben gemeinsam die schlimmste Krise unseres Lebens, und als sie sich zu entfalten begann, kam das globale Reisen zum Stillstand. (…) Wir wissen nicht genau, wann die Reise zurückkehren wird. Aber wir wissen: Wenn die Reise zurückkehrt, sieht es anders aus. (…) Die Menschen werden Möglichkeiten suchen, die näher zu Hause, sicherer und erschwinglicher sind. Aber die Menschen werden sich auch nach etwas sehnen, das sich so anfühlt, als wäre es ihnen genommen worden - nach menschlicher Verbindung. Als wir Airbnb starteten, ging es um Zugehörigkeit und Verbindung. Diese Krise hat unseren Fokus geschärft, um zu unseren Wurzeln zurückzukehren, zurück zu den Grundlagen, zurück zu dem, was an Airbnb wirklich besonders ist – nämlich die alltäglichen Menschen, die ihre Häuser Gästen öffnen und Erfahrungen anbieten.“ Für die, die Chesky näher kennen, klangen diese Worte authentisch. Der CEO wusste als Kind zweier Sozialarbeiter, wovon er sprach. Bei seinem ersten Job in Los Angeles hatte der spätere Airbnb-Chef 40 000 Dollar im Jahr als Industriedesigner verdient.

Chesky und sein Team zogen aus der Abwärtsspirale, in die Airbnb geraten war, ihre Schlüsse: Alles, was nicht dem Kern dieser Idee diente, wurde zurückgefahren, Transportangebote wurden reduziert, Investitionen in Hotels gedrosselt. „Die Mission wird weiterleben“, gab Chesky als Credo aus und ging auf die Suche nach Investoren, die so wie er an die Zukunft des Unternehmens glaubten. Er fand sie bei Risikokapitalgebern wie Silver Lake und Sixth Street Partners. Auch der weltgrößte Vermögensverwalter Blackrock stieg ein. Am Ende hatte Chesky von fünf potenten Investorengruppen insgesamt zwei Milliarden Dollar für das Fortbestehen seines Unternehmens eingesammelt. Die Finanzierungsrunden hatten einen Wert für den Home-Sharing-Riesen von 18 Milliarden Dollar ergeben – ein bitteres Ergebnis, war doch noch ein Jahr zuvor Cheskys Unternehmen mit 31 Milliarden Dollar bewertet worden.

Das Geschäft erholt sich

Die Rosskur wirkt inzwischen. Nur wenige Monate nach dem Crash sieht sich der Firmenboss wieder besseren Zeiten gegenüber. Das Geschäft habe sich erholt, sagt er jetzt. Die Pandemie habe den wichtigsten Geschäftszweig von Airbnb – die Vermittlung temporärer Mietwohnungen – sogar belebt. Selbst angesichts der veränderten Urlaubspräferenzen von Reisenden sei die Nachfrage in den vergangenen Wochen wieder auf das Niveau des Vorjahres zurückgekehrt. Dazu kommt eine Entwicklung an den Börsen, die vor Liquidität schier bersten. Die Wall Street jedenfalls konnte jüngst schon wieder Höchststände wie vor der Pandemie verzeichnen.

Deswegen hat Chesky sich entschlossen, in die Fußspuren der anderen Stars der Share-Economy wie Uber und Lift zu treten und den Börsengang noch in diesem Jahr anzupeilen. Die vertraulichen Unterlagen für die SEC ebnen Airbnb den Weg dahin. Wie viele Aktien beim Börsengang zu welchem Preis angeboten würden, sei allerdings „noch zu bestimmen“, hieß es gestern Nacht aus Kalifornien.     

oli

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