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Unternehmens-News > 13. Monitoring der Energiewende

Energiewende stagniert in weiten Teilen

Der Umbau des Energiesystems kommt voran, bleibt großteils aber hinter den Erwartungen zurück (Foto: Shutterstock).

Kleine Erfolge beim Klimaschutz, Stagnation bei Sicherheit und Bezahlbarkeit: Das ist das Ergebnis des nun von vbw und Prognos vorgestellten Monitorings der Energiewende.

Deutschland ist 2023 und 2024 seinen selbst gesteckten Klimaschutzzielen nur einen kleinen Schritt nähergekommen. In weiten Teilen stagniert der Umbau des deutschen Energiesystems. Zu diesem Fazit kommt das 13. Monitoring der Energiewende, das die Prognos AG aus Basel im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.  (vbw) erstellt hat. Im Monitoring verortet die vbw den aktuellen Stand der Energiewende in Bayern und Deutschland. Das Reporting wird jährlich von Prognos erstellt und ermöglicht somit die Vergleichbarkeit. Es umfasst die vier Kriterien Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit, Energieeffizienz und erneuerbare Energien sowie Umweltverträglichkeit. Als Maßstab der Bewertung dienen die selbstgesteckten Ziele von Bund und Freistaat. Dazu lagen vorwiegend Daten aus dem Jahr 2023 zugrunde, teilweise aber auch aus 2024. Die Ergebnisse der Studie sind nun bei einer Pressekonferenz im Haus der Bayerischen Wirtschaft in München vorgestellt worden.
 
„Leider hat die Energiewende keinen Entwicklungssprung gemacht“, bedauerte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. „Unsere selbstgestrickten Energieziele werden wir nicht erreichen, wenn wir so weitermachen wie bisher.“ Es gab zwar kleinere Erfolge, große Schritte blieben aber aus. So stehe zum Beispiel bei der Umweltverträglichkeit die Bewertungsampel erstmals auf Grün, denn die Treibhausgasemissionen sanken deutlich, und beim Primärenergieverbrauch sprang die Ampel sogar von Rot auf Grün. Bei der Bezahlbarkeit von Energie und der Versorgungssicherheit hingegen tat sich laut Brossardt nur wenig. Laut aktuellem Monitoring kommen insbesondere der Ausbau der erneuerbaren Energien und der Netzausbau nur schleppend voran, zeitgleich verharren die Energiepreise auf einem höheren Niveau als vor der Energiepreiskrise.
 
Die Ergebnisse der vier Kategorien im Detail präsentierten Almut Kirchner, Direktorin/Partnerin der Prognos AG, und Sven Kreidelmeyer, Projektleiter bei Prognos. Im Bereich Versorgungssicherheit fiel auf, dass es nur wenige Stromausfälle gab. Deutschland nahm hier im europäischen Vergleich erneut einen Spitzenplatz ein. Die Kosten zur Versorgungssicherung erreichten jedoch 2023 den zweithöchsten jemals gemessenen Wert. Zudem kam der Netzausbau nur schleppend voran.
 
Bei der Bezahlbarkeit zeigte sich, dass Strom und Gas 2023 und 2024 mehr kosteten als vor der Energiekrise – sowohl für Haushalte als auch für die Industrie. Die Strompreissteigerungen für Privathaushalte lagen über der Teuerung der Verbraucherpreise. Die Großhandelspreise sanken, das kam jedoch nur zeitverzögert bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern an.
 
Zum Punkt Energieeffizienz und erneuerbare Energien: Der Primärenergieverbrauch ging 2023 gegenüber dem Vorjahr um neun Prozent zurück, 2024 nochmals um ein Prozent. Damit wurden die niedrigsten Werte seit der Wiedervereinigung erreicht. Gründe dafür waren die hohen Energiepreise, der gestiegene Anteil erneuerbarer Energien und weitere Produktionsrückgänge in der energieintensiven Industrie. Erneut wurden die Zubauziele bei der Photovoltaik erreicht, bei der Windkraft nicht.
 
In der Kategorie Umweltverträglichkeit sanken die Treibhausgasemissionen weiter. Die größten Anteile an den Emissionen hatten weiterhin die Energiewirtschaft mit 35 Prozent und der Verkehrssektor mit 26 Prozent. Auffällig: Bayern blieb in diesem Bereich weit hinter der bundesdeutschen Bewertung zurück.
 
Wie im Vorjahres-Monitoring speisen sich die zaghaften Erfolge 2023 und 2024 stark aus sinkender Produktion und Wirtschaftsleistung. Das Ziel sollte laut Prognos jedoch sein, die Energiewende auch in einem wirtschaftlich florierendem Umfeld zu vollziehen. Dafür müssen in den stagnierenden Bereichen stärkere Anstrengungen unternommen werden. Auch für den vbw fällt die Bewertung in diesem Jahr insgesamt negativ aus: Beim Umbau des Energiesystems könne Deutschland laut Brossardt keine echten strukturellen Verbesserungen verzeichnen. Die Schlussfolgerung bleibt in diesem Jahr demnach dieselbe wie zuletzt: Um Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Umweltverträglichkeit garantieren zu können – und damit die Energiewende zu einem Erfolg zu machen – müsse man sich in ganz Deutschland deutlich mehr anstrengen.
 
Für mehr sichtbare Erfolge stellte die vbw drei konkrete Forderungen auf. Erstens: Die Regierung muss an der Energiewende festhalten. Der Ausbau erneuerbarer Energien muss gemäß Brossardt beschleunigt werden. „Die Politik muss jetzt beweisen: Deutschland bummelt nicht“, sagte er. Zweitens: Die Regierung muss die Energiekosten der Wirtschaft senken. Französische und spanische Industrie-Unternehmen zahlen deutlich niedrigere Strompreise als deutsche. Um ganze Industriezweige in Deutschland halten zu können, forderte der vbw-Hauptgeschäftsführer eine dauerhafte Absenkung der Stromsteuer auf das Mindestniveau (im europäischen Rahmen). Drittens: Die Bundesregierung muss mehr für die Versorgungssicherheit tun. Brossardt erklärte, dass ausreichende Back-up-Kapazitäten entstehen müssen, um nicht den teuren Strom der europäischen Nachbarn zukaufen zu müssen. Dazu zählen auch mehr Gaskraftwerke, die vorübergehende Schwächeperioden abdecken. Diese Kraftwerke sollen dann zu einem späteren Zeitpunkt schrittweise auf Wasserstoff umgestellt werden. Zudem soll laut Brossardt ein Kraftwerksicherheitsgesetz verabschiedet werden, um mit der Ausschreibung der dringend benötigten Kapazitäten beginnen zu können.
 
Die vbw schöpft jetzt aber neue Hoffnung: Der anstehende Regierungswechsel kann laut Brossardt nicht nur der Wirtschaft insgesamt, sondern auch der Energiewende neuen Schwung verleihen. Als Bayerische Wirtschaft setze man dabei auf ein hohes Umsetzungstempo und eine konsequente energiepolitische Aufholjagd, und werde dies auch in Zukunft lautstark einfordern. „Es wird Zeit, dass aus dem Energiewendchen eine echte Energiewende wird“, sagte Brossardt.
 
Das komplette Energiewende-Monitoring steht zum Download bereit unter www.vbw-bayern.de/monitoring_energiewende

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