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Hurra, bei Bayer bewegt sich was!

Die Aktie des viel gescholtenen Pharmakonzerns startet spektakulär ins neue Jahr. Der Einstieg mehrerer aktivistischer Investoren nährt die Spekulationen um eine Aufspaltung, die Medikamenten-Pipeline sieht vielversprechend aus. Lassen die Leverkusener das Monsanto-Fiasko 2023 endlich hinter sich?

(Foto: Bayer)

Die Aktie des viel gescholtenen Pharmakonzerns startet spektakulär ins neue Jahr. Der Einstieg mehrerer aktivistischer Investoren nährt die Spekulationen um eine Aufspaltung, die Medikamenten-Pipeline sieht vielversprechend aus. Lassen die Leverkusener das Monsanto-Fiasko 2023 endlich hinter sich?

Innerhalb einer Woche ist die Bayer-Aktie um rund 13 Prozent gestiegen. Für den größten deutschen Pharma-Konzern ist das ein seltenes Kursfeuerwerk, das Anleger neuen Mut schöpfen lässt, was die langersehnte Wende angeht. Die jüngste Börsengeschichte von Bayer schließlich ist ein einziges Fiasko. Innerhalb der vergangenen fünf Jahre hat die Aktie der Leverkusener in etwa die Hälfte an Wert verloren. Zum Vergleich: Der Dax ist in diesem Zeitraum um 14 Prozent gestiegen. Für Bayer hingegen war seit der Übernahme von Monsanto auf dem Parkett nichts mehr zu holen. Bis heute baumeln die Rechtstreitigkeiten und das drohende Nutzungsverbot rundum Glyphosat, das man sich durch die Übernahme der US-Amerikaner mit ins Haus geholt hat, wie ein Damoklesschwert über dem Bayer-Kurs.
Die Unsicherheit hinsichtlich möglicher Milliardenstrafen und Geschäftsverluste ist unter Anlegern seit Jahren hoch. Fundamentale Kennzahlen, wie Umsatz und Gewinn, zählten in der jüngeren Vergangenheit kaum noch. Zu groß war die Angst vor Klagewellen gegen Monsantos Unkrautvernichter, der gleichzeitig ein großer Profitbringer ist, mit unabsehbaren Folgen. Die Bayer-Aktie wurde damit zu einer ewig Unterbewerteten. Man braucht kein Finanzmarktgenie zu sein, um zu erkennen, dass die Papiere allein auf die Geschäftszahlen geblickt, einen höheren Wert verdient hätten.

Umso spannender sind deshalb die jüngsten Meldungen zum Einstieg zweier aktivistischer Investoren, die den Bayer-Konzern womöglich ein Stück näher an eine Aufspaltung oder zumindest Abspaltung einzelner Konzernbereiche führen könnten. Ein solche steht schon länger im Raum. Bei einer größeren Aufspaltung könnte Bayer beispielsweise seine Pharma-Sparte an der Börse ein Stück weit von den Monsanto-Risiken befreien. Aber auch kleinere Abspaltungen waren immer wieder unter Investoren debattiert worden, darunter ein Börsengang der Sparte mit rezeptfreien Medikamenten.
Bewegt hat sich bislang wenig. Paul Singer scheiterte mit seinem Hedgefonds Elliott mit seinen Forderungen nach einer Aufspaltung.

Abspaltung der Agrarsparte könnte Wert für Aktionäre um 70 Prozent steigern

Nun kommt neuer Druck von außen. Zum Start ins neue Jahr wurde zunächst der Einstieg des Hedgefonds Inclusive Capital um Investor Jeff Ubben bekannt. Kurze Zeit später folgte die Meldung, dass sich auch der aktivistische Investor Bluebell Capital Anteile an Bayer gesichert hat. Ubben zielt wohl vor allem darauf ab einen externen Nachfolger für CEO Werner Baumann zu finden, der spätestens 2024 das Unternehmen verlassen wird. Womöglich steckt da der Wunsch dahinter, dass ein konzernfremder Manager eher die Interessen von Anlegern berücksichtig und einer wertsteigernden Aufspaltung offener gegenübersteht. Keinen Hehl aus seinen Aufspaltungswünschen macht Bluebell Capital. Einem Bloomberg-Bericht zufolge soll der Hedgefonds bereits direkte Gespräche mit dem Aufsichtsrat von Bayer zu diesem Thema geführt haben. Konkret soll der Investor vorgeschlagen haben, die Agrarsparte abzuspalten. Allein dies dürfte Aktionären eine Wertsteigerung von 70 Prozent einbringen, schätzt Bluebell Capital. Darüber hinaus sei ein Verkauf oder ein Börsengang der Konsumsparte zu überdenken. Obendrein forderte der Investor Bloomberg nach gleich noch einen neuen Aufsichtsratschef.

Neben den aktivistischen Investoren, werden auch die längerfristig orientierten Investoren selbstbewusster. So hatte der Europachef des singapurischen Staatsfonds Temasek im vergangenen Jahr dem Handelsblatt berichtet, dass man einen konstruktiven Dialog mit dem Aufsichtsrat von Bayer über die strategische Fokussierung und Struktur des Unternehmens führe. Temasek ist mit drei Prozent der größte Anteilseigner der Leverkusener.

Es tut sich also was bei Bayer – und das honorieren die Anleger. 2023 könnte der Auftakt für eine Neuaufstellung des Konzerns werden. Die Hoffnung unter Investoren lebt, dass die fünfjährige Durststrecke ohne nennenswerte Wachstumsfantasien und ohne Lösungsansätze für das Monsanto-Debakel, zu Ende geht. Dazu kommt passend frohe Kunde aus dem Pharma-Kerngeschäft. Das Prostatakrebsmedikament Nubega ist sehr stark angelaufen, auch Kerendia, ein Medikament für Nierenpatienten mit Diabetes, liefert zu Beginn starke Umsätze. Hinzu kommen wohl bald die noch nicht zugelassenen Mittel Asundexian (Gerinnungshemmer) und Elinzanetant (Medikament gegen Wechseljahresbeschwerden). Vor allem Asundexian schneidet in Studien bislang bedeutend besser ab als die Mittel der Konkurrenz. Für Bayer wäre das ein großer Erfolg, da das Patent für den Gerinnungshemmer und Gewinnlieferanten im Konzern, Xarelto, bald ausläuft. Überhaupt sind die vier genannten, neuen Medikamente für Bayer richtungsweisend. Der Konzern braucht neue Cash Cows, da neben Xarelto auch das Patent für das Augenmedikament Eylea ausläuft. Bislang scheint die Richtung zu stimmen. Das Umsatzpotenzial der vier genannten Wirkstoffe schätzt Bayer aktuell auf zwölf Milliarden Euro. Bislang war das Management von mehr als fünf Milliarden ausgegangen, eine deutliche Steigerung also. Die Sorge, dass zu wenig margenträchtiger Nachschub in der Medikamenten-Pipeline liegt, ist damit erst einmal abgemildert.

Für die grundsätzlichen Wachstums- und Gewinnaussichten ist das schon mal ein gutes Zeichen. Für die Aktie spricht diesbezüglich ein niedriges KGV von 9,6 und die staatliche Dividendenrendite von 4,8 Prozent. Um die gute Laune der Anleger hoch zu halten und dem Aktienkurs eine längerfristige Erholung zu ermöglichen, gilt aber mehr denn je: Es müssen Veränderungen her. Oder wie es Markus Mann von Union Investment gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters sagte: „Ein Weiter so ist keine Option mehr.“ Eine Überprüfung der Konzernstruktur gehöre zu den Aufgaben des neuen CEO. Wann der genau kommt, bleibt weiter offen. Spätestens 2024 wird es so weit sein. Und auch Mann liebäugelt mit einer externen Variante. „Ein externer, neuer CEO hätte den Charme, unbelastet starten zu können.“

OG

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