Unterschätzte Giganten?
Sie sind groß, erfolgreich und jeder kennt sie. Allein, seit dem Coronacrash finden drei Big Player an der Börse nicht zurück in die Erfolgsspur. Dabei laufen deren Geschäfte längst wieder rund und im Depot könnten Sie dank üppiger Dividenden als Stabilitätsanker taugen. Warum kauft sie keiner?
Sie sind groß, erfolgreich und jeder kennt sie. Allein, seit dem Coronacrash finden drei Big Player an der Börse nicht zurück in die Erfolgsspur. Dabei laufen deren Geschäfte längst wieder rund und im Depot könnten Sie dank üppiger Dividenden als Stabilitätsanker taugen. Warum kauft sie keiner?
1. Coca Cola
Coca-Cola war unter den Konzernen, die der weltweite Corona-Ausbruch mit all den darauf folgenden Lock- und Shutdowns besonders hart traf. Zwar hielten die Einschränkungen Verbraucher nicht davon ab, die beliebten Brausen des US-Getränkegiganten im Supermarkt einzukaufen, doch die Amerikaner verdienen im Normalfall viel Geld mit der Belieferung von Kneipen, Bars, Restaurants, Kinos, Sportstadien und Großveranstaltungen. In den Anfängen der Coronakrise brach der Umsatz von Coca Cola deshalb dramatisch ein. Auf Jahressicht summierte sich trotz leichter Erholungstendenzen ab dem Sommer ein Umsatzminus von elf Prozent auf. Der Gewinn brach um 13 Prozent ein.
Kein Wunder, dass die Aktie ebenfalls nachgab und sich erst nach den positiven Impfstoff-News im Herbst nachhaltig aufmachte, die Verluste wieder aufzuholen. Nach einem kurzen steilen Anstieg ging es dann allerdings wieder bergab und bis heute hat die Aktie ihr Vorkrisenniveau nicht erreicht. Angesichts der weltweit stark gelaufenen Aktienmärkte ist das eine sehr bescheidene Entwicklung. Erklären lässt sie sich mit der weiterhin unklaren Pandemie-Lage. Zum einen sind in vielen wichtigen Zielmärkten noch immer keine Großveranstaltungen erlaubt, zum anderen drohen im Winter neue Schließungen. Hinzu kommen strukturelle Herausforderungen. Zuckerhaltige Limonaden haben ihren Beliebtheitshöhepunkt hinter sich, ein zeitgemäßer, grünen Anstrich fehlt ebenfalls. Coca Cola braucht also neue, gesündere Produkte und muss nachhaltiger werden.
Grundsätzlich aber sind die Amerikaner der Inbegriff eines gesunden Konzerns. Coca Cola ist eine der stärksten Marken der Welt, neue Märkte in Asien oder Afrika bieten noch immer Wachstumschancen für das in die Jahre gekommene Produkt und können so Innovationen quer finanzieren, die dann vielleicht auch in den USA und Europa wieder zünden. 2021 hat Coca Cola im 59. Jahr in Folge die Dividenden gesteigert – trotz der erheblichen Einbußen 2020. Die Dividendenrendite liegt bei starken drei Prozent und die Geschäfte laufen inzwischen wieder sehr gut. Im zweiten Quartal 2021 stieg der Umsatz um 42 Prozent auf 10,1 Milliarden US-Dollar, der Gewinn machte einen Sprung um 48 Prozent auf 2,6 Milliarden US-Dollar. CEO James Quincey hob daraufhin die Prognose an. Er erwartet nun ein jährliches, organisches Wachstum von zwölf bis 14 Prozent, statt wie bisher im hohen, einstelligen Bereich. „Unsere Zahlen aus dem zweiten Quartal zeigen, dass unser Unternehmen sich schneller erholt als die Wirtschaft insgesamt“, erklärte Quincey.
Eine Aktie, wie die von Coca Cola ist damit eigentlich ein sicherer Hafen, Kursrücksetzer können Kaufchancen sein. Auf Dauer mögen die großen Kursexplosionen vielleicht ausbleiben, dafür bekommt man ein stabiles Papier mit stetig steigender Dividende.
2. BASF
Vom Corona-Crash im Frühjahr 2020 konnte sich die BASF-Aktie zunächst im Gleichschritt mit dem Dax erholen. Im März dieses Jahres stieg ihr Kurs auf über 72 Euro und übersprang das Vorkrisenniveau sogar leicht. Seither aber steckt das Papier des Chemiekonzerns in einer Seitwärtsphase fest und drehte zuletzt sogar deutlicher nach unten. Aktuell kostet eine Aktie der Ludwigshafener etwas mehr als 66 Euro. Nun entwickelte sich die Aktie bereits im Vorfeld der Coronakrise schlecht und verlor in drei Jahren fast 40 Prozent an Wert, auch weil die deutsche Autoindustrie als großer Abnehmer schwächelte. Insofern erscheint es nur logisch, dass die Aktie nach Ausbügeln des Corona-Lochs erst einmal keine neuen Impulse findet.
Doch die Situation ist inzwischen eine andere als noch vor zwei Jahren: Die deutsche Autoindustrie ist im E-Zeitalter angekommen und erwirtschaftet Rekordgewinne. Die Nachfrage zieht wieder an und im Batteriegeschäft wittern die Chemiekonzerne neue Absatzmöglichkeiten. Im Zuge des Wirtschaftsaufschwungs und steigender Preise für Grundstoffe blickt die Branche dazu sehr optimistisch in die Zukunft. Der Verband Chemische Industrie (VCI) hat seine Prognose für das Gesamtjahr bereits mehrmals angehoben. Die jüngsten Quartalszahlen von BASF bestätigten das positive Stimmungsbild. Im zweiten Quartal stieg der Nettogewinn auf 1,65 Milliarden Euro. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres war pandemiebedingt noch ein Verlust von 878 Millionen Euro angefallen. Noch erfreulicher aber ist die Prognose: 2021 soll der Umsatz inzwischen auf 74 bis 77 Milliarden Euro steigen und damit möglicherweise auf Rekordniveau. Der operative Gewinn soll auf sieben bis 7,5 Milliarden Euro klettern.
Bernstein Research-Analyst Gunther Zechmann hob sein Kursziel daraufhin auf 112 Euro an. Das zweite Quartal der im Verbraucherchemie-Bereich tätigen europäischen Chemieunternehmen sei im Schnitt das wachstumsstärkste in fünf Jahren gewesen, begründete er. Ausgehend vom aktuellen Kurs hätte die Aktie damit noch ein Potenzial von fast 70 Prozent. Wenn auch im Schnitt nicht ganz so optimistisch, rät die große Mehrheit der Analysten aktuell zum Kauf der BASF-Aktie.
Es läuft also eigentlich alles rund in Ludwigshafen, nur die Aktie will nicht so recht in Fahrt kommen. Das macht sie allerdings nur attraktiver, da sie entsprechend günstig bewertet ist. Das KGV liegt bei elf, die Dividendenrendite bei erstklassigen fünf Prozent.
Allianz
Allianz-Anleger mussten sich Anfang August verwundert die Augen reiben. Um zehn Prozent brach da plötzlich der Kurs von Europas größtem Erstversicherer ein. Einen solchen Kursrutsch hatte es bei den Münchnern zuletzt im Jahr 2002 gegeben. Grund dafür war die Veröffentlichung einer Ad-hoc-Mitteilung. Pensionsfonds aus den USA hatten die Allianz auf Schadenersatz verklagt. Es geht dabei um einige Hedgefonds der Tochter Allianz Global Investors, die im Zuge der Coronakrise massive Verluste machten. Zwei dieser Fonds wurden sogar liquidiert. Nach der Wertpapieraufsichtsbehörde SEC untersucht nun auch das US-Justizministerium den Fall.
Bislang ist unklar, inwiefern die Münchner dafür belangt werden können. Das Management rechnet aber scheinbar mit Ungemach und spricht von einem „relevanten Risiko, dass die mit den Structured Alpha Fonds verbundenen Angelegenheiten erhebliche Auswirkungen auf künftige Finanzergebnisse der Allianz Gruppe haben könnten“.
Wie genau diese Auswirkungen aussehen, ist noch nicht abzuschätzen. Rückstellungen sind noch nicht gebildet. Die Schadenersatzforderungen sollen sich aber wohl in etwa auf sechs Milliarden US-Dollar belaufen. Eine gewisse Vorsicht, was Investments in die Aktie der Münchner angeht, lässt sich da nachvollziehen. Investoren schließlich sind mit dem VW-Skandal gewarnt. Nicht selten folgen weitere Schadenersatzforderungen nach und weitere Milliarden-Strafzahlungen werden fällig.
Dennoch scheint das Risiko überschaubar. Selbst wenn sich die Summe verdoppelte, entspräche dies in etwa dem angepeilten operativen Ergebnis des laufenden Jahres (elf bis 13 Milliarden Euro). Nichts also, was die Allianz nachhaltig aus der Bahn werfen dürfte. Entsprechend verwundert zeigt man sich deshalb bei der Investmentbank Jefferies über die heftige Reaktion an der Börse. Im Schatten der rechtlichen Probleme scheinen Anleger das erfolgreiche zweite Quartal des Versicherers kaum registriert zu haben, schreiben die Experten in einer Studie. Von April bis Juni stiegen die Umsätze der Allianz um knapp elf Prozent auf 34,3 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis sprang um 29,4 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro in die Höhe. Die Privatbank Berenberg hob daraufhin ihr Kursziel trotz der Rechtsstreitigkeiten von 250 auf 254 Euro an. Aktuell notiert die Allianz-Aktie bei rund 200 Euro. Die Berenberg-Analysten lobten vor allem das neue 750-Millionen-Euro schwere Aktienrückkaufprogramm, dass bis Ende des Jahres abgeschlossen werden soll. Hinzu kommt die traditionell starke Dividendenrendite von etwas über fünf Prozent und die bei einem KGV von neun günstige Bewertung.
Warum die Allianz bei Investoren gerade nicht sehr beliebt ist, könnte über die Rechtsrisiken hinaus, auch an den sich anbahnenden, digitalen Umwälzungen im Versicherungssektor liegen. Immer mehr Versicherungs-Start-Ups, sogenannte Insurtechs, machen den etablierten Konzernen Konkurrenz. Zudem belasten die Niedrigzinsen die Geschäfte.
Trotzdem könnte die aktuelle Schwächephase der Aktie eine Einstiegschance sein. Die Ertragsstärke der Allianz ist herausragend und daran dürfte sich trotz aufkommender Konkurrenz in den nächsten Jahren so schnell nichts ändern. Dafür scheint die Marktposition der Deutschen zu gefestigt.
OG
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