Europas Luxus-Imperium
Der französische Luxusgüterkonzern LVMH ist an der Börse über 400 Milliarden Euro wert. Der Aktienkurs hat sich innerhalb von zehn Jahren mehr als versechsfacht. Das Geheimnis des Erfolgs: Exklusivität und Coolness.
Der französische Luxusgüterkonzern LVMH ist an der Börse über 400 Milliarden Euro wert. Der Aktienkurs hat sich innerhalb von zehn Jahren mehr als versechsfacht. Das Geheimnis des Erfolgs: Exklusivität und Coolness.
Im Dezember vergangenen Jahres hat Bernard Arnault Elon Musk abgelöst und ist seither mit einem geschätzten Vermögen von 190 Milliarden US-Dollar der reichste Mensch der Welt. Maßgeblichen Anteil daran hat die Entwicklung des Aktienkurses von LVMH, dessen Chef und Mitgründer Arnault ist. Die Papiere des französischen Luxusgüterkonzerns kosten inzwischen über 800 Euro und damit in etwa sechseinhalb Mal so viel wie noch vor zehn Jahren. Ausgehend von Oktober 2016 gleicht der Aktienchart einer fast senkrechten Linie, die Einbrüche zu Beginn der Corona-Pandemie und nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine wurden beide so schnell wieder wettgemacht, dass kaum noch das V der v-förmigen Erholung zu erkennen ist. Auch in diesem Jahr steht die Aktie schon mit 18 Prozent im Plus. Im Januar knackte LVMH erstmals die Marke von 400 Milliarden Euro bei der Marktkapitalisierung, womit die Franzosen klar Europas wertvollstes Unternehmen sind. Der niederländische Chipausrüster ASML folgt mit 250 Milliarden Euro weit abgeschlagen.
LVMH steht für Louis Vuitton und Moet Hennessy, längst vereint der Konzern aber rund 75 weitere Luxusmarken über die berühmten Handtaschen und den exklusiven Champagner hinaus unter seinem Dach. Dazu zählen Dior, Tiffany, TAG Heuer und Dom Pérignon. LVMH zählt rund 175.000 Mitarbeiter und vertreibt seine teuren Waren weltweit in über 5.500 Geschäften.
Unangefochtener Branchenführer in der Luxusgüterindustrie
Bernard Arnault hat ein Luxus-Imperium geschaffen, das immerzu weiterwächst. Zuletzt machte LVMH unter anderem durch den Kauf mehrerer Weingüter auf sich aufmerksam. Die Pariser sind der unangefochtene Branchenführer in der Luxusgüterindustrie, die seit Jahren boomt. Weder Corona, der Ukraine-Krieg noch die Inflation drückten auf die Nachfrage. Im Gegenteil: Der Markt wächst und wächst, laut einer Studie der Unternehmensberatung Bain & Company allein im vergangenen Jahr um 22 Prozent auf 353 Milliarden Euro. 2030, schätzen die Experten, könnten es bereits 580 Milliarden Euro sein. Das entspräche einem jährlichen Wachstum von drei bis acht Prozent. Der Markt für Luxusartikel profitiert von einer gut betuchten Klientel, die auch in wirtschaftlichen Krisen bereit ist, Geld auszugeben.
LVMH bringt das zweistellige Milliardengewinne ein. 2022 verdiente der Konzern netto 14,08 Milliarden Euro und damit 17 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der operative Gewinn stieg um 23 Prozent auf 21,06 Milliarden Euro. Der Umsatz kletterte um 23 Prozent auf 79,18 Milliarden Euro. Auch die Konkurrenz um Kering oder Richemont hat ein erfolgreiches Jahr hinter sich. Doch LVMH spielt in einer eigenen Liga, was aktuell vor allem an konzernübergreifend erfolgreichen Marken liegt, während beispielsweise die wichtigste Marke von Hauptkonkurrent Kering, Gucci, in China mit sinkenden Umsätzen kämpft. Heraus sticht bei LVMH einmal mehr Louis Vuitton. Die vor allem für ihre Leder-Handtaschen bekannte Marke erzielte mit über 20 Milliarden Euro im vergangenen Jahr ein Viertel des Konzernumsatzes. Aber auch bei Moet-Hennessy laufen die Geschäfte exzellent. Die besonders hochwertigen Champagner der Marke sollen aktuell komplett ausverkauft sein.
Dabei schwächelte 2022 noch das sonst so lukrative China-Geschäft aufgrund der vielen Lockdowns in der ersten Jahreshälfte. Für 2023 ist hier eine deutliche Verbesserung in Sicht. Im vergangenen Jahr war es vor allem eine anziehende Nachfrage in Europa, den USA und Japan, die die China-Schwäche ausglich. LVMH profitierte in diesen Regionen vom Reisegeschäft, das nach den Corona-Jahren dabei ist, sich zu normalisieren. Reisende, vor allem auch aus dem asiatischen Raum, bringen aus dem Urlaub gerne etwas mit nach Hause, häufig wird in den Duty-Free-Shops am Flughafen hier bei Luxusmarken noch zugegriffen.
LVMH hat es geschafft Luxus nicht nur über den Preis und die Verfügbarkeit zu definieren, sondern auch über die Coolness
Der bedeutendste Trend und ungeahnte Wachstumsbeschleuniger ist für LVMH allerdings eine breiter werdende Kundenbasis und die anziehende Nachfrage unter jüngeren Käufern. Mit Blick auf die vergangenen Jahre lasse sich eine gewisse Demokratisierung des Luxus erkennen, stellt McKinsey-Experte Achim Berg fest. Durch den Streetware und Casual-Trend hätte es die Branche geschafft ihre Kundengruppe deutlich zu verbreitern und gerade viele jüngere Kunden hätten die Edelmarken für sich entdeckt. Die Louis Vuitton-Handtasche ist also längst nicht mehr nur etwas für die Superreichen. Die Luxusbranche und allen voran LVMH haben es geschafft, Luxus nicht nur über die Verfügbarkeit und den Preis zu definieren, sondern auch über Coolness. Luxus als hippes Lifestyle-Produkt scheint aktuell gefragter denn je und LVMH investiert viel, damit sich dieser Trend fortsetzt.
Pharrell Williams wird Chefdesigner für Herrenmode bei Louis Vuitton
Vor kurzem wurde bekannt, dass Louis Vuitton den Chefdesignerposten im Bereich Herrenmode nach dem 2021 an Krebs verstorbenem Virgil Abloh mit dem bekannten US-Popstar Pharrell Williams besetzt. Williams sei ein „Visionär, dessen kreatives Universum sich von der Musik über die Kunst und die Mode“ erstrecke, schrieb das Modeunternehmen dazu. In der Vergangenheit hatten der Künstler und das Label schon öfter zusammengearbeitet. „Seine kreative Vision, die über die Mode hinaus geht, wird Louis Vuitton zweifelsohne in ein neues, sehr aufregendes Kapitel führen“, sagte Louis Vuitton-Chef Pietro Beccari. Tatsächlich könnte sich die Verpflichtung als kluger Schachzug erweisen. Williams hat Star-Appeal, ist in der Branche bestens vernetzt und sorgt mit seiner Bekanntheit und Art des Auftretens dafür, dass die Marke Louis Vuitton jung bleibt.
Obwohl LVMH, allen voran mit Louis Vuitton, versucht ein breites Käuferklientel zu erschließen, setzt der Konzern weiter auf Exklusivität. Anstatt Waren über Kaufhäuser und andere Modeketten anzubieten, fokussiert sich LVMH immer mehr auf eigene Läden und eigene Online-Shops. Damit fängt es schon beim Shoppen mit der Exklusivität an. Die Louis Vuitton-Handtasche liegt eben nicht irgendwo in irgendeinem Kaufhaus und ist nicht bei jedem beliebigen Online-Mode-Händler bestellbar. Das Einkaufserlebnis soll etwas besonderes sein.
Die Zeichen stehen auf Wachstum, aber auch die Luxusbranche ist nicht vor allen Krisen sicher
Wie gut dieses Geschäftsmodell funktioniert, zeigt die Entwicklung der Aktie. Die ist zwar inzwischen auch hoch bewertet. Das war sie in den vergangenen Jahren aber immer. Die Zeichen stehen auf Wachstum, hohe Gewinne eröffnen Übernahmemöglichkeiten, die besonders im Luxussegment wegweisend sein können. Die Aktie dürfte damit noch Potenzial haben, wenngleich sie, sollten beispielsweise die USA doch noch in die Rezession rutschen, nicht gegen jede Krise gewappnet ist. Der Vorteil einer breiten und jüngeren Kundengruppe birgt diesbezüglich auch Risiken, da es sich eben nicht mehr nur um eine Käuferklientel handelt, die superreich ist. „Wer sagt, die reichen Leute haben immer Geld, und deshalb wird Luxus weiterlaufen, macht es sich ein bisschen zu einfach", sagt McKinsey-Experte Berg. Das stimme am oberen Ende des Luxussegments, darunter werde auch die Luxus-Branche eine sinkende Konsumlust in der Bevölkerung zu spüren bekommen.
Oliver Götz
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