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Kann man die Netflix-Aktie jetzt wieder kaufen?

Die Netflix-Aktie erholt sich aktuell in einem imposanten Tempo von ihren 2022 erlittenen Verlusten. Neue Serien und Filme sowie ein günstigeres, werbefinanziertes Abo-Modell locken wieder mehr Kunden an. Der Abgesang auf den Streaming-Giganten kam womöglich zu früh.

(Foto: Shutterstock)

Die Netflix-Aktie erholt sich aktuell in einem imposanten Tempo von ihren 2022 erlittenen Verlusten. Neue Serien und Filme sowie ein günstigeres, werbefinanziertes Abo-Modell locken wieder mehr Kunden an. Der Abgesang auf den Streaming-Giganten kam womöglich zu früh.

Noch vor wenigen Monaten stand Netflix sinnbildlich für den Abwärtstrend im Tech-Sektor. Von November 2021 bis Juni 2023 fiel der Aktienkurs des US-Streaming-Anbieters von rund 692 auf 173 US-Dollar. Ein gewaltiger Kurssturz, der gemeinsam mit den Meta-Verlusten eines deutlich machen zu schien: Die jahrelange FAANG-Party ist vorbei. Und tatsächlich lechzt die Tech-Branche schwer unter der Last steigender Zinsen in den USA, die die Bewertungen ihrer zukünftigen Gewinne schmälern, sowie ganz grundsätzlich den wachstumsorientierten Sektor unter Druck setzen, weil die Expansion nicht mehr grenzenlos über die Aufnahme von Schulden finanziert werden kann. Die Gürtel werden entsprechend enger geschnallt in der Branche, zehntausende Mitarbeiter müssen gehen – nicht zuletzt bei den großen Dominatoren des Sektors, bei Microsoft, Amazon, Alphabet und auch Netflix. Geschäftsmodelle werden überdacht, verlustreiche Konzernsparten geschlossen, der Fokus auf das Ergebnis, sprich den Gewinn, der am Ende eines Quartals oder Jahres übrigbleibt, geschärft.

Plus 110 Prozent in acht Monaten

Es ist diese Neuausrichtung, die bei Netflix offenbar bereits Wirkung zeigt und die Aktie plötzlich wieder nach oben katapultiert. Aktuell jedenfalls sieht es ganz danach aus, als könnten die Papiere den Horror-Verlust 2022 mit einer Monster-Rally 2023 kontern. Seit dem Tief aus dem Juni 2022 hat die Netflix-Aktie nun schon 110 Prozent an Wert zugelegt. Auf 6-Monatssicht sind es 60 Prozent. Allein im Januar des neuen Jahres sind es fast 30 Prozent plus. Die Netflix-Aktie steht damit plötzlich wieder bei 364,80 US-Dollar. Das ist immer noch nur halb so viel wie einst zum Hoch in Pandemie-Zeiten, jedoch dennoch eine eindrucksvolle Erholung, gemessen an dem Kurssturz im vergangenen Jahr. Dieser schließlich hatte seine guten Gründe. Netflix enttäuschte beim Abonnentenwachstum auf ganzer Linie, Preiserhöhungen und die Konkurrenz um Disney+ und Co. ließen grüßen. Inhaltlich fehlten die ganz großen Blockbuster. Weiteres, deutliches Wachstum in naher Zukunft wurde mehr und mehr unwahrscheinlich.

Abonnentenwachstum im vierten Quartal deutlich über den Erwartungen

Nun die Rolle rückwärts, oder besser gesagt vorwärts: Netflix hat ein exzellentes viertes Quartal 2022 abgeliefert, was seine Ursache insbesondere in einem deutlich stärker als erwarteten Nutzerwachstum hatte. Statt 4,5 Millionen, wie ursprünglich erwartet, kamen vom Oktober bis Dezember 7,66 Millionen Kunden neu zu dem Streamingdienst. Damit zählte Netflix Ende 2022 insgesamt 230,75 Millionen angelegte Konten. „2022 war ein schwieriges Jahr mit einem holprigen Start, aber einem glänzenderen Abschluss“, hieß es seitens des Streaming-Anbieters. Die Umsätze kletterten im vierten Quartal um zwei Prozent auf 7,9 Milliarden US-Dollar. Der Nettogewinn fiel deutlich von 607 auf 55 Millionen Dollar. Das lag jedoch zuvorderst an ungünstigen Wechselkursen. Aus Anleger-Sicht wesentlich interessanter: Für das erste Quartal 2023 erwartet Netflix einen Nettogewinn in Höhe von 1,3 Milliarden Dollar und der Umsatz soll auf 8,2 Milliarden Dollar steigen. Das ist eine Prognose, die Freude macht.

Kostengünstiges Abo-Modell zahlt sich bereits aus 

Über allem steht aber das starke Nutzerwachstum, das die Wachstumsfantasie wieder nährt. Für Netflix zahlen sich hier die infolge des Inflations- und Zinsschocks eingeleiteten Umstrukturierungen im Geschäftsmodell aus. So gibt es inzwischen ein deutlich günstigeres Netflix-Abo mit Werbung. Das bringt neue Kunden auf die Plattform und könnte auf Dauer den Gewinn deutlich steigern. Netflix nämlich kann die Werbung sehr individuell und nutzerbezogen ausspielen. Schließlich hat jede Serie ihre Zielgruppe, die dann entsprechend mit passender Werbung bespielt werden kann. Auf Dauer kann Netflix hierfür womöglich hohe Preise von den Werbekunden verlangen. Bereits in diesem Jahr sollen die Werbeeinnahmen für zehn Prozent des Gesamtumsatzes stehen. Ebenso dürften sie größtenteils dafür verantwortlich sein, dass Netflix für 2023 in etwa eine Verdopplung für den freien Barmittelzuflusses von 1,6 auf drei Milliarden Dollar erwartet.

Nun soll zudem, wie bereits mehrfach angekündigt, das Teilen von Passwärtern eingeschränkt werden. Aktuell nutzen viele Kunden Netflix, ohne beim Dienst selbst angemeldet zu sein. Dies hat Netflix aus Attraktivitätszwecken lange akzeptiert, nun aber soll es nur noch innerhalb eines Haushalts erlaubt sein. Die Hoffnung: Mehr zahlende Nutzer, da sich diejenigen, die bislang nur über Passwort-Sharing streamten, nicht plötzlich von der Plattform lösen wollen. Inwieweit das funktioniert, ist offen. Entscheidend hierfür, sowie überhaupt für weiter steigende Nutzerzahlen, ist und bleibt ein attraktives Programm. „Wenn die Inhalte funktionieren, funktioniert das Geschäft“, fasst es Co-CEO Ted Sarandos zusammen, der Netflix in Zukunft neben Greg Peters führen wird, da sich Gründer Reed Hastings vom CEO-Posten zurückzieht.

Aktuell funktionieren die Inhalte nach einer kleinen Schwächephase wieder blendend. Die Serie „Wednesday“ ist ein Mega-Erfolg, die Fortsetzung von Stranger-Things ebenso. Die „Harry & Meghan“-Doku avancierte zum Hit. Knüpft Netflix an diese Erfolge an, dürften auch die Nutzerzahlen weiter steigen, vor allem ob des neuen, günstigeren Abo-Angebots. JPMorgan-Analyst Douglas Anmuth hat sein Kursziel von 330 auf 390 US-Dollar angehoben, inklusive „Overweight“-Einstufung. Er erwartet ein beschleunigtes Umsatzwachstum und steigende Margen. Potenzial für eine Fortsetzung der Erholungsrally ist Anmuth zufolge damit vorhanden.

OG

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