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Märkte > Aktien & Anleihen im Stresstest

Dead Cat Bounce oder echter Befreiungsschlag?

(Foto: shutterstock)

Trumps 90-Tage-Zollpause lässt die Aktienmärkte explodieren – doch der Anleihemarkt sendet Warnsignale

Es war ein Tag für die Börsengeschichte: Als Präsident Trump am Mittwoch einen 90-tägigen Waffenstillstand im Handelskonflikt mit China verkündete, hoben die US-Aktienmärkte regelrecht ab. Auf die zuvor massiven Verluste folgte eine fulminante Erholungsrally. Die Reaktion war explosiv – ein Kursfeuerwerk, das selbst erfahrene Marktbeobachter überraschte und einen der stärksten Handelstage seit der Finanzkrise markierte. Doch ist das schon die Wende – oder nur ein klassischer Dead Cat Bounce?

Rekordjagd an der Wall Street

Die Zahlen sprechen für sich: Mit einem Handelsvolumen von rund 30 Milliarden Aktien am Mittwoch erlebte die Wall Street einen ihrer intensivsten Tage seit der Finanzkrise 2008. Der Nasdaq Composite schoss um 12,2 % nach oben – der zweithöchste Tagesgewinn in seiner Geschichte. Nicht weniger beeindruckend: Der Dow Jones legte um 7,9 % zu, während der S&P 500 mit einem Plus von 9,5 % seinen zweitgrößten Tagesgewinn überhaupt verzeichnete. Es war, als hätten die Anleger kollektiv beschlossen, ihre Sorgen für einen Moment beiseitezuschieben und eine große Party zu feiern.

S&P 500

Zins-Schock vor dem Kursfeuerwerk – Trumps wahres Motiv?

Während die Aktienkurse am Mittwoch durchstarteten, hatte sich zuvor am Anleihenmarkt etwas zusammengebraut, das womöglich mehr mit Trumps plötzlichem Einlenken bei den Zöllen zu tun hatte, als die US-Regierung offiziell zugibt.

Was war passiert? Seit Januar waren die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen stetig gefallen – ein Trend, der durch die Zuspitzung im Handelskonflikt noch verstärkt wurde. Für die Regierung kam das gelegen: Niedrige Zinsen gelten als strategisches Ziel, um Staatsfinanzen zu entlasten und die Konjunktur zu stützen.

Doch zu Wochenbeginn dann die Kehrtwende: Die Renditen schossen plötzlich nach oben, es kam zu panikartigen Verkäufen, US-Staatsanleihen wurden in großem Stil abgestoßen. Analysten warnten vor einer „ungeordneten Zwangsliquidation“ – als wäre jemandes Tabellenkalkulation in Flammen aufgegangen.

Druck von den Gläubigern?

Hatten womöglich ausländische Gläubiger wie China ihre Finger im Spiel? Als einer der größten Halter von US-Staatsanleihen hätte Peking durchaus die Möglichkeit – und das Motiv –, Washington auf diese Weise zu signalisieren, im Handelskrieg nicht zu überziehen.

Vielleicht waren es also nicht die Aktienmärkte, sondern ein implodierender Anleihenmarkt, der die US-Regierung letztlich dazu bewog, auf die Bremse zu treten.

Ausblick: Nur eine kurze Party?

Die Börsen-Achterbahn dürfte noch nicht vorbei sein. Trumps 90-Tage-Friedensangebot hat den Märkten zwar eine Atempause verschafft, doch die grundlegenden Konflikte bleiben bestehen – wirtschaftlich wie geopolitisch.

Investoren und Notenbanken müssen sich auf anhaltende Turbulenzen einstellen: neue Zollrunden, politische Manöver, abrupte Kurswechsel – und Märkte, die auf jedes Signal nervös reagieren.

Der Waffenstillstand wirkt eher wie ein taktisches Innehalten als wie eine echte Entspannung. Die Party am Mittwoch war rauschend – doch ob sie von Dauer ist, bleibt abzuwarten. Vor allem der Anleihemarkt sollte nicht aus dem Blick geraten. Dort brodelt es weiter – und was derzeit wie ein einmaliger Ausschlag erscheint, könnte sich als tektonische Verschiebung im globalen Finanzgefüge entpuppen.

Denn eines ist klar: Die Welt steht am Anfang eines tiefgreifenden Umbaus des internationalen Wirtschafts- und Finanzsystems. Aus Sicht der USA ist dieser Kurs – angesichts eines riesigen Schuldenbergs und chronischer Handelsbilanzdefizite – strategisch nachvollziehbar. Doch einfach wird er nicht. Der Weg ist steinig, und an den Finanzmärkten dürften noch zahlreiche Stolpersteine lauern. Turbulenzen inklusive. Und das Risiko bleibt, dass die Kursrallye am Mittwoch letztlich nur ein Dead Cat Bounce war.

Was ist ein Dead Cat Bounce?


Dead Cat Bounce ist ein Begriff aus der Finanzwelt und bezeichnet eine kurze, kräftige Erholung der Aktienmärkte – oft nach starken Kursverlusten –, die jedoch keine echte Trendwende darstellt. Der Name stammt von der makabren Vorstellung, dass selbst eine tote Katze noch einmal aufprallt, wenn sie tief genug fällt.

In der Praxis warnt der Begriff davor, kurzfristige Kursgewinne überzubewerten – sie können trügerisch sein und von tieferliegenden Problemen überdeckt werden. Genau diese Frage stellt sich aktuell.

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