Eine „Heldin unserer Zeit“ ausgezeichnet
Es ist eine Würdigung für den tapferen Kampf gegen die brutale Diktatur in Russland: Der „Freiheitspreis der Medien“ geht an Julia Nawalnaja und posthum an Alexej Nawalny. Nawalnaja nahm den Preis persönlich am Tegernsee entgegen.
Julia Nawalnaja sitzt mit Tränen in den Augen in der ersten Reihe im Publikum des Ludwig-Erhard-Gipfels am Tegernsee. Sichtlich bewegt hört sie zu, während Christiane Goetz-Weimer, Verlegerin der gastgebenden Weimer Media Group, Revue passieren lässt, was Nawalnaja und ihrem ermordeten Mann bei ihren Widerstandskampf gegen das russische Regime widerfahren ist. Und dass die beiden für diese Arbeit nun mit dem „Freiheitspreis der Medien 2024“ gewürdigt werden. „Sie sind Widerstandshelden unserer Zeit, die ihr Leben opfern, für eine bessere Welt“, sagt Goetz-Weimer.
Im August 2020 wurde Alexej Nawalny Opfer eines Giftanschlags, ehe das Ehepaar nach Deutschland flüchtete und schließlich nach Moskau zurückkehrte, um weiter für die Befreiung Russlands einzutreten. Es folgten Demütigung und Verhaftung, wie Goetz-Weimer skizzierte, ehe Nawalny am 16. Februar dieses Jahres in einem sibirischem Straflager starb. „Julia Nawanaja führt den öffentlichen Widerstand fort, Medien bezeichnen sie als die First Lady der Widerstandsbewegung in Russland“, erklärte die Verlegerin. „Die zweifache Mutter will, dass Putin zur Verantwortung gezogen wird für das, was ihrer Familie angetan wurde – aber auch für das, was Putin der Ukraine und Russland antut.“
Tapfere Leitfigur des Widerstands
In der Jury-Begründung des Freiheitspreises heißt es: „Nawalnaja ist die tapfere Leitfigur der Widerstandsbewegung in Russland. Nach dem Tod ihres Mannes Alexej, der am 16. Februar 2024 in einem sibirischen Straflager in den Händen von Wladimir Putins Folterschergen starb, ist sie die Anführerin des demokratischen Aufbruchs in Russland. Seit vielen Jahren engagierten sich die Nawalnys als die prominentesten Oppositionsaktivisten in Putins Despotie. In einer Rede vor dem Europaparlament warnte Nawalnaja die Welt vor Putin, der ,kein Politiker, sondern ein blutrünstiges Monster‘ sei. Das Ehepaar Nawalny wird für den tapferen und gewaltfreien Kampf gegen eine brutale Diktatur in Russland ausgezeichnet. Sie sind die Gesichter eines besseren, neuen, freien und demokratischen Russlands.“
Die bedrückende Situation in Russland veranschaulichte Ilse Aigner (CSU), Präsidentin des Bayerischen Landtages. Die 87 Prozent der Stimmen für Putin bei seiner Wiederwahl im März waren ein „Sieg, der so aussehen sollte“. „Repression, Terror und Angst sind die Mittel einer brutalen Diktatur, und die Russen hatten eben keine Wahl.“ Die Ukraine zahle einen hohen Blutzoll. „Ein Imperialist führt Krieg in Europa.“ Und Putin strebe nach mehr. Daher dürfe man ihn nicht gewähren lassen.
Der Geist der deutschen Verfassung aufgrund der nationalsozialistischen Vergangenheit laute „nie mehr“, sagte Aigner. Immer wieder fange es mit der Stimmungsmache von Populisten an, so auch in Deutschland: „Empörung, wo auch immer man hinschaut“, und diese ende immer gleich: mit Zwang. „Die Abgesänge auf die westliche Welt werden wir nicht mitgrölen“, betonte Aigner. Das Grundgesetz habe uns beschützt, jetzt sei es an der Zeit, das Grundgesetz zu schützen. „Wir haben die Kraft der Freiheit für selbstverständlich gehalten.“ Nun gelte es für die Freiheit zu kämpfen, wofür es laut der Politikerin herausragende Vorbilder gibt: Alexej Nawalny habe alles gegeben und seine Frau habe dies getragen. „Wir brauchen Sie, für den Kampf für die Demokratie und den Kampf für die Freiheit“, sagte Aigner zu Nawalnaja.
Bewegende Laudatio von Friedrich Merz
Die Leistung Nawalnajas und ihres verstorbenen Mannes würdigte Friedrich Merz, CDU-Bundesvorsitzender und Oppositionsvorsitzender im Deutschen Bundestag, in seiner Laudatio. Die Wirtschaftswissenschaftlerin Nawalnaja habe zunächst in einer Moskauer Bank gearbeitet. „Sie hatten vor, ein normales Leben zu führen“, sagte Merz. „Dann haben Sie sich für einen anderen Weg entschieden.“ Im Jahr 2011 gründete sie dann mit ihrem Mann Alexej die Anti-Korruptions-Stiftung. Nun leitet Nawalnaja die Organisation, deren Ergebnisse unmittelbar zu Sanktionen gegen Russland geführt haben. „Heute ist Julia Nawalnaja das Gesicht eines anderen Russlands“, sagte Merz. Sie habe keine Angst, nach Russland zurückzukehren, auch wenn sie nicht weiß, was sie dort erwartet. „Diese Angstfreiheit beeindruckt uns bis heute.“
Nawalnaja habe erklärt, den Kampf ihres Mannes fortzusetzen, Putin müsse zur Verantwortung gezogen werden. Doch sie spreche nicht nur vom Bösen, sondern zeichne auch den Traum eines schönen Russlands der Zukunft. „Frau Nawalnaja, Sie sind die Heldin unserer Zeit“, sagte Merz. „Wir sind Ihnen undenklich dankbar für Ihren Einsatz.“ Und an das Publikum im Saal appellierte er: „Wir werden unsere Freiheit und Demokratie nur wahren können, wenn wir alle bereit sind zur Verteidigung unserer Werte.“
„Russland wird ein ganz anderes Land“
Als Nawalnaja den Preis auf der Bühne entgegennahm, sprach sie gefasst. „Es ist eine große Ehre für mich, aber auch eine große Verantwortung.“ Sie müsse die gemeinsame Arbeit fortführen, was eine große Herausforderung sei. Ihr Mann habe aus einer kleinen Nichtregierungsorganisation einen großen Medienbetrieb aufgebaut. „Unsere Organisation arbeitet hart, auch wenn der Kreml ständig versucht, uns zu stoppen“, erklärte die Russin. „Wir hoffen, dass das Gift der Propaganda geschwächt wird. Wir müssen unter allen Umständen die Wahrheit weiter verbreiten.“
Nawalnaja sieht dafür auch in Russland Potenzial: Zwei Drittel der Russen möchten sich ihr zufolge Europa annähern. Auch Ludwig Erhard, der Namensgeber des Gipfels, habe gezeigt: „Nirgendwo ist Wandel unmöglich“, sagte Nawalnaja. Daher werde sie noch mehr Leute davon überzeugen, den europäischen Weg für Russland zu beschreiten. „Russland wird ein ganz anderes Land, so ähnlich wie Erhards Wirtschaftswunder vor 70 Jahren Europa in Staunen versetzt hat.“
Sie können den Ludwig-Erhard-Gipfel live unter www.leg-live.de verfolgen. Den Ticker zum Gipfel finden Sie hier.